"Es gibt Bücher, durch die entdeckt man neue Welten.
Und es gibt Bücher, durch die entdeckt man sich selbst.
Und ganz selten gibt es manchmal ein Buch,
durch das man neue Welten in sich selbst entdeckt.
Paulo Coelho schreibt solche Bücher."

Veronica Ferres

 

"Nacht unter Tag" Val McDermid

"Sie folgen Ihren Ahnungen, als beruhten sie auf mehr als der Intuition einer Frau."
"Vorsicht, Sir. Sie nähern sich hier sexistischen Äußerungen", warnte Karen freundlich mit großen Augen, aus denen geheuchelte Unschuld sprach. "Auch Männer haben Intuition. Nur nennen sie sie Logik.

"Bis zum bitteren Ende" - Nicci French - Dezember 2008

In dem Moment empfand ich mehrere sehr unterschiedliche Gefühle. Das erste kannte ich bereits, es war so etwas wie Bestürzung darüber, dass wir so konträre Sichtweisen der Vergangenheit haben konnte. In Miles' Version hatten wir eine leidenschaftliche Liebesgeschichte erlebt, und nur mein Eigensinn und mein fehlgeleitetes jugendliches Verlangen nach Unabhängigkeit hatten unser Glück zerstört. In meiner Version dagegen hatte es in unserer Beziehung von Anfang an nicht gestimmt. Als wir uns kennenlernten, war Miles eine Art Ökokrieger. Ich hatte vor ihm noch nie einen Menschen getroffen, der sich wirklich für Politik interessiert. In meinen Augen stand er für eine neue Welt, und deswegen erschien er mir zunächst höchst aufregend und geheimnisvoll. er verliebte sich in mich, weil er mich für unbekümmert und fröhlich hielt, bemühte sich dann jedoch nach Kräften, eine andere Art von Frau aus mir zu machen, eine verantwortungsbewusste, vernünftige Person, die bereit war, sich mit ihm häuslich niederzulassen. Es kam mir damals vor,a als versuchte er mich in eine Zukunft zu lenken, die er bereits geplant hatte. Aber ich wollte dort nicht hin. Ich war zu dem Zeitpunkt glücklich mit meiner Gegenwart.
Das zweite Gefühl, das seine Worte bei mir auslösten, war Angst, denn Miles war schon so lange mein Freund: ein unkomplizierter Freund, bevor wir ein Paar wurden, und ein komplizierter, seit wir keines mehr waren. Erst jetzt begriff ich, was ich seit Monaten zu ignorieren versuchte: dass er meinetwegen gelitten hatte und immer noch litt. Als unsere Affäre endgültig vorbei war, hatte ich angeboten auszuziehen, ab er er hatte darauf beharrt, dass es kein Problem sein würde, solange wir es nicht zu einem machten, und ich hatte mich von ihm überzeugen lassen. Mein drittes Gefühl war einfach nur Wut. Da ich mit dieser Emotion wesentlich besser umgehen konnte als mit den beiden anderen, ließ ich ihr dankbar freien Lauf.

Was Dario und Davy betraf, war ic mir weniger sicher. Ich konnte mir vorstellen, dass wir uns allmählich auseinanderleben, uns nur noch hin und wieder auf einen schnellen Drink zwischen wichtigeren Verabredungen treffen würden.  Wahrscheinlich würden die Abstände zwischen diesen Treffen immer größer, würde die gemeinsame Basis immer kleiner werden, bis schließlich nur noch ein Sammelsurium von Anekdoten aus unserer gemeinsamen Vergangenheit übrig blieb.

Ich finde, sie wirkt deprimiert", meinte Owen. "Deprimiert und krank. Sie sieht aus wie eine Wachsfigur. Keine Spur Leben in ihr. Ich hasse solche Jobs - künstliche Fotos von Möchtegern-Berühmtheiten, die zu viel Schminke und zu wenig Klamotten tragen. Solche Leute werden von der ganzen Aufmerksamkeit verdorben, dann aber eine Saison später wieder fallen gelassen.

"Wenn wir etwas vergessen, ist das manchmal ein Versuch unseres Unterbewusstseins, uns indirekt wissen zu lassen, was wir wissen müssen."

"Weil es genau das ist, was die Männer wirklich wollen. Sie mögen es noch so vehement abstreiten, aber kein Mann - egal, wie moralisch integer oder wie glücklich verheiratet - wird Nein sagen, wenn du ihm Sex anbietest."

Das alles schien inzwischen eine Ewigkeit her zu sein - eine Welt, die ich durch das falsche Ende eines Teleskops gesehen hatte. Mir ging durch den Sinn, wie die alltäglichen Dinge des Lebens rückblickend betrachtet oft zu Momenten des Glücks werden könne. Auch wenn einem das zu dem betreffenden Zeitpunkt noch nicht klar ist.

Mit Lügen kommt man ziemlich weit. Es ist ein wirksames Mittel, um Leute zu manipulieren oder zu kontrollieren. Man kann ihnen sagen, was sie hören wollen, ihnen das Gefühl geben, etwas ganz Besonderes zu sein. Das Entscheidende beim Lügen ist, dass man für verschiedene Leute verschiedene Lügen parat haben muss.  Wenn man allen nur eine einzige Lüge auftischt, dann ist es gleich besser man sagt die Wahrheit, denn das ist wesentlich einfacher. Wer die Wahrheit sagt, braucht nicht nachzudenken, denn bei der Wahrheit passt automatisch alles gut zusammen. Bei Lügengeschichten ist das anders, die muss man erst passend machen. Und man muss im Gedächtnis behalten, wem man wann welche Lüge aufgetischt hat und ob sie zu all den anderen Lügen passt, die man erzählt hat, und ob heute, morgen oder übermorgen irgendetwas passieren könnte, das einen auffliegen lasen würde.
Man muss aber auch wissen, wann man nicht lügen darf.

Es gibt keine langweiligen Menschen. Um ein guter Gesprächspartner zu werden, braucht man nur ein guter Zuhörer zu sein.

"Die Katze" - Joy Fielding

Mit vierzehn hatte Charley sich noch nicht aus der harten, störrischen Schale der Pubertät gepickt. Sie war einen guten Kopf größer als die meisten Jungen in der Schule, und ihr Körper war noch immer mehr eckig als rund. Ihr markantestes Merkmal waren ihre breiten schultern. Es sollte noch ein Jahr dauern, bis ihre Brüste ein Punkt von Interesse und ihre Augen ein Quell der Macht werden sollten. Bis dahin sahen die Jungen für gewöhnlich über sie hinweg oder durch sie hindurch.

Bei seiner Jagd auf ihre Unschuld war Alan ebenso hartnäckig gewesen, wie er sich schließlich bemüht hatte, sie auf Distanz zu halten, nachdem er sein Ziel erreicht hatte.

"Ich will nicht nach Entschuldigungen suchen, Aber ich war einfach so einsam. Und man ist nie einsamer als in einer unglücklichen Ehe."

"Sei gemein, dann bleiben sie dein. Beachte sie nicht, dann sind sie erpicht."

Tiffany sah Blake hinterher [...] "Würde er sich an die Tage erinner, die sie lachend, und an die Nächte, die sie liebend miteinander verbracht hatten, an die Stunden, die Minuten, die Sekunden, in denen sie ihn mit jeder Faser ihres Seins umarmt hatte´? Würde die Erinnerung ihn verfolgen, so wie sie zweifelsohne sie verfolgen würde, die Erinnerung an eine Liebe, an die sie sich einst geklammert, die sie dann so achtlos behandelt und schließlich rücksichtslos hinter sich gelassen hatten?
"Denk an die Liebe", flüsterte sie, als sein Schatten vom dunklen Abendhimmel verschluckt wurde und er für immer aus ihrem Blickfeld verschwand.

"Was kann ich Ihnen über Jill erzählen, was nicht schon gesagt wurde?" Er lächelte, fast unwillkürlich. "Sie war eine tolle Mischung aus Unschuld und Bosheit. In der einen Minute ganz weich, in der nächsten knallhart. Samt und Stahl. Und verdammt süß. Sie hatte diese Mädchen-von-nebenan-Ding drauf. Wie sagt man - im Wohnzimmer eine Dame, im Schlafzimmer eine Hure?"

Die Frau in der Tür hatte eine Hautfarbe wie zähflüssiger, dunkler Sirup. Sie trug eine magentafarbenes Top aus Polyester, mit einem tiefen V-Ausschnitt, der die falsche Fülle ihrer Brüste hervorhob, und einen hellgrünen Minirock zu hohen, braunen Wildlederstiefeln. Eine üppige Mähne dunkler Locken rahmte ihr rundes Gesicht und betonte die Falten um ihre argwöhnisch blickenden braunen Augen und die aufgespritzten Lippen.
Es war das Gesicht einer Frau, die schon alles gesehen hatte und meistens enttäuscht worden war, dachte Charley, als sie das heruntergekommene Apartment betrat, das nach schnellem Sex und verschütteten Bier roch.

"Du darfst nicht zu streng mit ihm sein. Gehören Rückfälle nicht zum Heilungsprozess?"
"Sie gehören zum Krankheitsbild", korrigierte Charley ihn.

Die Geschichte lehrt uns, dass die Geschichte uns nichts lehrt.

Die traurige Wahrheit indes lautet: Die Vergangenheit ist nie wirklich vergangen. Manchmal ist sie eine starke Stütze, viel häufiger jedoch lastet sie schwer auf unseren Schultern - wie ein Totenhemd, dessen Gewicht uns nach unten zieht, am Boden fesselt und bisweilen sogar lebendig begräbt. Und selbst wenn wir die Chance bekommen, uns von diesen Fesseln zu befreien, klammern wir uns seltsamerweise nur allzu oft daran.

Manche Menschen sind den Schmerz nicht wert, den es bereitet, sie zu lieben, weil Liebe sowohl geschätzt wie verdient sein will, und wenn du dich entscheidest, dein Leben so zu leben, musst du es ohne mich tun.(...) Du warst gefühllos in deinen Worten und achtlos in deinen Taten.

Sie senkte die Stimme und legte alles Mitgefühl hinein, das sie aufbringen konnte. "Wir können nicht immer kontrollieren, was uns erregt."

Bis zum letzten Tag  - Nicholas Sparks

Sie zupfte ihr Bikinioberteil zurecht und erhob sich. "Okay", die Luft ist rein. Wir können los." Sie schlang ihre Strandtasche über die Schulter. "Man muss eben wissen,wann Faulheit angebracht ist. Richtig eingesetzt ist Nichtstun eine Kunstform, von der alle profitieren."

"Hier spricht ein Mann mit Erfahrung. Du solltest allerdings nicht vergessen, dass wahre Liebe ewig währt."
"Die Dichter würden sagen, dass die wahre Liebe immer tragisch endet."
"Und du bist ein Dichter?"
"Nein. Ich wiederhole nur, was sie sagen. Ich behaupte nicht, dass ich auch dieser Meinung bin. Ich bin eher ein Romantiker, so ähnlich wie du, und glaube an ein Happy End. Meine Eltern sind seit Urzeiten verheiratet, und genauso will ich es auch irgendwann mal haben."

Als er anfing, sich ernsthaft mit Frauen zu treffen, hatte sein Vater ihm den Rat gegeben, er solle sich eine Frau mit Humor suchen. Jetzt begriff er endlich, was sein Dad damit gemeint hatte und warum er es so wichtig fand. Wenn das Gespräch der Text des Lebens war, dann lieferte das Lachen die Musik dazu, und diese Musik schenkte der gemeinsamen Zeit eine Melodie, die man immer wieder spielen konnte, ohne dass sie einem langweilig wurde.

 

Der Katalane - Noah Gordon

Ob nun in Nischapur oder in Babylon,
ob Süßes oder Saures im Kelche fließt,
der Wein des Lebens rinnt, Tropfen um Tropfen;
das Laub des Lebens fällt, Blatt um Blatt."
Die Rabaiyat des Omar Khayyam

Es war schon einige Monate her, seit Josep mit Margit im Languedoc zusammen gewesen war, und sein Körper war schwach vor Sehnsucht nach Erleichterung.

Die Zeit ist beschränkt, die ein Mann und eine Frau getrennt sein und trotzdem ein Paar bleibe können.

Im hellen Licht des Tages, wenn die Augen des ganzen Dorfes auf ihnen ruhten, war es einfacher, die Schicklichkeit zu wahren. Nachts, im Schutz der Dunkelheit, war es schwieriger, der Ruf des Fleisches stärker. Sie fingen an, beim Spazierengehen Händchen zu halten, eine erste erotische Berührung, die ihnen Lust auf mehr machte. Die Dunkelheit war eine private Kammer, die Josep gestattete, Teresa schüchtern zu umarmen und linkisch zu küssen. Sie drückten sich aneinander, sodass sie durch die Berührung von Schenkel, Brust und Lenden voneinander lernen konnte, und im Lauf der Zeit küssten sie sich ausgiebig und wurden einander sehr vertraut.

Schnappe nicht nach dem Köder der Lust, solange du nicht weißt, ob ein Haken daran ist.

Er bewegte ihre ihn umfassende Hand, bis genug Samen aus ihm herausschossen, um ein ganzes Dorf zu bevölkern, und mit dem Pedregos davontrieben. Es war nicht die große sinnliche Erfüllung, die, wie sie beide ahnten, irgendwo hinter dem Horizont lag. Aber ihnen wurde bewusst, dass sei eine Grenze überschritten hatten, und für den Augenblick gaben sie sich damit zufrieden, unbefriedigt zu sein.

