Blick auf Witterda

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 

 

Witterda ist ein KÜCHENDORF

In den Fluren von sechs Dörfern der nächsten Umgebung von Erfurt hatte das Mainzer Erzstift größeren Grundbesitz, nämlich in Hochheim, Bindersleben, Ilversgehofen, Dittelstedt, Melchendorf und Daberstedt. Vor seiner Einbeziehung in das Stadtgebiet hatte auch das Brühl als Dorf dazu gehört. Diese Dörfer waren insbesondere verpflichtet, für den Lebensunterhalt der erzbischöflichen Beamten zu sorgen, wie auch bei der Anwesenheit des erzbischöflichen Herrn und seines Hofstaates das Erforderliche bereitzustellen. Bestimmte Mengen an Körnerfrüchten, Geflügel, Heu, Stroh und dergleichen mussten zu genau festgesetzten Terminen an die Hofhaltung im Mainzer Hofe abgeliefert werden, wo als oberster Leiter der gesamten Ökonomie der Küchenmeister seines Amtes meist mit Umsicht und Strenge waltete. Wegen der engen Beziehungen zum landesherrlichen Haushalte nannte man diese bevorzugten Ortschaften KÜCHENDÖRFER. Sie erfreuten sich besonderer Vorrechte gegenüber anderen Dörfern. So hatte zum Beispiel schon 1157 der Erzbischof Arnold den Zinspflichtigen in Hochheim, Bindersleben und Ilversgehofen, welche „zur erzbischöflichen Familie zählen und der erzbischöflichen Tafel dienen“, sowie den Slawen in Dittelstedt, Melchendorf und Daberstedt“ die gänzliche Befreiung vom Erfurter Marktzoll gewährt. Sie konnten ohne jegliche Zollplackerei in Erfurt frei einkaufen und verkaufen. Nur sollten sie sich bei schwerer Strafe hüten, steuerbare Gegenstände von andern Leuten auf ihre Wagen zu nehmen, um sie der Zollabgabe zu entziehen. Als die Zahl der erzbischöflichen Beamten größer wurde, setzte man die Menge der einzelnen Lieferungen genau fest. Was nicht sofort verbraucht werden konnte, wurde in den Vorratskammern des Mainzer Hofes aufgespeichert oder von den Viztumen eingezogen.

Infolge Übergangs in andern Besitz schieden Ilversgehofen und Bindersleben in der Folgezeit aus der Zahl der Küchendörfer aus, und an ihre Stelle trat Witterda mit Rasdorf. Auch ihren Bewohnern war schon vor 1233 der Zoll für den Erfurter Markt gegen eine gewisse Abgabe an Geld und Körnerfrucht (Zollhafer) erlassen worden. Im 13. und zu Anfang des 14. Jahrhunderts war der Grundbesitz des Erzstiftes in den Fluren von Witterda und Rasdorf so angewachsen, dass 1342 ihr Wert als Pfand für eine große Kaufsumme eingesetzt werden konnte (Abschnitt 14). Die Bauern beider Dörfer brauchten nicht mit auf der Erfurter Gebind zu fronen und ursprünglich auch nicht zum Fronhofsding im Krummen Haus bei St. Sever zu erscheinen wie die der anderen Küchendörfer, weil die Erwerbung von größerem Grundbesitz in beiden Fluren durch das Erzstift erst aus einer verhältnismäßig späteren Zeit datierte. Auch wurde die Vogts-Bete (Abschnitt 13) in Witterda und Rasdorf durch einen besonderen Bogt oder Freiboten, der in Witterda wohnte, eingesammelt.

Bald galt Witterda als Hauptort der Küchendörfer und blieb es auch nach dem Untergange Rasdorfs bis zum Ende der Kurmainzer Herrschaft. Der engen Verbundenheit mit der mainzischen Hofhaltung verdankt das Dorf vornehmlich auch sein Verbleiben im katholischen Bekenntnis bis zur Gegenwart.