Ich möchte Leuchtturm sein
in
Sturm und Wind
für
Dorsch und Stint
für jedes
Boot und bin doch selbst...
ein
Schiff in Not.

Wolfgang Borchert

Weil das Gedicht "Glück und Freud",

dass mir von Helmuth Klaus BOFINGER (+ August 2008) zugesendet  wurde, außerordentlich gut gefiel, kam ich auf die Idee,
diese Seite für eingesendete Lieblingsgedichte
von Freunden/Bekannten/Verwandten  freizuhalten.
 Natürlich kann sich auch jeder - so er kann :-)
als Dichter arrangieren


Aktuell wie eh und je:

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft's hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.



.Kurt Tucholsky, 1930, veröffentlicht in "Die Weltbühne"

 

Lieblingsspruch von Erich Reiffenstein

 Das Lieblingsgedicht von Helmuth Klaus BOFINGER (+ August 2008) - Landshut (siehe oben) und:

Glück und Freud,
Seligkeit,
Übermut und Fröhlichkeit,
Spott und Neid,
Bitterkeit und Einsamkeit,
manchmal auch Verlegenheit -
alles kannst aus an Lachn
außer hörn....
manchesmal sogar a Reern 

Reern= Weinen)

Helmuth K. Bofinger - Landshut:

Auslöffeln, aussaufen, auslecken, auskosten, ausquetschen will ich dieses herrliche, heiße, sinnlose, tolle, unverständliche Leben!
Das soll ich versäumen?

Wolfgang BORCHERT aus: Gespräch über den Dächern, a.a.0.

 Berauscht Euch! Nur berauscht
lässt sich dies Leben leben -
berauscht von Geist und Blut und Reben,
berauscht von Licht und Dunkelsein!
Sauft doch das Leben -
das Leben selbst ist Wein!

Wolfgang BORCHERT

Stell dich mitten in den Regen,
glaub an seinen Tropfensegen
spinn dich in das Rauschen ein
und versuche gut zu sein!

Stell dich mitten in den Wind,
glaub an ihn und sei ein Kind-
lass den Sturm in Dich hinein
und versuche gut zu sein!

 Stell dich mitten in das Feuer,
liebe dieses Ungeheuer
in des Herzens rotem Wein-
und versuche gut zu sein!

Wolfgang BORCHERT

FRITZ HOPFGARTEN:                

NOVEMBER

Du Monat, den ich nimmer will,
wenn Sturm pfeift um das Haus so schrill,
das bunte Laub vom Zweige weht,
Oktober und sein Gold vergeht.

Kein glitzerndes Eis, kein stiebender Schnee -
nur Nässe! Sie dringt mir ins Herz voller Weh.
Ach, läg' ich in deinem wärmenden Arm -
der Totenmonat verlör allen Harm.

Bertha Berends

Dr. HANNELORE KÖHLER:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten;
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Voll Blüten

Voll Blüten steht der Pfirsichbaum,
nicht jede wird zur Frucht,
sie schimmern hell wie Rosenschaum
durch Blau und Wolkenflucht.

Wie Blüten gehen Gedanken auf,
Hundert an jedem Tag -
Lass' blühen! La?' dem Ding den Lauf!
Frag nicht nach dem Ertrag!

Es muss auch Spiel und Unschuld sein
und Blütenüberfluss,
sonst wär ' die Welt uns viel zu klein
und Leben kein Genuss.

Hermann Hesse

Spätherbst

Schon mischt sich Rot in den Blätter Grün,
Reseden und Astern sind im Verblühn.
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht:
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.

Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht -
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
eh' Stille, Schnee und Winter kommt.

Theodor Fontane

Verfrühter Herbst

Schon riecht es scharf nach angewelkten Blättern,
Kornfelder stehen leer und ohne Blick;
Wir wissen: eines von den nächsten Wettern
bricht unserm müden Sommer das Genick.

Die Ginsterschoten knistern. Plötzlich wird
uns all das fern und sagenhaft erscheinen,
was heut wir in der Hand zu halten meinen,
und jede Blume wunderbar verirrt.


Bang wächst ein Wunsch in der erschreckten Seele:
dass sie nicht allzu sehr am Dasein klebe:
Dass sie das Welken wie ein Baum erlebe,
dass Fest und Farbe ihrem Herbst nicht fehle.

Hermann Hesse

Wirf deine Angst in die Luft


Bald ist deine Zeit um
Bald wächst der Himmel unter dem Gras
fallen deine Träume ins Nirgends
Noch duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da.

Sei was du bist
gib was du hast

Rose Ausländer

Alt macht die Zahl der Jahre,
alt machen nicht die grauen Haare,
alt ist, wer den Mut verliert
und sich für nichts mehr interessiert.
Drum nimm alles mit Freud' und Schwung,
dann bleibst du auch im Herzen jung.
Zufriedenheit und Glück auf Erden,
sind das Rezept uralt zu werden.