So verließen sie Madrid auf einer freigeräumten Stelle der Ladefläche [mit Schinken], zwischen schweren Schweinsschlegeln, deren üppiges Aroma die Geheimnisse von Rauch und Gewürzen verkündete.

 

Die achte Karte" - Kate Mosse

Diese Geschichte beginnt in einer Knochenstadt. In den Gassen der Toten. Auf den stillen Boulevards, Promenaden und Sackgassen des Cimetière de Montmartre in Paris, einem Ort, bevölkert von Grabmälern und steinernen Engeln und den zaudernden Geistern derjenigen, die schon vergessen wurden, noch ehe sie in ihren Gräbern erkalteten. [...] Von den Lippen des Priesters fallen Platitüden, Worte der Vergebung, die alle Herzen kaltlasse und alle Emotionen unberührt.

Meredith glaubte an den Spiritus Loci. Sie hing der Vorstellung an, dass unter gewissen Umständen ein Echo der Vergangenheit erhalten bleiben konnte. Aber hier in der Stadt war zu viel Zeit vergangen. Selbst wenn die Mauersteine dieselben waren, nach hundert Jahren geschäftigen menschlichen Lebens gäbe es hier zu viele Geister. Zu viele verklungene Schritte, zu viele Schatten.

Und nun, wo sie mit achtundzwanzig Jahren im großen Saal des Palais Garnier (des alten Pariser Opernhauses aus dem Phantom der Oper)saß, spürte sie, wie die Trauer um das, was hätte sein können, ihr Herz wie mit eiserner Faust umklammerte.

Musik war in Merediths Leben gekommen, als sie acht Jahre alt war, das hatte sie zumindest geglaubt. Die Erkenntnis, dass sie schon immer da gewesen war, versteckt unter der Oberfläche, änderte die Geschichte. An jenem verschneiten Wochenende im Dezember 2000 hatte sich Merediths Welt verschoben. die Fotos und die Musik wurden zu einem Anker, der sie mit der Vergangenheit verband, und sie wusste, dass sie sich eines Tages auf die Suche nach dieser Vergangenheit machen würde.

"Die Recherche macht mir mehr Spaß als das eigentliche Schreiben", sagte sie schnell. "Das geistige Ausgraben. Das Nachgrübeln über Partituren und alten Zeitungsartikeln und Briefen, um etwas wieder zum Leben zu erwecken, einen Augenblick  eine Momentaufnahme der Vergangenheit. Im Grunde geht es um Rekonstruktion, um Kontext, darum, sich in eine andere Zeit, an einen anderen Ort zu versetzen, aber mit dem Vorteil, im Nachhinein alles besser zu wissen." "Detektivarbeit"

Aici lo tems s'en, va res l'Eternitat"
Er schmunzelte. "Sie haben ein gutes Gedächtnis, Madomaisèla."
"Was bedeutet es?" " Es ist ein wenig verfremdet, aber im Wesentlichen bedeutet es: 'Hier, an diesem Ort, schreitet die Zeit hin zur Ewigkeit.'"

"Fujhi, poudes; Escapa, non"
= Fliehen kannst du, entkommen kannst du nicht

Jede Theorie kann passend gemacht werden, wenn man sich nur genug Mühe gibt. Aber dadurch wird sie nicht wahr."
"Behauptet die Wissenschaftlerin."
Meredith hörte und mochte den gutmütig neckenden Tonfall in seiner Stimme. "Behauptet die Person, die ihr halbes Leben in Bibliotheken verbracht hat. Das wirkliche Leben passt nie so nahtlos. Es ist durcheinander. da gibt es Überlappungen, Fakten, die sich widersprechen. Man findet ein Beweisstück und denkt, das bringt einen weiter. Man hat weinen Volltreffer gelandet. Und ehe man sich's versieht, stößt man auf irgendwas anderes, das alles wieder auf den Kopf stellt."

Meredith richtet den Blick nach vorne und starrte durch die Windschutzscheibe. Falls er sich ihr anvertrauen wollte, dann würde er es von allein tun. Es hatte keinen Sinn, ihn zu bedrängen.

"Liebe - wahre Liebe - ist etwas Kostbares, Lèonie", fuhr Isolde fort. "Sie ist schmerzhaft, beunruhigend, macht uns alle zu Narren, aber sie ist es, die unserem Leben Sinn und Farbe und Bedeutung gibt." Sie stockte "Liebe ist das Einzige, das aus unserem alltäglichen Leben etwas Besonderes macht."

"Er war ein fürsorglicher Mensch", erwiderte sie langsam. "Und ein liebevoller und großherziger Ehemann."
Lèonies Augen verengten sich. "Aber was Sie über die Liebe gesagt haben..."
"Wir können nicht immer den Menschen heiraten, den wir leiben", fiel Isolde ihr ins Wort. "Umstände, Zufall, Notwendigkeit, all das spielt auch eine rolle." [...] Diesesmal stand es für Lèonie außer Zweifel. Der Mann, von dem Isolde so sehnsuchtsvoll, so zärtlich gesprochen hatte, war nicht ihr Gatte.

Er hatte viel aus diesem Erlebnis gelernt, nicht zuletzt, dass Geld die Historie umschreiben, das Ende einer jeden Geschichte verbessern konnte. so etwas wie "Tatsachen" gab es nicht, wenn Gold im Spiel war. Constant hatte seine Lehren daraus gezogen Sein Leben lang band er Freund und Feind gleichermaßen an sich, durch eine Mischung aus Verpflichtung, Schuld und, wenn das nicht reichte, Angst. Erst einige Jahre später begriff er, dass für alle Lehren ein Preis zu zahlen war.

Isolde nickte, wenngleich Anatole befürchtete, dass sie nicht wirklich überzeugt war, sondern ihm einfach nur gern glauben wollte.

Die Zitadelle war überwältigender und zugleich von der Größe her menschlicher, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie kannte die beliebten Ansichtskarten von der Cité, auf denen die berühmten Zeilen aus Gustave Nadauds Chanson abgedruckt waren: "Que je mourrias content/Apre`s avoir vu Carcassonne"" - wie glücklich würd' ich sterben, hätt' ich zuvor noch Carcasonne gesehen - , hatte das Zitat aber lediglich für  einen Reklamespruch gehalten. Jetzt, da sie hier war, konnte sie die Worte gut nachvollziehen.

"CE N'EST PAS LA FIN" = Es ist noch nicht zu Ende.

"Die Zeit zu reden ist vorüber, mein Freund", entgegnete Baillard. "ES kommt immer der Moment, in dem der Wunsch zu handeln, wie unbegründet auch immer, stärker ist als der Wunsch zuzuhören."

 

"Die letzte Spur" - Charlotte Link - Nov. 2008

Sie standen einander gegenüber. Es war Dennis anzumerken, dass er sich überfahren fühlte, aber aus Erfahrung wusste Rosanna, dass er immer so empfunden hätte, auch wenn der Moment günstiger oder ihr eigenes Vorgehen diplomatischer gewesen wäre. Er kam nicht damit zurecht wenn seine Frau zu irgendeinem Thema eine andere Ansicht hatte als er selbst. Er war kein ausgesprochener Macho, aber Rosanna hatte manchmal den Eindruck, dass sein Kontrollbedürfnis gelegentlich zwanghafte Züge annahm. Es gab ihm Sicherheit, Rosanna seelisch und gedanklich zu hundert Prozent hinter sich zu wissen, und obwohl er ein nüchtern kalkulierender und sehr realistischer Mann war, schien er sich nicht klarzumachen, dass eine derartige Übereinstimmung mit einem anderen Menschen nicht durchzuhalten und schon gar nicht zu erzwingen war.

Manchmal muss man mit ungelösten Rätseln leben.

Wenn du mich fragst, sagte Cedric nun, "hat der gute Dennis ein Kontrollproblem. Das ist mir von Anfang an bei ihm aufgefallen. Keine Ahnung, woher das kommt, vielleicht hängt es mit irgendeiner Verlustangst zusammen, aber er scheint nur ruhig atmen zu können, wenn er dich im Griff hat. Dein Aufenthalt in England, dein Kontakt mit deinem früheren beruf, mit Menschen, die er nicht kennt, ich vermute, das alles #ängstigt ihn zutiefst.

Ihre Sehnsüchte, die sie zumeist recht gut kontrollierte, brachen sich Bahn und +überschwemmten sie förmlich mit Traurigkeit und Verzweiflung. Liebe, Wärme, Leben. Ein Mann, Kinder, Freunde, Frieden und Sicherheit. Sie fragte sich, wie es sich anfühlen musste, dem Frühling mit Freude und Erwartung entgegenzublicken, anstatt ihn zu fürchten, weil seine Buntheit und Fröhlichkeit die Dunkelheit des eigenen Daseins noch schärfer betonte.

Eine kleine Chance mochte es für Linda gegeben haben: Sie war ungewöhnlich attraktiv gewesen. Die Gene ihrer ausgesprochen unansehnlichen Eltern hatten sich in ihr auf Günstigste vermischt und ein bildschönes Geschöpf ergeben. Woraus sie leider nichts zu machen verstanden hatte. Ihre Art, sich zu kleiden und zu schminken, hätte ihr nie den Aufstieg in eine andere gesellschaftliche Schicht ermöglicht.  Es stimmte leider, was ihr Vater gesagt hatte: Sie war wie eine Prostituierte herumgelaufen.

Ihre Gedanken schweiften i Richtungen, deren Ziele er nicht kannte. Sie schien Bilder zu sehen, die außer ihr niemand sah. Tagträumen nachzuhängen, die sie mit niemandem teilen mochte.

Geduscht, geföhnt und angezogen, fühlte sie sich besser. Sie konnte Nicks Unmut verstehen und sich sogar irgendwie in Geoffreys Kränkung hineinversetzen, aber in ihr blieb der Überzeugung, richtig gehandelt zu haben.  Alles andere hätte ihr weniger Ärger eingebracht, aber sie hätte es nicht vor sich selbst verantworten können. Und letztlich war es wichtiger, zu der eigenen Überzeugung zu stehen, als es den Menschen ringsum um jeden Preis recht zu machen.

Sein Vater verkörperte geradezu das Klischee des intellektuellen Büchermenschen: belesen, intelligent, völlig unpraktisch im Alltag. Sich ihn mit einer Rosenschere in der Hand vorzustellen, erheiterte und beunruhigte Cedric.

Geoffrey begriff , dass Selbstmitleid zum Automatismus mit höchst unangenehmen Begleiterscheinungen werden konnte. eine Zeit lang mochte es die Menschen ringsum in Atem halten, in Schuldgefühle stürzen und damit manipulierbar machen, aber irgendwann richtete es sich gegen einen selbst.
Wer sich zu lange und zu behaglich in der Opferrolle einrichtet, wird wirklich zum Opfer.

Es wäre ein Problem weniger und beide wussten sie, dass genügend andere blieben.

Wenn ein Mensch verschwindet, gibt es für die Angehörigen nichts Schlimmeres als die Ungewissheit. Den Tod kann man betrauern - und irgendwann akzeptierten. Man kann dann weiterleben.

Irgendwie waren sie mit ihren Weingläsern auf dem Fußboden gelandet. Hatten langsam die Dunkelheit in das Zimmer schleichen lassen und geredet.

"Warum kämpfst du so darum, das keiner es merkt?", fragte sie. "Es macht einsam, wenn man das, was einem am tiefsten bewegt und beschäftigt, völlig ins ich verschließt."

Die Spannung, die plötzlich zwischen ihnen stand, war zu groß. Sie musste überhaupt nichts mehr sagen.

Sie trafen sich in der Mitte des Zimmers und schlangen im selben Moment die Arme umeinander. Für eine Sekunde hatte diese Umarmung etwas von einem Festklammern in Verzweiflung, von der Suche nach Schutz und Trost, aber kaum das sich ihre Körper berührten, war es nichts mehr von alle dem, sondern nur noch eine Explosion, in der sich alle anderen Gefühle in ihrer seit Tagen schon verdrängten und verzweifelt ignorierten sexuellen Sehnsucht nacheinander auflösten.

Sie konnten bei nicht länger widerstehen, auch wenn  Rosanna, der trotz allem noch einmal sowohl Dennis als auch das ihm gegenüber geleistete Ehegelöbnis durch den Kopf schossen, einen letzten schwachen Versuch unternahm, das Unvermeidbare abzuwenden.

Wie auch immer, sie ließ nicht locker. Sie kapierte nicht, wie wütend ich schon war. Hätte sie nur die Spur von Instinkt gehabt, hätte sie erkannt, dass es höchste Zeit war, von mir abzulassen, dann wäre alles ganz anders ausgegangen. Aber sie hatte sich, glaube ich, in die Rolle meiner Psychologischen Beraterin geradezu verliebt. Nichts lenkt so schön von den eigenen Problemen ab wie die intensive Beschäftigung mit den Problemen anderer.

"Der Chinese" - Henning Mankell - Sept./Okt. 2008

Im hinter ihr liegenden Jahr hatte sie sich zuweilen gefragt, ob sie bereit war, sich einem anderen Mann zu nähern. Sie wusste es nicht. Vielleicht hauptsächlich deshalb, weil ihr noch keiner über den Weg gelaufen war, der sie anzog.
Sie war enttäuscht und wütend, weil Staffan seiner Verwunderung darüber, dass sie ihre Rückkehr hinausschob, keinen Ausdruck verlieh. Zwar haben wir gelernt, nicht zu tief im Seelenleben des anderen zu graben. Jeder braucht intime Räume, die außer ihm keiner betreten darf. Aber es darf auch nicht so weit gehen, dass es einem gleichgültig wird, was der andere tut.

Brigitta Roslin legte den Plan zur Seite und dachte an ihre Töchter und an die Zeit, als sie selbst in deren Alter gewesen war. Von einigen der Menschen, die mir einmal viel bedeutet haben, fallen mir heute nicht einmal mehr die Gesichter ein. Andre, die weniger wichtig waren, sind heute deutlich. alles ist ständig in Bewegung, Erinnerungen kommen und gehen, werden stärker und schwächen sich ab, verlieren oder gewissen an Bedeutung.

"Oder bis die apokalyptischen Reiter vorbeiziehen und uns allen den Garaus machen. Unterhalte mich jetzt mit all den Grässlichkeiten, mit denen ich mich nicht zu befassen brauche."

Ein vages Neidgefühl überkam sie [Brigitta Roslin]. Karin hatte ein Leben gewählt, das Reisen und Begegnungen mit fremden Kulturen beinhaltete. Brigittas Leben spielte sich in Gerichtssälen ab, in denen ein ständiger Zweikampf zwischen Wahrheit und Lüge, Willkür und Gerechtigkeit geführt wurde, dessen Ausgang äußerst ungewiss war und zuweilen hoffnungslos schien.

Sie knüllte das Papier zusammen und warf es in den Papierkorb. Warum sollte sie aufschreiben, was schon klar und deutlich an ihren inneren Kirchentüren angeschlagen war? Einige unerbittliche Thesen über Birgitta Roslins Zukunft.

Die Wahrheit ist nie einfach", sagte sie. "Nur in der westlichen Welt ist man der Meinung, man könne sich Wissen leicht und im Handumdrehen beschaffen. Es braucht seine Zeit. Die Wahrheit kennt keine Eile."

"Der Schatten des Chamäleons" - Minette Walters - September 2008

Acland schüttelte den Kopf. "Was ich zu sagen habe, lässt sich durch Schweigen viel besser ausdrücken. [...] "Aber ist das nicht genauso manipulativ? Wenn ein ausdrückliches Nein fehlt, wird Schweigen im Allgemeinen als Zustimmung aufgefasst... oder zumindest als Bereitschaft, weiter zuzuhören.

"Liebe lässt sich nicht erklären, Dr. Willis. sie ist Chemie. Sie passiert einfach."

"Hm. Ich würde sagen, das beschreibt eher Verliebtheit. Chemische Prozesse haben die unangenehme Eigenschaft, flüchtige Gemische hervorzubr8ngen, die am Ende explodieren."

So ein Nebeneinander widersprüchlicher Gefühle ist nichts Ungewöhnliches.

" Die meisten von uns glauben sich zu Hause sicher", sagte ein Sprecher, "aber das ist ein Trugschluss. Zu Hause vergessen wir die Vorsicht und machen uns angreifbar."

Nicht zum ersten Mal fragte sich Willis, ob diesem Jungen nicht eine Kollegin besser hätte helfen können. Frei von dem Ballast, der Männern den Zugang zueinander versperrte - dem instinktiven Widerwillen, Zuneigung zu zeigen, und der Notwendigkeit als Alpha-Männchen ein gewisse s Maß an Distanz zu wahren - , hätte sie einen sanfteren Ton anschlagen können, der dem jungen Mann vielleicht ermöglicht hätte, um den Menschen zu trauern, der er gewesen war.

Und was ist von Bedeutung, Charles?"
"Das versuche ich noch herauszufinden. Ich lese gerade einen dänischen Philosophen namens Sören Kierkegaard. Der schreibt: 'Das Leben ist kein Problem, das man lösen muss, sondern eine Wirklichkeit, die man erfahren muss.' Das ist etwa der Umfang meines Verständnisses bisher."

"Niemand reist mit so leichtem Gepäck."
"Ich schon." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. " Sie sollten es gelegentlich mal versuchen. Man kommt schneller vorwärts. Eigentum belastet nur."

"Ich würde nicht mein Leben dafür hergeben. die Jagd nach dem Wohlstand hat keine höhere moralische Berechtigung als die Abkehr von ihm."

Vertrauen ist etwas sehr Zerbrechliches.

Wenn Sie in zufälligen Ereignissen einen Sinn suchen, werden Sie ihn wahrscheinlich finden. (Synchronizität)

Bei blinder Wut gibt es keine Logik.

Wut verlangt im Allgemeinen danach, den Gegner niederzumachen - sei es mit Worten oder mit körperlicher Gewalt."

"Bei häuslicher Gewalt treffen oft heftige Zuneigung und das Bedürfnis nach Macht und Manipulation zusammen."

 

 

"Sniper" - Lee Child - September 2008

"Entscheidet jemand sich gegen ein großartiges A und für ein miserables B, muss es einen Grund dafür geben. Und aus Gründen ergeben sich Zusammenhänge."

"Die 4. Frau" - James Patterson - September 2008

Familien - der Fluch der modernen Gesellschaft - der Ort, wo die verrotteten Strukturen der Vergangenheit am Leben gehalten, kultiviert und verfeinert wurden.

"Sicher. Seine Freunde muss man sich warmhalten, seine Feinde noch mehr."

"Der buddhistische Mönch" - John Burdett - August 2008

"Der Umgang einer Kultur mit dem Tod definiert auch ihre Einstellung zum Leben. Verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber der Westen vermittelt manchmal den Eindruck, als würde er ihn leugnen. Thais sehen das ein bisschen anders."

Wann kippt die Bewunderung eines Mannes für eine Frau in Besessenheit, die der Buddha so vehement kritisiert? Ich weiß nur, das Songkran war, das thailändische Neujahrsfest, die heißeste Zeit überhaupt. An jenem Songkran vor etwa vier Jahren vertraute ich dem Computer in meinem liebeskranken Zustand Proustsche Ergüsse an [...] O je. Jeder Mann in dem Zustand dürfte für das Objekt der Begierde sehr leicht zu durchschauen sein.

"Erlebt ihr Frauen die Leidenschaft jemals so extrem wie wir Männer?"
"Meinst du völlige psychische Auflösung, Auslöschung der Identität, Zerstörung des Ego, permanente Verunsicherung, egal, ob man gerade mit dem Objekt der Begierde im Bett liegt oder nicht? Klar."
"Und wie endet das normalerweise?"

"Demjenigen, der mehr leidet, bleiben zwei Alternativen: den anderen umbringen oder sich verkrümeln, so lang's möglich ist. [...] Du als Cop weißt besser als die meisten Menschen, dass es keine schlimmere Gewalttätigkeit gibt als bei Paaren."

Hatte sie etwas erkannt, das andere Frauen nur ahnen? Konnte sie da<s Gefühl vermitteln, sie besitze die Fähigkeit, uns die Lebensangst zu nehmen? Zwischen ihren Schenkeln sei der Friede zu finden, nach dem wir uns alle sehnen? Sie verstehe einen wirklich? War sie mit anderen Worten der heilige Gral, den kein Mann je entdeckt? [...] War's Sex, Dan, dem Sie verfiel, oder nicht vielmehr diese unheimliche Begabung, Sie zu beruhigen, als könnte sie in Ihre Seele blicken?"
Er starrte mich verwundert an. Vielleicht sollte ich jetzt aufhören, aber wenn man den Pfad der Selbstgeißelung erst einmal beschritten hat, gibt es kein Zurück mehr. "Natürlich entpuppte sich die Erfahrung am Schluss als das genaue Gegenteil dessen, was man am Anfang erwartete: Man holte sich eine tödlich Dosis Herzschmerz, als man merkte, dass sie einfach nur höchst professionell mit einem gespielt hatte, nicht wahr?

Die Optionen sind Nirwana und Unwissenheit. Das will der Buddha uns lehren. Wir sind die Summe unseres Begehrens. Kein Begehren, kein Sein."

Es ist fast schon komisch, zu welch genauen und gleichzeitig falschen Schlüssen das Herz gelangen kann. Natürlich denke ich die meiste Zeit an eine andere Frau, aber nicht an Kimberley.

"Begierde kennt keine Klassenunterschiede. Damrongs absolute und intime Kenntnis Ihrer animalischen Seite trieb Sie in den Wahnsinn. Sie wusste, woher Ihr Ehrgeiz rührte, aus einer Art Lebenshass - exakt der gleiche Impuls, der auch sie antrieb. sie wurden reich durch Ihre Rache am Leben, genau wie Damrong, jedenfalls am Schluss.

"Der gemalte Kuss" - Elizabeth Hcikey - Juli 2008

Eine bewegende Liebesgeschichte - so sinnlich und hypnotisierend wie ein Gemälde von Klimt.

Ein Leben lang war sie an der Seite des Malers Gustav Klimt, war seine Gefährtin, seine Geliebte und Muse - sie stand Modell für das berühmte Gemälde "Der Kuss", ihren Namen flüsterte er auf dem Sterbebett:

EMILIE FLÖGE,

eine faszinierende Gestalt der wiener Boheme des Fin de Siécle, eine hoch begabte Modeschöpferin und erfolgreiche Geschäftsfrau.
In klarer, packender Prosa entwirft "Der gemalte Kuss" das Porträt einer außergewöhnlichen Beziehung und liefert beeindruckend lebendige Einblicke in das Schaffen Klimts. Ein Künstlerroman voller Tiefe und Atmosphäre.

An meinem zwölften Geburtstag ging ich mit meinem Vater und meinen beiden Schwestern Pauline und Helene zu einer kaiserlichen Parade.
Für die wiener war dies das wichtigste Ereignis des Jahres. Es bedeutete ihnen mehr als Ostern und Weihnachten zusammen, und dabei waren die Wiener im Allgemeinen recht fromm. Fast schien es, als sei Gott selbst nach Wien gekommen, um hoch zu Ross durch die Straßen zu reiten. Für mich als Kind war es das größte Glück auf Erden, einem solchen Spektakel beizuwohnen.

Wir besuchten eine Klosterschule nahe der Annakirche. Alle dort waren sehr nett zu uns, wenn auch auf eine mitleidvolle Art und Weise, da wir Protestanten waren [...] Die Schule war im nahe gelegenen Kloster untergebracht, einem fast ebenso alten Gemäuer wie die Kirche. Der Rauchfang war von jahrhundertealtem Ruß verstopft, und wenn wir nach Hause kamen, brannten uns die geröteten Augen. Die Nonnen hatten sich als Einzige bereit erklärt, Mädchen in Latein, Mathematik und Philosophie zu unterrichten, deshalb gingen wir dorthin.

Hier wimmelt es von Gespenstern, nicht solchen, die Sensationsblätter füllten oder die Lagerfeuer von Schuljungen heimsuchen, sondern solchen, mit denen wir uns gleichzeitig quälen und trösten.

Gemälde "SCHLAFENDES MÄDCHEN"
Maria war eine siebzehnjährige Wäscherin, die nicht weit vom Atelier entfernt wohnte. [...] Als er fertig war, stellte er den Block zur Seite und legte den Kopf auf ihren Bauch, der von ihrer Jugend und vom Hunger immer noch flach war und straff. Ihre Unschuld, ihre rauen Hände, ihr bleicher, ausgemergelter Körper brauchen ihm fast das herz. Sein Gewissen quälte ihn. Sie hatte ein besseres Leben verdient als das der Armut und Plackerei, in das sie hineingeboren war, und das der Ächtung und des Elends, in das er sie gestoßen hatte. Doch es war zu spät; sie war zu unschuldig gewesen, um zu wissen, was sie hätte tun sollen, und er zu unerfahren,um zu wissen, dass er es ihr hätte sagen müssen.
Einen verrückten Augenblick lang dachte er daran, sie zu heiraten und für immer ins Atelier zu holen. Er stellte sich vor, wie sie im Garten mit ihrem wunderbaren Waschbrett einen seiner Malerkittel schrubbte, dachte an Gulasch und Nudeln auf dem Tisch und an Kinder mit schmutzigen Gesichtern, die über die Staffelei stolperten. Doch so mochte leben, wer wollte - er nicht. Er weckte Maria und sagte, sie solle sich besser beeilen, nach Hause zu kommen, bevor ihr Vater aus dem Suff erwachte und sie vermisste.

Studie zu ADELE BLOCH-BAUER:
"Sie sehen reizend aus", sagt er zu ihr, als er sich aus Almas Umklammerung löst und Adeles Hand mit den Lippen streift. Er denkt an die verkrüppelten Finger unter den Handschuhen und wozu sie fähig sind. An ihre geschminkten Lippen und wo er sie gerne hätte. [...] "Du ignorierst mich immer",. sagt sie.  "Ganz im Gegenteil" entgegnet er: "Ich bin mir deiner nie so bewusst, wie wenn wir nicht zusammen sind."[...] Andere mögen auf deine Sprüche hereinfallen, will sie ihm damit sagen, aber ich nehme es mit dir auf. Ich habe keine Illusionen mehr, die du mir noch zerstören könntest. Ironischerweise stimmt das, was er gerade gesagt hat, sogar. Wenn sie ihm nahe ist, dann ist sie eine Frau. [...] Er versteht sich darauf, die Dinge zu sagen, die eine Frau dazu bewegen, die Nacht mit ihm zu verbringen. er weiß, womit er ihre Leidenschaft zu ihm entfacht, ihre Zuneigung weckt und wenn es Zeit dafür ist, ihren verletzten Zorn.