 LA, ist das von Dir?
es klingt, als wär’s von mir.
Alt machen nicht die Jahre,
noch weniger die Haare,
alt macht zumeist
allein der Geist.
Wer nichts mehr hofft
ist wie so oft
sehr bald verloren,
kaum noch geboren!
Wer nichts mehr will,
der bleibe hinfort still!
Wer nichts mehr mag
der steige gleich ins Grab.
Wer niemand liebt
des´ Geist zerstiebt !

LR

Erich Reiffenstein:.

Der Augenblick

Um die Erde wandern die Gedanken
mit dem stillen nach dem Rechten sehn,
für den Körper selbst bestehn ja Schranken -
Ich vermag von Mensch zu Mensch zu gehn!

Ich bin Seele sagt die Menschenseele,
und verkehre geistig mit dem All,
Selbst ist Körper, der an Einer-Stelle
sich befindet auf dem Eddenball.

Selbstsucht trennt uns wie die Erdenschranken,
hart im Raume stößt sich Nah und fern,
selig aber wandelt in Gedanken
Mensch zu Mensch,
wie Licht von Stern zu Stern.

Strahlen brechen aus dem Weltenballe,
paarweis' eint sich ,w as allein sich fühlt,
Feuer läutert uns vom Sündenfalle,
Menschenkind wird Gottes Ebenbild.

Gott sprach zu der Welt das WORT:
ES WERDE!
der Verstand sagt uns; es ist erreicht,
es ward Licht auf dieser dunklen Erde:
Gott spricht noch - es wird das Schwere leicht!

Stark ist wohl die schwere Weltenballung,
stärker noch das Leben in dem Licht,'
doch am stärksten ist die Geistchristallung,

die dem Bilde Gottes ganz entspricht.

Almacht hat Gott Selbst Sich vorbehalten
Macht gibt er mit Maß dem All in Sich.
Er gibt Recht dem, der mit Macht zu walten
weiß, gerecht wie ER in ALL und ICH.

Weltenseele und der Menschen Seele
sind sich klar in Gottes Ewigkeit:
Pflicht ist, dass der Mensch sich nicht verhehle,
wie er findet GOTT in SEIN und ZEIT.

Selbst sich sucht er, wenn er sich verloren
an die Erde, die ihn eingesargt
wird von Herzen geistig neugeboren;
wenn er Gott das Dasein nicht verargt.

Mensch will selber Gott sein und allmächtig,
glaubt nicht, dass er ist auf sich beschränkt;
was nicht er ist, gilt ihm schon verdächtig,
dass er's nicht ist: Sein ist, was er denkt.

Endlich kommt er durch das Sein der Erde
zum Gedanken der Unendlichkeit,
hört das Wort von Gott:
ICH BIN - ES WERDE,
selbst zum Schaffen in dem WORT bereit.
Das Verhältnis zwischen Herrn und Knechten
ist nicht das von Gott und Menschenwelt:
Er führt freundlich uns mit Macht zum Rechten
und was uns mit IHM zusammenhält,

ist das liebe Band von Kind und Vater,
das im herrlichen Verstehn besteht:
GOTT ist immerwährend der Berater
in der Welt, wenn es um's Leben geht.

Um die Erde geht er in Gedanken,
rät uns allen mit dem Schöpfungsplan
in der Körper wie der Erde Schranken
himmelsklar beseelend Lösung an:
Lieben wir einander, steh'n wir Gottes
Himmelreich auf Erden schon ganz nah.
feiern mit des Weines und des Brotes
Liebesmahl, dass Gottheit Selber Da!

Gott ist überall, somit auch hier
gewärtig, also bei uns JETZT!
Friede waltet zwischen mir und dir
wenn man Gottheit über alles schätzt.

ICH BIN DA sagt Gott, du hörst es immer
im Ge-Wissen bist du Gott bewusst,
trägst von Gottes Dasein einen Schimmer
seelenruhig in der Menschenbrust.
Das, was war, das kannst du nicht mehr ändern,
was du bist, ist auch kaum deine Schuld,
aber, was du werden willst,
in Ländern wie in Zeiten, werde mit Geduld:
Richte dich nach Gottes Himmelsrichtung,
dann bist Du auf Erden orientiert,
kommst verantwortlich zu klarer Sichtung,
Hast das Erdenleben gut geführt.
Bildung deiner selbst hat Gott begonnen -
bilde aus dich nach dem Gottesbild
so hast du den Augenblick gewonnen,
der das Richten nach dem bilde stillt:
gott in dir ist göttlich aufgegangen - '
du der Mensch, geht menschlich auf in Gott.
WELT und LEBEN in den GEIST gelangen
zu dem Ziel des Wegs: das Steh'n  in Gott.

PAULUS REIFFENSTEIN (1899-1969)

Von guten Mächten

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer (1944)

 

Ein Wiesel
saß auf einem
Kiesel
inmitten
Bachgeriesel.
Wisst ihr weshalb?
Das Mondkalb
verriet es mir im
Stillen:
Das kluge Tier tat's...
um des
Reimes Willen.
Ringelnatz