So verdienten wir das meiste Geld - mit Kleidern nach Pariser Schnitten, die wir individuell auf unserer Kundinnen abstimmten. Es war allgemein bekannt, dass die Dame von Paris anders gebaut war als die Dame von Wien. Viele unserer Kundinnen waren Plump. Selbst eine grazile Wienerin war kräftiger, hatte stärkere Knochen und eine wesentlich größere Oberweite als die durchschnittliche Pariserin.

NACHWORT:
Wer historische Erzählprosa schreibt, geht naturgemäß einen Kompromiss ein. die wortwörtliche Wahrheit über das Leben der Figuren ermöglicht im Unterschied zur künstlerischen Wahrheit keinen gelungen Handlungsaufbau eines Romans. Statt die Fakten so zu ändern, dass sie in eine dramatische Erzählfolge passen, oder aber meine Erzählung so drastisch zu ändern, dass sie den Fakten entspricht, habe ich dieses Dilemma in "Der gemalte Kuss" zu lösen versucht, indem ich das Augenmerk auf Aspekte eines Lebenslaufs richte, der in der Geschichtsschreibung ausgespart oder mit dem Tod der Protagonistin und ihrer Zeitgenossen in Vergessenheit geraten sind. Wie Emilie Flöge Gustav Klimt kennen lernten, worüber sie sprachen, während sie mit dem Boot auf dem Attersee ruderten, was sie über ihn dachte und für ihn empfand, was er über sie dachte und wie er für sie empfand - dies sind Dinge, die uns die Geschichtsschreibung notgedrungen vorenthält, doch d8e Frustration darüber, diese Dinge nicht wissen zu können, bietet auch die reizvolle Möglichkeit, sie sich vorzustellen. [...] Da Emilie Flöge keine berühmte Künstlerin oder politische Gestalt war, finden sich in historischen Dokumenten nicht mehr als Hinweise auf ihren Salon sowie unterschiedliche Einschätzungen ihrer Beziehung zu Klimt.
Alma [Mahler-Werfel] hat in ihren Memoiren bekundet, Klimt habe ihr das Herz gebrochen. Adele [Block-Bauer] hat keine solchen Aufzeichnungen hinterlassen, und so entspringt das, was ich über ihre Beziehung schreibe, reiner Spekulation.  Historische Romane dienen nicht dem Ziel, die Vergangenheit möglichst genau wiederzugeben - ein unmögliches Unterfangen - , sondern sich vorzustellen, wie sie sich abgespielt haben könnte.

"Elf Minuten" - Paulo Coelho

Ich möchte herausfinden, was das ist: die Liebe. Ich weiß, dass ich lebendig gewesen bin, als ich geliebt habe, und ich weiß auch, dass nichts an meinem heutigen Leben, so interessant es auf den ersten Blick aussehen mag, mich wirklich begeistert.
Aber die Liebe ist etwas Schreckliches: Ich sehe meine Freundinnen leiden, und das soll mir nicht auch passieren. Dieselben, die mich früher wegen meiner Naivität ausgelacht haben, fragen mich jetzt, wie ich es fertigbringe, die Männer im Griff zu haben. Ich lächle und schweige, weil ich weiß, dass die Arznei schlimmer ist als der Schmerz: Ich verliebe mich einfach nicht. Mit jedem Tag, der vergeht, sehe ich deutlicher, wie schwach, wankelmütig, unsicher die Männer sind und für einige Überraschungen gut... Einige der Väter meiner Freundinnen haben mir schon Angebote gemacht, ich habe abgelehnt. Früher war ich schockiert, jetzt glaube ich, dass die Männer eben so sind.
Ich will begreifen, was Liebe ist, aber bislang leide ich nur. Diejenigen, die meine Seele berühren, können meinen Körper nicht erwecken. Und die, denen ich mich hingebe, können meine Seele nicht berühren.

Bis zu jenem Augenblick war die Reise, der Gedanke, weit wegzufahren, nur ei Traum gewesen - und Träume sind sehr bequem, sofern wir nicht gezwungen sind, sie in die Tat umzusetzen. so gehen wir keine Risiken ein, vermeiden Frustrationen, schwierige Momente, und wenn wir alt sind, können wir immer den anderen die Schuld in die Schuhe schieben - vorzugsweise unseren Eltern, unseren Ehemännern oder unseren Kindern - dafür, dass wir unserer Träume nicht wahr gemacht haben.

Wärest du aufmerksamer gewesen, hättest du den Vertrag gelesen, den du unterzeichnet hast, dann wüsstest du , worauf du dich eingelassen hast, denn die Schweizer lügen nicht, obwohl sie geschickt zu schweigen verstehen.

Maria ging nun regelmäßig in die Bücherei, ließ sich von der Bibliothekarin beraten, die ebenso einsam wirkte wie sie selbst, redete mit ihr über das Leben und über die Autoren. Ihr Erspartes war inzwischen fast aufgebraucht. Bald würde sie nicht einmal mehr genug Geld haben, um ein Rückflugticket zu kaufen. Doch da das Leben immer auf kritische Situationen wartet, um sich dann von seiner Sonnenseite zu zeigen, klingelte endlich das Telefon.

Der Mensch kann eine Woche lang ohne Trinken auskommen, zwei Wochen, ohne zu essen, viele Jahre ohne ein Dach über dem Kopf - aber die Einsamkeit kann er nicht ertragen. Das war für alle die schlimmste Qual. Die Männer im "Copacabana" und die vielen anderen, die ihre Begleitung suchten, litten wie sie selbst unter diesem zerstörerischen Gefühl - dem Gefühl, niemandem auf der Welt wichtig zu sein.

In der Liebe kann keiner dem anderen weh tun; für seine Gefühle ist jeder selbst verantwortlich, und wir können nicht die anderen dafür verantwortlich machen.
Ich habe gelitten, als ich die Männer verlor, in die ich mich verliebt hatte. Heute bin ich überzeugt, dass man niemanden verlieren kann, ganz einfach weil man niemanden besitzt. Das ist die wahre Erfahrung von Freiheit: das Wichtigste auf der Welt zu haben, ohne es zu besitzen

Dieser Stein hat einen Namen: Leidenschaft  wenn zwei Menschen einander begegnen, kann er wie ein Blitz einschlagen. Die Leidenschaft liegt in der Erregung, die das Unerwartete hervorruft, in dem Wunsch, etwas mit Hingabe zu tun, in der Gewissheit, dass es einem gelingen wird, einen Traum zu verwirklichen. Die Leidenschaft gibt  uns Zeichen, die uns im Leben leiten - und es bleibt mir überlassen, diese Zeichen zu deuten.

Ich bin auf den ersten Menschen geflogen, der mir eine andere Art von Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Er ist ein Künstler: Er sollte wissen, dass der Mensch die Liebe in ihrer Ganzheit begreifen muss. Die Liebe ist nicht im anderen, sie ist in uns selbst; wir erwecken sie. Aber für dieses Erwecken brauchen wir den anderen. Das Universum ergibt nur einen Sinn, wenn wir jemanden haben, mit dem wir unserer Gefühle teilen können.

Die Leidenschaft bewirkt, dass man nicht mehr essen, nicht mehr schlafen, nicht mehr normal arbeiten kann, sie raubt einem den Seelenfrieden. sie reißt alles mit, was sich ihr in den Weg stellt, und das macht vielen angst.
Andere wieder handeln genau umgekehrt: Sie geben sich blind hin, ohne nachzudenken, und hoffen, in der Leidenschaft die Lösung all ihrer Probleme zu finden. sie übertragen dem anderen die alleinige Verantwortung für ihr Glück und die alleinige Schuld an ihrem Unglück. Entweder sind sie permanent euphorisch, weil etwas Wunderbares mit ihnen passiert ist, oder permanent deprimiert, weil etwas Unerwartetes alles zerstört hat.
Was ist weniger zerstörerisch: sich von der Leidenschaft fernzuhalten oder sich ihr blind hinzugeben? Ich weiß es nicht.

Das tiefe Begehren, das realste Begehren ist dann in einem, wenn man zum ersten Mal auf jemanden zugeht. Das löst das Knistern aus. Danach erst kommen Mann und Frau ins Spiel. Aber das, was zuvor geschah - was die gegenseitige Anziehung auslöste - , kann man nicht erklären. Es ist das Begehren in seiner ursprünglichen, reinsten Form.

Vielleicht war der Himalaja daran schuld oder das Bedürfnis, etwas zu verkomplizieren, dessen Schönheit in der Einfachheit und ind er Leidenschaft lag.

Es reicht, dass ich ihn liebe, in Gedanken bei ihm bin, in dieser schönen Stadt, die er mit seinen Schritten, seinen Worten, seiner Zärtlichkeit lebendiger macht. Wenn ich dieses Land verlasse, wird es ein Gesicht, einen Namen haben und in meiner Erinnerung mit einem Abend am Kaminfeuer verbunden sein. Alles, was ich sonst hier erlebt habe, wird neben dieser Erinnerung verblassen.

Alle können Lieben, denn sie wurden mit dieser Gabe geboren. Einige Menschen lieben von Anfang an richtig, aber die meisten müssen es erst wieder lernen, müssen sich daran erinnern, wie man liebt, und ausnahmslos alle müssen auf dem Scheiterhaufen ihrer vergangenen Gefühle brennen und Freuden und Schmerzen, Höhen und Tiefen wiedererleben, bis sie den roten Faden erkennen, der unsere Begegnungen miteinander verknüpft; ja es gibt diesen roten Faden.
Und dann lernen die Körper die Sprache der Seele: Sex.

Neun Monate lang hatte sie alles unter ihrer Kontrolle gehabt und jetzt, kurz bevor sie in ihre Heimat zurückkehrte, entdeckte sie, dass sie imstande war, bedingungslos zu lieben und grundlos zu leiden. Als hätte das Leben dieses krasse Mittel gewählt, um ihr etwas über ihre eigenen Mysterien, ihre Licht- und Schattenseiten beizubringen.

Du begehrst nicht, was du siehst, sondern was du dir vorstellst.

Er betrachtete sie, und in Gedanken liebkoste er sie mit der Zunge, machten sie Liebe, schwitzen sie, umarmten sie sich, vermischten Zärtlichkeit mit Heftigkeit, schrien sie und stöhnten sie gemeinsam.

Aber Mann und Frau waren an ihrer Grenzen gelangt, indem sie ihre ganze Vorstellungskraft ausgeschöpft und miteinander eine Ewigkeit schöner Augenblicke erlebt hatten. Sie mussten aufhören; ein Schritt weiter, und die Magie des Augenblicks würde von der Wirklichkeit zerstört werden.

Eifersucht war normal. obwohl das Leben sie gelehrt hatte, das es unsinnig ist, zu glauben, man könnte jemand anderen besitzen - wer das glaubte, machte sich etwas vor. Dennoch sollte die Eifersucht weder unterdrückt noch überbewertet oder als Zeichen von Schwäche verurteil werden. Der liebst stärker, der seine Schwäche zeigen kann. Wenn meine Liebe wahrhaftig ist(und ich sie mir nicht nur einbilde), wird die Freiheit die Eifersucht besiegen und auch den damit verbundenen schmerz - denn auch dieser Schmerz ist ganz natürlich. Sportler wissen: Wer sein Zeil erreichen will, muss bereit sein, seine tägliche Dosis Schmerz oder Unbehagen zu ertragen.  So unangenehm und demotivierend es anfangs sein mag, mit der Zeit begreift man es als Teil eines Prozesses, und wenn die Schmerzen eines Tages ausbleiben, haben wir Angst, dass das Training nicht mehr wirkt.

Havana Room - Colin Harrison

Aber wie wir immer zu spät merken, interessiert es die Welt nicht sonderlich, wer wir einmal waren. Meine Identität erwies sich als genauso austauschbar wie einer der maßgeschneiderten Anzüge,  die  ich einmal getragen hatte, und ich muss gestehen, dass ich während ich zusah, wie Stück um Stück meines Lebens davonflatterte - Job, Ehe, Kind, Zuhause, Geld, Freunde - , einer perversen Neugier frönte, was bleiben könnte.

Und alle diese früheren Ichs, künftige und vergangene, saßen da - genau genommen sogar im Dutzend: Männer, die nach dem zweiten Drink ihre Oxford Hemden durchschwitzten, an ihren Handhelds und Handys herumfummelten, jung genug, um sich mehr um ihren Haaransatz zu sorgen als um ihr Herz, alt genug, um gesehen zu haben, wie Kumpel vom hohen Ende der Wippe gestoßen worden waren. Immer nach den verborgenen Geldströmen bohrend, die durch die Stadt liefen, mit Ehrgeiz aufgesext, aber voller Sorge, ihre Penisse könnten, wie ein volatiler Technologiewert, plötzlichen Performance Downgrades unterworfen werden. Ich hörte eine Menge Witze und sah viel Lächeln, aber meistens war der Gesprächsstoff auf Geld beschränkt, das Männer, die wohlhabend und gefragt waren, von Frauen und Kindern geliebt, Männer, die eine Lebensversicherung und saubere Unterwäsche besaßen. Hauptsächlich Republikaner, außer wenn sie mit den Demokraten einer Meinung waren. Über den Zinssatz-Zyklus im Bild. Ölwechsel alle dreitausend Meilen. Üppige Altersvorsorge. Üppige Ironie. Gut abgesichert - genau wie ich es gewesen war.

Wie und warum eine Frau schön ist, ändert sich bei mir mit zunehmendem Alter ständig, denn ich neige dazu, Züge an Frauen wahrzunehmen, die mir als jüngerem Mann nicht aufgefallen wären, und in meinen Zwanzigern zum Beispiel hätte ich Allison nicht als schön bezeichnet. Aber sie war es. Vielleicht nicht in ihren Einzelteilen, aber als Ganzes.

Dann schnappte er sich seinen Mantel, nickte mit einem strahlenden Lächeln dem Kellner zu und sah auf Allisons Gesicht hinab. Ihr Kopf nach hinten gesunken, der Hals bloßgelegt, der Blick verträumt. Sie war für ihn bereit, und es war ihr egal, ob jemand es mitbekam. Sie waren. sollte ich feststellen, jeder auf seine Art verzweifelt, aber verzweifelte Menschen haben es so an sich, auf einer Wellenlänge zu liegen und sich zu finden, bevor es zu Ende geht. Aber jetzt war gerade ein magischer Moment, und es schien, als brodelte der Havana Room in einem Kondensat aus Geld und Rauch und Lampenlicht. Ich sah ihnen nach: Allison hatte sich eng an Jay geschmiegt, der, den Karton unterm Arm, die Zigarre in der Tasche, dem Ausgang zustrebte. Gegen meinen Willen, trotz meiner Zuneigung zu Allison, mochte ich ihn. Manchmal findet man jemanden einfach spontan sympathisch. Genau besehen war das ein weiterer Grund, warum das Ganze weiterging. Das war die Erklärung, die ich mir selbst oder jemandem anderen gegeben hätte. Aber die Wahrheit ist komplizierter; wenn ich auch nicht erkennen konnte, ob sie auf - oder abwärts gerichtet war, so spürte ich doch die Steilheit von Jays Flugbahn - und die ungeheure Geschwindigkeit, mit der sie auf einen Zielpunkt zusteuerte, den ich unbedingt mitbekommen wollte. Das ist dieselbe emotional befrachtete Anziehung, die Politiker und Footballtrainer und Filmregisseure hervorbringt. Ihre Gläubigen glauben. Man mag den Betreffenden nicht nur, man möchte etwas über ihn herausfinden, etwas enorm Wichtiges und wahres - man möchte sehen, ob er gewinnt oder verliert, lebt oder stirbt.

Ich hatte mein kleines Scharmützel mit Gerzon genossen, das Gefeilsche um hohe Summen, den unerwarteten Sprint auf zugewucherten Denkbahnen. Ich hatte ein wenig an der alten beruflichen Gemeinheit geleckt, am Gift der Gerissenheit - und es hatte gut geschmeckt.

Ein richtiges Problem, das nach einer Lösung verlangte. Eine Lösung erfordert einen Kunstgriff, und ein Kunstgriff bedeutet ein Spiel. Wie ich an diesem Abend bereits bewiesen hatte, hatte ich einmal etwas von Problemen und Kunstgriffen verstanden, und etwas in mir war froh über eine weitere Herausforderung.
In dieser Hinsicht war ich ein Dummkopf. Ich hatte vergessen, dass jedes richtige spiel gegen einen Gegner, oder auch gegen zwei gleichzeitig, gespielt wird, und dass dabei im Hintergrund der Zufall dem einen oder dem anderen die besseren Chancen zuteilt. Wer gewonnen und wer verloren hat, ist oft schwer festzustellen, oder es geht unentschieden aus, oder das Ergebnis ist letztlich umkehrbar.

Ich glaubte, eine ganz bestimmte Sorte Mann in ihm zu erkennen, einen Mann, der vom Leben gezeichnet ist und dennoch nicht aufgibt. Ich habe ein paar von dieser Sorte kennen gelernt. Weil ein solcher Mann Schmerzen ertragen hat, weiß er, er kann mehr ertragen. Er erwartet es sogar: Leiden, so weit er es sieht, liegt in der Natur der Dinge, in der Logik des Universums. Normalerweise sind solche Männer unerbittlich, sogar selbstquälerische Arbeiter, fähig, lange Phasen der Isolation und Einsamkeit sowie Anfälle lähmender Melancholie zu ertragen. Sie weigern sich, Antidepressiva zu nehmen, sie weigern sich, zu viel zu reden; stattdessen warten und warten sie mit der Geduld einer Katze darauf, dass die Stimmung umschlägt. Sie trinken am Morgen allein Kaffee, sie rauchen auf der Veranda Zigaretten. So einer war Jay. Solche Männer glauben an Glück, sie halten nach Zeichen Ausschau, und sie vollführen private Rituale, die ihrer Verzweiflung Struktur geben und ihr Warten markieren. Sie sind relativ leicht auszumachen, aber schwer zu durchschauen, vor allem in den Jahren, in denen sich ein Mann selbst am gefährlichsten ist und die etwa mit fünfunddreißig beginnen, wenn er , falls er sich nicht schon selbst zerstört hat, seine Verluste ebenso aufzurechnen beginnt wie seine Gewinne, und die mit etwa fünfzig enden, wenn er, falls er sich nicht schon selbst zerstört hat, gelernt hat, dass die Wucht der Zeit besser behutsam und in kleinen Teilen aufgefangen wird. Zwischen diesen beiden Punkten sollte er allerdings lieber auf der Hut sein und sich wappnen für die gefährliche Reise, die ihn lockt - der Ansturm, das Streben, der hohe Anspruch, der Traum. Ja, lassen sie es mich noch einmal sagen. Stille Männer mit Träumen können gefährlich sein.

Huldigen Sie Chronos, junger Mann. Über diesen Ausspruch zerbrach ich mir eine Weile den Kopf, bis mir einfiel, dass Chronos der Gott der zeit war, was mich schließlich die unumstößliche Wahrheit simpler Chronologie begreifen ließ. Ich vergaß diese Lektion nie, und hier war sie wieder, von entscheidender Bedeutung für das Verständnis dessen, was ma Tag zuvor passiert war.

Der Augenblick hatte etwas Verletzliches und Vergängliches, und ich achtete sehr genau darauf, denn ein Mann, da sind wir uns doch einig, ist eine Art Schalentier: Da ist die gehärtete Oberfläche, die er der Welt präsentiert, das Gesicht und die Worte und das Verhalten, aber sehr oft entspricht das alles nicht annähernd dem Wesen unter der Schale. Mit gehörtet meine ich zusammenhängend. Angriffe abwehrend und fähig, von anderen anerkannt zu werden: ich meine nicht unveränderbar - ganz im Gegenteil. Aber die Schale ist immer da, sie wächst von innen nach außen, blättert ab, bricht weg, und der bebende Glibber darunter bleibt größtenteils vorborgen. Der äußere Schein ist weniger irreführend als unvollständig. Was man sieht, ist , was man kriegt, aber was man nicht sieht, ist ebenfalls, was man kriegt. 'Einen Augenblick schien Jay schalenlos, nicht daran interessiert, sich vor meiner Musterung oder meinem Urteil zu schützen.

Die Nase betonte den schönen und enormen Mund der Frau, einen Mund, der alles verhieß, eine Höhle der Lust, die auch die glühendsten Dränge aufnähme, solange nur für das Wohlergehen seiner Besitzerin gesorgt wäre.

Es war nur ein Bluff, eine Maßnahme, um sich jemandes Aufmerksamkeit zu versichern. Ja, dafür gedacht, einem die Säure in die Kehle hochsteigen zu lassen, dafür gedacht, einen daran zu erinnern, dass Fehler kostspielig sind und Angstmache weiß Gott sehr billig. Aber selbst solche aufgeplusterten Manöver haben es nun einmal so an sich, das sie den Betroffenen still und leise den Nerv zeihen; solche Rechtsstreitigkeiten zu gewinnen ist teuer, und sie zu verlieren eine Katastrophe, sie werden Bestandteil Ihrer psychischen ´Geschichte, sie zwängen Ihr Leben in ein Raster aus Anträgen und Gesuche und Gerichtsterminen. Aber schlimmer noch, ich fürchtete den unbekannten Zusammenhang zwischen Herschel, die gefrorenen Augen zu einem dunkeln Himmel erhoben, und Marcenos diszipliniertem Zorn. Alte schwarze Farmhelfer mich sechzigjähriger Berufserfahrung enden nicht ohne Socken in einem Schneesturm auf einer Planierraupe.

Was er wollte, schien so nah, das seine natürliche Vorsicht Ballast für ihn wurde und er sie über Bord warf.

Allison antwortete nicht und nahm stattdessen einen weiteren kräftigen Schluck Whiskey, und als sie ds Glas abstellte, hatte sich in ihrer Miene etwas verändert, ihre bittere Enttäuschung war von der Sehnsucht darunter abgelöst worden. Mir wurde schockartig bewusst, wie stilles im Raum war; all die normalen Geräusche des Restaurants, der Staubsauger und das Stimmengewirr, waren weg. "Ach, Bill", hauchte sie und schob das Haar aus ihrem Gesicht. "Ich weiß einfach nicht. " Sie war, sah ich , eine der Frauen, denen ihre Sexualität nicht peinlich war. dass sie mit einem Mann über einen anderen Mann gesprochen hatte, hieß nicht, dass sie einen von beiden, oder überhaupt jemand Bestimmten, vorzog. Der Mann - egal, welcher, war temporär, das Verlangen permanent, die Leere unerträglich. Der Mann war etwas, was eine Zeit lang ins Bild passte - eine Nacht, einen Monat, eine veränderbare Selbstwahr-nehmung. Das ist ein gefährlicher, attraktiver Zug an einer Frau. Als Mann sieht man, dass sie in der Lage ist, den letzten Kerl schnell zu vergessen. Was ermutigend ist. Sie ist in der Lage, sich in eine alles auslöschendes Leidenschaft zu katapultieren, eine Leidenschaft, die imstande ist, ihre eigene Oberflächlichkeit zu vergessen. Natürlich heißt das, dass man auch selbst leicht vergessen werden wird. aber das ist später und danach. Ich würde gern sagen können, dass ich all diese Dinge i diesem Moment klar in meinem Kopf hatte. Aber das war nicht der Fall. Stattde3ssen beobachtete ich, wie Allison ihren Blick, fast herausfordernd, wieder auf mich warf und wie ihr diffuses Verlangen in eine Art wütendes Bedürfnis überging, das sich in alles Mögliche verwandeln konnte, ihr Mund verzogen, ein wenig grausam, sogar ein wenig hässlich, doch dann schloss sie die Augen und seufzte. Sie öffnete die Lippen und atmete schwer. "Bill?", hauchte sie. Sie zog erwartungsvoll die Augenbrauen hoch. "Komm her!"

Sally Cowles war ziemlich hübsch, schien sich dessen aber größtenteils noch nicht bewusst zu sein. Später würde es ihr Leben zweifellos komplizieren. Das tut Schönheit immer.

Es liegt in der Natur der Menschen, das zu wollen, was sie nicht haben können, aber ihm musste es mit der unschuldig an seinem Ohr flötenden Stimme seiner Tochter so erschienen sein, dass alles möglich wäre, nachdem er einmal so weit gekommen war.

Sie war eine stolze Frau, Allison Sparks. sie hatte einen tollen Job und  ein unabhängiges Leben, eine Menge Geld und ein komisches kleines Drogenlaster, weshalb sie im Großen und Ganzen zu wissen glaubte, wie der Laden lief, vor allem, was Männer anging, denn im Grunde ihres Herzens, vermutete ich, traute sie ihnen nicht. Und hier hatte sie nun den Beweis, dass ihr ihre Eitelkeit und Vernarrtheit den Blick auf die Wahrheit verstellt hatten, und diese Wahrheit sah so aus, dass ein Mann, den sie sehr mochte, sie nicht attraktiv gefunden hatte, sondern sie nur deshalb in diesem Glauben gelassen hatte, um aus ihrem Fenster schauen zu können.

Das sind die tiefen Zwänge des Menschseins, und diejenigen von uns, die Eltern sind, spüren die Unbeirrbarkeit des Fleisches, auch wenn wir wissen, dass wir selbst scheitern werden. Das rhythmische Hinwegmähen der vorangegangenen Generation zwingt unsere Aufmerksamkeit auf unsere Kinder, denn wenn wir unsere Kinder nicht haben, dann haben wir, wohl wissend, dass wir dem Untergang geweiht sind, überhaupt nichts. Menschen, die keine Kinder haben,w ehren sich oft heftigst gegen den Gedanken, dass sich ihr Leben auf einer ganzelementaren Ebene vom Leben derer unterscheidet, die Kinder haben.

Und ich glaube, das ist in allen von uns. Auch in Jay Rainey. Der Wille zu leben. Nach dem Leben streben ist immer vor dem Tod fliehen, und dazu gehören auch Morde, an denen man irgendwie mitschuldig ist, und dieses Streben nach Leben ist nicht nur Grundvoraussetzung für das Überleben der Art, sondern auch ein mutiges Ankämpfen gegen die Schrecken biologischer Anonymität.

"Die flüsternden Seelen" - Henning Mankell

Seine Erinnerungen und Gedanken waren eine Galerie, die niemand außer ihm selbst betrat.

Diese Fähigkeit war ihm noch nicht abhanden gekommen. Noch konnte er die segel für seine Träume hissen und auf dem rätselhaften Meer der Zeit zurückkehren.

Sie wusste, dass ein Mensch Zeit brauchte, um eine Reise zu beenden. Erst kamen die Beine an, dann das Herz und schließlich hatte auch der Kopf das letzte Wegstück geschafft und war zu Hause.

Träume treffen sich wie Winde, dachte er, unsichtbar über unseren Köpfen.

"Die italienischen Schuhe" - Henning Mankell

Früher im Leben, im Zusammenhang mit der großen Katastrophe, wurden die Verzweiflung und der Zorn so stark, dass ich erwog, Schluss zu machen. Doch ich habe es nie versucht. Die Feigheit ist mein treuer Begleiter. Damals wie heute denke ich, dass es im Leben darum geht, nicht loszulassen. Das Leben ist ein dünner Ast über einem Abgrund. Daran hänge ich, solange ich die Kraft dazu habe. Dann stürze ich ab, und ich weiß nicht, was mich erwartet. Gibt es jemand da unten, der mich auffängt?Oder ist es nur eine kalte und harte Dunkelheit, die mir entgegenrast?

Ich versuchte mich zu erinnern, wie unser Abschied, der kein Abschied gewesen war, sich eigentlich an jenem Frühlingsabend vor siebenunddreißig Jahren abgespielt hatte. Wir waren über die Strömbron gegangen, waren dem Skeppsbrokajen gefolgt und dann weiter über Slussen. worüber hatten wir geredet? Harriet hatte von ihrem Tag im Schuhgeschäft erzählt. Sie liebte es, von ihren Kunden zu erzählen. Sogar ein Paar Galoschen und eine Dose Schuhschwärze konnte sie in ein Abenteuer verwandeln. Erinnerungen an Ereignisse und Gespräche tauchten wieder auf. Es war, als hätte sich ein Archiv, das lange geschlossen gewesen war, in mir geöffnet.

... ließ Hund und Katze herein und ging zu Bett. Doch ich konnte nicht schlafen. Die Tür zur Vergangenheit, die ich fest verschossen glaubte, stand offen und schlug. Es war als hätten Harriet und die Zeit mit ihr mich wie eine kräftige Windbö erfasst.

"Man bekommt ständig Versprechen", fuhr sie fort. "Man gibt selber Versprechen. Man lauscht den Versprechen anderer Menschen. Politikern, die von einem besseren Leben für die Alternden sprechen, von einer Krankenpflege, bei der niemand wundgelegene Stellen bekommt. Von Banken, die Versprechungen über höhere Zinsen machen, Lebensmittel, die eine Gewichtsabnahme versprechen, und Cremes, die ein Alter mit weniger Falten garantieren. Das Leben ist nichts anders, als mit seinem kleinen Boot zwischen einem wechselnden, aber nie versiegenden Strom von Versprechungen zu kreuzen. Wie viele von diesen Versprechungen hat man im Gedächtnis? Man vergisst das, woran man sich erinnern will., und erinnert sich an das, wovon man sich am liebsten befreien will. Gebrochene Versprechen sind wie Schatten, die in einer Dämmerung herumtanzen. Je älter ich werde, um so deutlicher sehe ich sie. Das schönste Versprechen in meinem Leben war das von dir, als du mir diesen Waldteich versprochen hast. Ich will ihn sehen und träumen, dass ich darin schwimme, ehe es zu spät ist.

"Ich habe versucht zu vermeiden, mich von Versprechungen verlocken zu lassen. Man wird so leicht betrogen."

Es gibt Patienten, deren Brieftaschen ich gründlich untersucht habe. Geld nahm ich nicht. Es war etwas anderes, was mich interessierte. Die Geheimnisse. Die schwachen Punkte der Menschen. Etwas zu wissen, ohne dass der andere wusste, dass ich es wusste.

Mir fiel ein, wie sie davon gesprochen hatte, dass das Leben dem Verhältnis des Menschen zu seinen Schuhen gliche. Man könne nicht hoffen oder sich einbilden, dass sie passten. Schuhe, die drückten gehörten zur Wirklichkeit.

"Ein Mann weiß zuinnerst immer, ob er Kinder hat oder nicht. Aber du bist zurückgekommen. Louise ist froh. Das ist alles, was ich wissen muss. Sie hat lange genug darauf gewartet, das du durch den Wald gegangen kommst. Vielleicht bist du in all diesen Jahren auf dem Weg gewesen, ohne es zu wissen? Es ist genauso leicht, sich in sich selbst zu verirren wie auf Waldpfaden oder in Städten."

"Du wirst nie verstehen, was es für einen Menschen, der es liebt zu schwimmen, bedeutet, wenn er aufhören muss. Ich habe mir vorgestellt, dass ich dich eines Tages ausfindig machen und deinen Arm mit einem richtig stumpfen Messer abschneiden würde. Ich würde dich in Stacheldraht wickeln und im Meer versenken. Aber jetzt, wo ich dich sehe und höre, verschwindet all das. Man kann den Hass nur für eine begrenzte Zeit als Triebkraft nutzen. Er kann einem eine Art illusorische Kraft geben, ist aber trotzdem in erster Linie ein zehrender Parasit.

Ich glaube nicht an Gott. Aber man muss sich seine Götter schaffen, wenn man sie braucht.

"Du, der so viel gelogen hat, hast nicht einmal gelernt, wie man das macht. Das meiste, was man sagt, muss wahr sein. Sonst wird die Lüge unhandlich..."

"Der Fluch des Khan" - Clive Cussler

Hunt jedoch, der das ganze Geschehen von der Grabungsstätte in Nordwestchina aus verfolgte, nicht weit von der Mandschurei entfernt, schien eine geradezu diebische Freude an dem Durcheinander und der drohenden Gefahr zu haben. Für Geschehnisse von großer Tragweite hatte er fast ebenso viel übrig, wie für Altertümer. Er wusste, dass hier, in diesem Augenblick, Geschichte geschrieben wurde - und er steckte mittendrin.

 

"Der Kunsthändler" - Hans Graf von der Goltz

Historiker und Kriminalisten haben manches gemeinsam. Beide bemühen sich, Ereignisse der Vergangenheit aufzuklären, über die ganze Schichten von Lügen, Missverständnissen, Fehldeutungen gewachsen sind. Ein Gestrüpp. Und niemand ist da, der  den Weg hindurch kennt. Meistens ist das Ergebnis eine Überraschung. Es liegt oft weit entfernt von dem vermuteten Ziel. Stellen Sie sich vor, Herr Carlson, Sie hätten die Aufgabe, die Hintergründe eines großen geschichtlichen Ereignisses aufzuklären, die Frage, wie es dazu gekommen ist. Ein Krieg zum Beispiel. Könnten Sie sich vorstellen, Sie würden mit der Frage beginnen: Wer hat zuerst geschossen?"
"So fragen seit der Antike nur die Sieger", sagte Walter, "und geben sich selbst gleich die Antwort, nennen einen, auf den man mit dem Finger zeigen kann - zur Legalisierung ihrer eigenen Verbrechen. Man schlägt ihm den Kopf ab. Sein Tafelsilber, seinen Goldschatz, seine Frauen trägt man im Triumphzug nach Hause, nachdem man sein Haus eingeäschert hat. Anschließend bemüht man den Historiker als Eideshelfer."

"Tatsächlich versuche ich mich seit langem nicht nur an der Geschichte Gustav Schneiders. sie ist Teil der Geschichte seiner Familie. Kein Historiker könnte an ihr vorbei gehen. Sie reicht in einigen Zweigen zurück bis in die Vorreformationszeit. Das Schicksal der jeweiligen Protagonisten war oft auf das engste verflochten mit dem Gang der Geschichte. Gustav Schneider bildete da keine Ausnahme. Das gerade macht die Darstellung seiner Biografie kompliziert. Sie gleiten mir immer wieder aus den Händen. Mit den äußeren Daten, dem Ablauf von Ereignissen - sie sind schwierig genug zu erfassen - ist es nicht getan. Es sind die vielfältigen, oft widersprüchlichen Facetten seiner Persönlichkeit, die mich immer wieder scheitern lassen. Nein, Herr Suchow, ich fürchte , ich kann Ihnen nicht helfen. Ich könnte Ihnen allenfalls einzelne Episoden erzählen, amüsant, eindrucksvoll, erschreckend vielleicht, aber zusammenhanglos. Was könnten sie damit anfangen?"

Eine schönes Gesicht, eine gute Figur machen begehrenswert, aber nicht vertrauenswürdig."

Vertrauen lässt sich nicht vererben.

Charm ist ein beliebter Köder

"Ich bin auch nur ein Mann. Und Sie sind eine sehr attraktive Frau. Da kann einem schon mal so ein Teufelchen ins Ohr flüstern: Nimm sie dir doch einfach! Keine Angst! Ich habe gelernt, mich zu zügeln. Wenn ich eine Frau begehre, will ich sie verführen."

Das kokette Spiel von Verführung und Verweigerung.

Er schob den Gedanken von sich, schämte sich für ihn. Doch der Gedanke kümmerte sich nicht um seine Scham. Er baute sich breitbeinig vor ihm auf.

Sie wird immer befürchten, dass meine Stärken ihre vermeintlichen Schwächen offenbaren und sie in eine Rolle zurückwerfen könnten, in der sie sich nicht mehr sehen möchte.

Ich weiß: Man mag den Autor nicht. Denn der Autor all dieser Geschichten war der Geist der Zeit, an die niemand erinnert werden möchte. Man gedenkt allenfalls. zum Erinnern jedoch war jene Zeit zu sperrig.

Zwischen der Wahrnehmung und der Wahrheit liegt das Land der Fantasie.

Fantasie speist sich aus der Wahrnehmung. Und die Wahrnehmung enthält genug Reste, Fetzen, dass sich daraus ein Teppich knüpfen lässt, dessen Muster ein stück Wahrheit enthält.

Ein neuer Lebenstraum - eine neue Illusion von Dauerhaftigkeit - erfüllt sich. Die Welt lebt nicht vom Konservieren überholter, sondern von der Geburt immer neuer Träume.

Recht und Gesetz sind nicht immer identisch, leider.

"Die Offenbarung" - Robert Schneider

"Der Kuss sei passabel gewesen, nur etwas zu feucht. #er solle sich keine Hoffnungen machen. Da war es schon zu spät. Er hatte sich in das eindruckvoll geformte Mädchen verliebt. Vier Jahre lang liebte er Eva still und unglücklich, selbst dann noch, als sie die größte sportliche Hoffnung Naumburgs heiratete, den Brustschwimmer und Lagenspezialisten Max Frank, de sogar an den Olympischen Spielen teilnahm und Silber holte.
Während der eine zum Ruhm der DDR schwamm, tauchte der ander unter und komponierte zu Ehren des Allerhöchsten, an den er nicht wirklich glaubte, es sei denn durch die Musik Johann Sebastian Bachs..."

"Irgendwann gewöhnt man sich an die Hölle. Man will gar nicht mehr in den Himmel".

"Tote können einen nicht enttäuschen. Die Lebenden sind es, in denen wir uns täuschen."

"Die Wahrheit beißt bekanntermaßen auf das empfindlichste."

 

"Dunkler Jasmin" - David Lambkin

"Er war ein wenig untersetzt, strahlte die Nervosität des überlasteten Perfektionisten aus, trug eine schwarze Hose, die vor Alter glänzte, ein kürzärmeliges Hemd und beige Schuhe.

Politiker sind letztendlich immer Pragmatiker. Macht und Geld sind ihre Götter"

Die Gesichtszüge waren typisch angelsächsisch: knochig, ehrlich, nüchtern, langnasig. Er wirkte wie ein ernster Kirchenvorsteher oder wie ein ältlicher, gelehrter Colleg-Dozent. Gelassen ruhte der blick seiner blauen Augen auf mir. Der Mund, eine zusammengepresste, schmale Linie, zeugte von feierlichem Bewusstsein und seiner Bereitschaft, die Bürde des weißen Mannes auf sich zu7nehmen. Wie Gott würde er ebenso gleichgültig Ehrungen aussprechen oder Todesurteile verhängen.

Ein verlockender Hauch des Verruchten haftete ihr an, er zeigte sich in ihren archaischen Augen, ihrem Kleinmädchengesicht mit den süßen Grübchen, die nicht zu ihrem versierten Hexenblick passen wollten. Und sie liebte die Macht. Deshalb trug sie den Nachtjasmin; nicht weil sie dessen Duft mochte, sondern weil dieser Penbroke schwach machte.

Ich hatte nichts dagegen, allein zu sein. Nach dem Tod meines Vaters hatte ich bereits als Kind gelernt, allein zu sein; Einsamkeit aber war etwas ganz anderes und wurde durch meinen leidenschaftlichen Wunsch nach Vertrautheit geweckt.

ich habe Büffel immer gemocht. Ich mag sie wegen ihrer Furchtlosigkeit, ihres unbeirrbaren Mangels an Eleganz, ihres wiederkäuenden Gleichmuts. Selbst nervöse alte Bullen sind meistens friedlich und ungefährlich. Aber wer jemals ein angeschossenes oder verwundetes Tier gesehen hat, der weiß. dass es kein Tier gibt, das mutiger, aggressiver oder schneller ist als ein tonnenschwerer Büffel, der unter Schmerzen leidet und von unbändigem Zorn getrieben wird.

Man sollte nur dann mit jemandem schlafen, wenn es kein bewusster Willensakt ist, sondern sich anfühlt, als sei es vom Schicksal vorher bestimmt. Bei Sabine war es weder das eine noch das andere: Sie schien lediglich ein bezauberndes, zufälliges Ereignis zu sein.

Aberglaube ist Feigheit im Angesicht des Göttlichen [Theophrast]

Im besten Fall schließen wir mit dem Leben einen Kompromiss und vergessen darüber, dass es mit dem Tod keinen Kompromiss gibt.

Zögere nicht, die Zeit könnte knapp werden. [Jabir ibn Hayyan]

Die wurzeln des Bösen liegen in der Unfähigkeit, sich in einen anderen hineinzuversetzen.
Das Böse manifestiert sich im Alltäglichen. Man sieht weg, findet Ausflüchte, verrät jene, die einem nahe stehen, hat es aufs Geld anderer abgesehen. Das Böse beginnt mit Neid und Eifersucht, mangelnder Großzügigkeit und böswilligen Gedanken. So einfach und so schrecklich trivial ist das Böse. Aber das Triviale wächst und infiziert das ganze Wesen, bis man eins Tages aufwacht und feststellen muss, das man ein Anhänger des Teufels ist. Das Böse steckt in uns allen. Der Sultan führt es uns nur deutlich vo0r Augen."

Champagner: Bei einem Sieg hat man ihn sich verdient und bei einer Niederlage hat man ihn nötig.

Schmetterlinge sind eine Metapher für das Leben. Schön flüchtig, zerbrechlich und unbegreiflich

"Der Zahir" - Paulo Coelho

"...Er fragte noch vorsichtiger, ob sie wegen meiner Affäre mit ihrer Freundin Verdacht geschöpft habe. Ich sage, es sei das erste und das letzte Mal gewesen, dass wir miteinander geschlafen hätten. Von einer Affäre könne keine Rede sein, es sei in Wahrheit nur zufällig passiert. Es sei ein langweiliger Tag gewesen, nach dem Mittagessen habe es nichts zu tun gegeben. Das Spiel der Verführung trage bekanntlich dazu bei, dass man sich lebendig fühlt, und aus diesem Grunde seien wir im Bett gelandet. [...] "Manchmal ergibt es sich eben. Es passiert gerade nichts Interessantes, die Frau ist auf der Suche nach Emotionen, ich bin auf der Suche nach einem Abenteuer, und schon ist es geschehen. Am nächsten Tag tun beide so, als sei nichts gewesen, und das Leben geht weiter."

.."Angenommen, sie hat einen anderen Mann getroffen. Diese annahme kann ich nicht beurteilen. Aber es ist die einzige Hypothese, die einen Sinn ergibt. Doch ich kann das nicht hinnehmen, ich kann nicht hinnehmen, dass sie einfach so geht, ohne mir wenigstens zu sagen, warum. Sowohl Esther als auch ich waren immer stolz darauf, alle Schwierigkeiten im Leben gemeinsam anzugehen. Wir haben gelitten, uns aber niemals angelogen - auch wenn es zu den Spielregeln gehörte, den einen oder anderen Seitensprung zu verschweigen."

Bis ich eines Morgens aufwache, feststelle, dass ich an etwas anders denke, und begreife, dass das Schlimmste nun vorbei ist. das Herz ist verletzt, aber es ist dabei, sich zu erholen, und sieht wieder, dass das Leben schön ist. Das ist schon früher passiert, das wird wieder passieren, da bin ich mir sicher. Wenn jemand geht, heißt das jemand anderes wird kommen - un dich werde eine neue Liebe finden.

"Ich heirate meine erste Frau. Sie ist älter als ich, ich lerne viel von  ihr - Liebe machen, Auto fahren, Englisch, lange schlafen - , aber dann trennen wir uns doch, weil ich, wie sie meint, "emotional unreif, hinter jedem Mädchen mit großen Brüsten her" sei. Ich heirate ein zweites und ein drittes Mal, Frauen, von denen ich glaube, sie könnten mir innere Stabilität geben: Ich bekomme, was ich möchte, finde aber heraus, dass die erträumte Stabilität mit einer tiefen Langeweile einhergeht."


"Das ist sehr gut, denn das Universum übernimmt es, unsere Fehler zu korrigieren."
"Willst du damit sagen Esthers Verschwinden sei eine Art >Korrektur<?"
"Ich glaube nicht an die heilende Kraft des Leidens und des Unglücks. Leid und Unglück gehören zum Leben, aber sie sollten nicht als Strafe gesehen werden. Meistens zeigt uns das Universum, dass wir auf dem falschen Weg sind, indem es uns wegnimmt, was uns am wichtigsten ist: unsere Freunde.

"Wo liegt Kasachstan?" fragt der Vertreter. Selig sind die, die nicht fürchten, zu zeigen, dass sie etwas nicht wissen.

Du hast immer gesagt, die vollkommene Freiheit gebe es nicht: Es gebe die Freiheit, etwas zu wählen, doch wenn man seine Wahl getroffen habe, müsse man zu seiner Entscheidung stehen.

Als ich nichts mehr zu verlieren hatte, habe ich alles empfangen. Als ich aufhörte, der zu sein, der ich war, habe ich mich selber gefunden. Als ich Erniedrigung erfuhr und dennoch meinen Weg weiterging, habe ich begriffen, dass ich fei war, mein Schicksal zu wählen....

Weine nicht, sagte der Meister, sobald er sich wieder erholt hatte.  Ich habe gelitten, aber ich habe mir auch meinen Wunsch erfüllt.

Leid sollte man besser akzeptieren, denn es verschwindet nicht einfach, wenn man es ignoriert. Auch Freude sollte man lieber akzeptieren, selbst wenn man fürchtet, sie könne eines Tages enden.

Wenn ich so reagiere, wie es die Leute von mir erwarten, dann mache ich mich zu ihrem Sklaven. Es bedarf einer ungeheuren Selbstbeherrschung, um dies zu vermeiden, denn man hat immer den Hang, jemandem gefallen zu wollen - vor allem sich selber.

Nur die Bettler täten nicht so, als seien sie zufrieden - sie würden im Gegenteil ihre Traurigkeit zeigen.

Falsch ist die Art, wie wir uns unsere Liebe zeigen. wenn wir akzeptieren würden, dass Einstein sagte schon: "Ich kann nicht glauben, dass Gott mit dem Universum würfelt." Alles ist miteinander verbunden und hat einen sinn. Obwohl dieser Sinn meist verborgen bleibt, wissen wir, dass wir unserer wahren Mission auf Erden nah sind, wenn unser Tun von der Energie der Begeisterung durchdrungen ist. lieben Probleme schafft, könnten wir mit diesen Problemen leben und glücklich sein.

Ich habe immer zugleich Abenteuer und Sicherheit gesucht - obwohl ich wusste, dass beides nicht zusammenpasst. Obwohl ich sicher war, Esther zu lieben, verliebte ich mich auch immer schnell in ander Frauen - nur weil es auf der Welt nichts Spannenderes gab als das Spiel der Verführung.

Man muss immer wissen, wann ein Lebensabschnitt zu Ende geht. Indem man Kreise und Türen schließt, Kapitel abschließt Gleichgültig, wie man es nennt, wichtig ist, dass man die Augenblicke des Lebens, die bereits vergangen sind, in der Vergangenheit belässt.  [...] Diese letzten zwei Jahre, die mir bisher wie eine endlose Hölle vorgekommen waren, begannen mir ihre wahre Bedeutung zu enthüllen.

Ich habe immer ihr Licht, ihre Energie absorbiert, die mich glücklich und sicher machten, mich in die Lage versetzten, meinen Weg weiterzugehen. Sie dagegen schaute mich an und fühlte sich hässlich, herabgewürdigt, weil in dem Maße, wie die Jahre vergingen, meine Karriere - diese Karriere, für deren Verwirklichung sie so viel getan hatte - unsere Beziehung auf den zweiten Platz verwies.

Wir müssen vergessen, wer wir zu sein glauben, um die zu werden, die wir sind.

Ich fragte sie, ob sie schon einmal einen anderen Mann dabei ertappt hätten, wie er heimlich in das Dekolleté ihrer Frau gelinst habe. [...] Beide meinten, es sei ein prickelndes Gefühl, wenn die eigene Frau von einem anderen Mann begehrt würde.
Sollte dies ein von allen Männern in ihrem Herzen gehütetes Geheimnis sein?

Die Steppe antwortete mir mit dem unaufhörlichen Wehen des Windes. Und das genügte mir - das Wissen, dass die grundlegenden Fragen im Leben nie eine Antwort erfahren werden und wir dennoch weitermachen können.

Denn letztlich ist, wie ein persischer Weiser gesagt hat, die Liebe eine Krankheit, von der sich niemand befreien will. Wen sie erfasst, der versucht nicht, gesund zu werden, und wer leidet, will nicht geheilt werden.

 

Feminine Seite:
Die Fähigkeit, Zeichen zu lesen und Liebe einzusetzen, wo Männer Waffen gebrauchen.

"Am Ende war die Tat" - Elizabeth George

"...Kendra beäugte Ness, genau wie umgekehrt. Beide sahen für einen kurzem Moment die Gelegenheit, die sich ihnen bot. Für Kendra war es die Einladung, in die Mutterrolle zu schlüpfen, die ihr versagt geblieben war. Für Ness war es ein ebenso flüchtiger Blick auf ein Vorbild, auf einen Menschen, zu dem sie selber einmal werden konnte. Sie weilten sie beide einen Augenblick fern der Realität in einem Land der Möglichkeiten. Dann erinnerte Kendra sich an alles, was sie in ihrem Leben unter einen Hut zu bringen versuchte, und Ness entsann sich dessen,was sie so verzweifelt vergessen wollte..."

"... Erfahrung - vor allem die zweiter Ehen - hatte Kendra gelehrt, dass nur sie allein dafür verantwortlich war, wenn das Leben nicht zu ihrer Zufriedenheit verlief. Wenn sie ihr Alter spürte und die Last einer Verantwortung, die sie nicht haben wollte, lag es allein bei ihr, etwas dagegen zu unternehmen. Kendra wollte etwas tun, wollte sich der Gruppe transpirierender  Zwanzigjähriger anschließen und tanzen. Doch der Alkohol, den sie zuvor getrunken hatte, dieses chemische Depressivum, verhinderte, dass sich ihre Stimmung besserte. Und auch ihr Sekundärziel, nämlich jemanden zu finden, mit dem sie am Ende des Abends ins Bett steigen konnte, rückte in unerreichbare Ferne..."

"... In kürzester Zeit fand Kendra sich genau dort wieder, wo sie nie hatte hinkommen wollen. Sie hatte immer Frauen verachtet, die bei dem Gedanken an einen Mann einfach zerflossen, und jetzt war sie selbst auf dem besten Wege dorthin. Sie verhöhnte sich selbst für ihre Gefühle, doch der Gedanke an Dix D'Court war so dominant, dass sie nur beten konnte, der Fluch ihrer eigenen Sexualität möge weichen. Doch sie betete vergebens.
Sie war nicht so einfältig, das, was sie für den jungen Mann empfand. Liebe zu nennen, wenngleich andere Frauen das vielleicht getan hätten. Sie wusste, im Grunde war es nur das Animalische, jener Trick einer jeden Spezies, sich zu erhalten. Doch die Intensität dessen, was in ihrem Körper vorging, konnte diese Erkenntnis nicht mildern. Das Verlangen brachte in ihr seine heimtückische Saat aus und ließ ihre hochgesteckten Ziele in weite Ferne rücken..."

"Manchmal begegnet man Dingen im Leben, die größer sind als Träume. Wichtiger. Du und ich, wir heiraten, und ich geh arbeiten. Wir könnten in ein größeres Haus ziehen, mit genügend Zimmern für .."

"Die größte Sünde ist, einen schatz liegen zu lassen, wenn man ihn gefunden hat. Das Problem ist, dass die meisten Menschen den ihren nie finden. Sie definieren nur das las einen Schatz, was sie sehen können, denn das ist es, was man sie lehrt: den Ausgang der Dinge zu betrachten. Das Zeil. Was sie nicht erkennen, ist, dass der Schatz in dem Prozess liegt, im Wg. Darin, was man mit dem anfängt, was man hat. Nicht darin, was man anzuhäufen vermag."

"Was sie nicht sagte und nie hätte in Worte kleiden können, war, was Neal Wyatt in ihren Augen darstellte; einen Heathcliff der Gegenwart, einen Rochester, oder hundert andere dunkle Heldengestalten der Literatur, auch wenn er in Hibahs Vorstellung eher den geheimnisvollen, unauslotbaren und unverstandenen Helden darstellte, der in modernen Liebesromanen zu finden war, Im Fernsehen oder in Kinofilmen. Sie war, mit anderen Worten, ein Opfer des Mythos, der Frauen seit der Zeit der Troubaddoure aufgezwungen wurde: Liebe überwindet alles, die Liebe errettet, und sie erduldet alles.

 

"Das stille Mädchen" - Peter Hoeg

"...Kaspar trat ans Bett. Umfasste den mächtigen, Kahlen Schädel und zog ihn an sich. Er lauschte der Tragik, welche die meisten Menschen umlagert. Dem Geräusch all dessen, das werden könnte und nie wird."

"...Wir konnten es beide merken. Dass er verstand, dass die Sehnsucht zuweilen größer ist als der Mensch. Und der Mensch zugrunde geht, wenn man sie stoppt. .."

"Für  Momente wie diese liebe ich ihn", sagte er. Die Situation war gewissermaßen volltönend. Und wenn's am schönsten ist, soll man gehen. Er stieg aus dem Wagen. Sie stieg auf ihrer Seite aus und ging um den Kühler herum. "Und außerhalb dieser Momente", sagte sie, "was war da?" In punkto Verliebtsein hatte er sich wohl doch geirrt. Wer fünfundsechzig ist, will mehr, ein größeres Ganzes."Da versuchten sie sich gegenseitig den Kopf abzureißen", sage er. "Außerhalb dieser Momente gab es Mord und Totschlag ohne Ende."

"Wenn einem nichts mehr weggenommen werden kann, ist man frei."

"Das Vagabunden Dasein funktioniert bis zum vierzigsten Lebensjahr", sagte der Verwalter. "Danach braucht man eine feste Adresse, um die Talfahrt zu stoppen. vor allem, wenn sie so rasant ist wie deine."

Badeten das Leiden in goldenem Licht.

"...Er setzte sich aufs Bett. Er trank langsam. Die dunkel bernsteinfarbene Flüssigkeit hatte alles: Sie beruhigte und sättigte, sie besaß Klarheit und Ekstase. Sie betäubte die schwachen Nerven und stimulierte die gesunden. Er hob das Glas und ließ es das letzte Licht brechen, das durchs Fenster fiel. Nichts glich dem Licht des Aprils. Es hatte eine charmante, optimistische Unzuverlässigkeit wie eine überreizte Hand beim Pokern. Es gab ein versprechen auf den Frühling ab. ohne sicher zu sein, es einlösen zu können.."

"...Nicht Hammerhiebe, sondern der Tanz des Wassers rundet den Kiesel zur Schönheit."

"...Das Glück", sagte er, "handelt nicht so sehr davon, was man zusammengekratzt und auf die Beine gestellt hat, sondern was man hat loslassen können...."

"... Man kann nicht um etwas beten", sagte er, "jedenfalls nicht um andere Noten. Nur darum, diejenigen, die man hat, so gut wie möglich zu spielen."
Es war ein würdiges Schlusswort und ein würdiger Abgang gewesen, tränenblind war er in die Nacht hinausgestrebt, es hatte sich angefühlt, als sänge er Wotans Abschiedsszene mit Brunhilde. Danach hatte der Morgen gegraut, und er hatte entdeckt, dass die Liebe nicht vergeht, wenn sie erst einmal da ist, wenn die Sonne aufgeht und der Vorhang fällt, sie dauert an. Jetzt waren zwanzig Jahre vergangen, und irgendwie hielt sowohl die Freude darüber, dass es sie gab, als auch die Trauer darüber, dass nicht mehr daraus werden konnte, unvermindert an..."

"...Seine Kindheit hatte er als eine Zeit im Gedächtnis, ind er man alles alles problemlos besuchen konnte, Menschen wie Institutionen. Seitdem war abgesperrt worden, jetzt überwachen wir uns alle gegenseitig. aber womöglich spielte ihm sei Gedächtnis auch einen Streich. Mit Vierzig plus arbeiten wir alle an der Vergoldung unserer Erinnerungen..."

"...Ab dem vierzigsten Lebensjahr rücken Altersheim und Leselupe jeden Tag ein Stückchen näher..."

"...Für ein Tongedächtnis wie das seine gab es keinen Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Genau das machte den Schmerz aus, nie konnte die Sehnsucht abklingen, es war tragisch, aber auch wundervoll sentimental, an seinem Todestag wäre es noch genauso schlimm, oder schlimmer.."

"...Die Liebe ist nie bedingungslos", sagte er. "Immer kommt noch ds Kleingedruckte...."

"...Liebe macht die Menschen gleichwertig. Einen Augenblick lang befanden er und sie sich auf exakt gleicher Höhe..."

"...Das Problem mit dem Zorn auf Gott ist, dass es keine höhere Instanz mehr gibt, bei der man klagen kann..."

"...Es handelt sich ja nicht um einen gewöhnliche Situation", sagte er. "Nicht um den normalen Versuch eines normalen Mannes, die Kontrolle über das Weibliche zu erlangen. Worum es hier geht, ist die Tatsache, dass die ganz Großen, Grock, Beethoven, Schubert, Frauen brauchten, die das eigene Fürsorge-Talent voll entfalteten. Auch Bach. Zwei Frauen. Und Jesus: Jungfrau Maria und Maria Magdalena. Wenn ein Mann eine künstlerische und spirituelle Mission hat, braucht er totale weibliche Ergebenheit."
Es war ein gewagter Einsatz. Aber es erfordert immer eine gewisse Risikobereitschaft, wenn die ganz großen Erfolge erzielt werden sollen..".

"...Klanglich gesehen benehmen sich Eheleute wie Wisente, Hintern an Hintern machen sie  gemeinsam Front gegen eine böse Umwelt. Holt man Zuschauer ins Scheinwerferlicht, die ihr Bestes geben sollen, muss man die Liebespartner trennen..."

"...Der eine oder andere würde vielleicht sagen, dass ein Verhältnis wie das unsrige, womöglich der Beginn einer dauerhaften Freundschaft, nicht durch Geld beschmutz werden sollte. Ich stimme dem nicht zu. Ein paar Banknoten können durchaus ein einfühlsames Akkompagnement zum natürlichen Einklang der Herzen sein..."

"...Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Das Weibliche ist ein Meer, und auch wenn man sowohl Korkgürtel als auch Schwimmring um hat, ist das Risiko des Ertrinkens überwältigend, er wollte weg von ihr. Aber das war nicht einfach, sein erigiertes Herz steckte noch in ihr, und sie hielt es fest."

"..Wer eine gute Erziehung genossen hat, liest anderer Leute Briefe nicht, er hatte nicht einmal die von Bach gelesen, die bei Groce abgedruckt waren. Und Kierkegaards Briefe nur aus akademischen Gründen. Aber will man in das Weibliche eindringen, muss man sich jeder Öffnung bedienen...!"

"Er horchte in mehrere Stapel hinein, die mit Büroklammern zusammengehalten waren. Es waren Briefe ehemaliger Geliebter, eilig verschloss er sein Gehör, ist es nicht recht eigentlich vollkommen unannehmbar, das eine Frau je einen anderen Liebhaber gehabt haben soll als uns?.."

"...Ein Polizeiwagen mit Blaulicht fuhr in entgegengesetzter Richtung an ihnen vorüber. Die Frauen waren von Kasper abgerückt, ihre Fürsorge war dahin. Was nicht anders zu erwarten gewesen war. Gregor von Palamas schreibt, dass etliche Wüstenväter sich unter anderem deshalb für das Zölibat entschieden hätten, weil sie entdeckt hatten, dass es mit der Mütterlichkeit vorbei war, sobald die Frauen ihr angestrebtes Zeil erreicht hatten..."

"...Wenn man die 42 erreicht hat, lebt man einen immer größer werdenden Teil seines Lebens in der Erinnerung..."

"...Gelegentlich sind es gerade die Erinnerungen, die uns am Leben erhalten..."

"...Für uns gibt es in Wirklichkeit kein Lebewohl, nur Wiedersehen..."

"...Das Prinzip heißt - aus dem Koptischen Übersetzt - Verbergen und Offenbaren. Die ganze Zeit ahnt man das Wasser, die Quelle. Sehen tut man sie nie. Es ist eine Art spiritueller Striptease. Es sol den Suchenden verrückt machen, vor Sehnsucht.."

"...Du bist ein großer Egoist", sagte sie. "Ich finde das positiv. Ein großer Egoist ist ein großér Sünder. Große Sünder haben die Möglichkeit für große Revue. Die Revue ist ein Sprungbrett..."

"...Wenn man es aushalten soll, in seine eigene Machtlosigkeit zu schauen, dann muss man eines getan haben; sein Äußerstes..."

"...Mit dem Ehrlichsein muss man aufpassen. Plötzlich konnte er hören, wie die Einsamkeit ihn umschloss. Er fühlte, wie sie lauschte. Er merkte, dass sie sein System in diesem Augenblick hört und verstand.."

"...Auch mit Kindern ist man ziemlich oft allein", sagte sie. "Sogar in einer Familie. Kinder verändern sich sehr schnell. Es gibt keine Stabilität. Ständig wird man daran erinnert, dass sie bald aus dem Haus gehen. -
Vielleicht stimmt es, dass die Liebe ewig währt. Aber ihr Aussehen, ihre Gestalt verändert sich die ganze Zeit..."

"...Was uns Liebhaber des Glücksspiels auszeichnet, ist der Hang für Situationen, in denen wir die Vorposten der Vernunft hinter uns gelassen und unser Schicksal dem überlassen haben, was man Zufall nennt..l."

"...Er liebte die Naturwissenschaft. Und es machte gar nichts, dass die Naturwissenschaft ihn nicht liebte. Eine Liebe, die nicht erwidert wird, kann große Tiefe haben..."

"Es ist normal", flüsterte er, "dass einem großen Liebesdurchbruch schwere Krankheit und Versehrung vorausgehen."
"Es ist normal", flüsterte sie, "dass wer nicht hören will, fühlen muss."

"Totenbucht" - Patricia Cornwell

"...Benton ist es gewohnt, dass ander Männer Interesse an ihr zeigen. Bis jetzt hat er sich noch nie darüber aufgeregt, sondern es eher amüsant gefunden und Vertrauen in ihre Beziehung gehabt. Außerdem weiß er um seine eigene Anziehungskraft und kennt das Problem sehr wohl. mit dem Scarpetta sich auseinandersetzen muss: nämlich, dass Frauen ihn anstarren, ihn wie zufällig streifen und ihn schamlos begehren..."

"... Das ist nun mal das Komische an alternativlosen Entscheidungen: Wenn man selbst keine Wahl hat, stellt man seine Mitmenschen auch vor vollendete Tatsachen..."

"... Seine Intuition ignoriert man nur auf eigenes Risiko.."

"Rache genießt man am besten kalt."

"...Für sie war die Therapie eher ein Spiel und hatte, ja , sie gibt es zu, auch einen gewissen Reiz, denn seine [Marinos] Bewunderung für sie [Dr. Self] war fast genauso erbärmlich wie seine unerfüllte Sehnsucht nach Scarpette..."

"...Weil Sie [Kay Scarpetta] geschwiegen haben, hat er [Marino] sich weiter Hoffnungen gemacht und sich immer mehr in sein Wunschdenken hineingesteigert. Wenn Sie versuchen, die Gefühle anderer Menschen unter den Teppich zu kehren, führt das nur dazu...[sic.]"

"...Wo ist der Zauber geblieben, Benton? Altwerden bedeutet, dass nichts mehr genügt. Man ahnt, dass man den Zauber nie wieder empfinden wird..."            

 

 

"Ghost" - Robert Harris

Was haben Sie dabei gefühlt Meistens wissen sie es nicht. Deshalb müssen sie mich anheuern, einen Ghost[writher] der ihre Erinnerungen auffrischt: Am Ende einer erfolgreichen Zusammenarbeit bin ich mehr sie als sie selbst. Ehrlich gesagt macht mir dieser Teil meiner Arbeit ziemlich viel Spaß:  die kurze Zeit der Freiheit, jemand anders zu sein. Falls sich das gruselig anhört, dann möchte ich hinzufügen, dass diese Prozess echtes handwerkliches Können erfordert. Ich entlocke den Menschen nicht nur ihre Lebensgeschichte, ich verleihe ihrem Leben auch eine Form, die oft unsichtbar war. Manchmal gebe ich ihnen ein Leben, von dem sie nicht einmal wussten, dass sie es so überhaupt geführt hatten. Wenn das nicht Kunst ist, was dann"

Er [der Politiker] war exakt der Typ des faden Zukurzgekommenen, der sich von Natur aus zur Politik hingezogen fühlt und Leute wie mich dazu bringt, den Sportteil der Zeitung zu bevorzugen. Einen McAra findet man in jedem Land, in jedem System, im Dunstkreis von jeder Führungsperson, die einen politischen Apparat in Schwung zu halten hat: Sie sind die ölverschmierten Maschinisten im Kesselraum der Macht.

"Das menschliche Gedächtnis ist eine Schatzkammer, Amelia", sagte ich trocken. "Man muss nur den passenden Schlüssel finde."

Ein ungeschriebenes Buch ist ein wunderbares Universum voll unendlicher Möglichkeiten. Steht jedoch das erste Wort erst einmal da, ist es sofort geerdet. Und steht der erste Satz da, ist man schon auf halbem Wege zu einem Buch, das genau so werden wird wie jedes andere verdammte Buch, das jemals geschrieben wurde. Aber dem Besten darf man nie gestatten, das Gute zu verjagen. Wo es an Genius fehlt, bleibt einem immer das Handwerk. Man kann zumindest versuchen, etwas zu schreiben, das die Aufmerksamkeit des Lesers fesselt - etwas, was ihn, nachdem er das erste Kapitel gelesen hat, ermuntert, auch das zweite und dann das dritte zu lesen.

Aber Neugier ist ein starker menschlicher Antrieb - zugegeben, deutlich schwächer als Sex und Habgier, aber doch wesentlich stärker als beispielsweise Nächstenliebe. Ich war einfach neugierig.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, rechnete ich damit die Betthälfte neben mir leer vorzufinden. So sieht es das übliche Protokoll für derartige Situationen schließlich vor, oder? Wie ein Vampir erpicht darauf, der unerbittlichen Morgendämmerung zu entgehen, zieht sich die besuchende Partei nach Erledigung der nächtlichen Verrichtungen in ihre eigenen Räumlichkeiten zurück. Nicht so Ruht Lang. Im Halbdunkel sah ich ihre nackte Schulter und das kurze schwarze Haar, und an ihrem unregelmäßigen, fast  lautlosen Atmen erkannte ich, dass sie genauso wach lag und auf Geräusche von der anderen Seite lauschte wie ich.
Wie das steinerne Abbild eines Kreuzritters auf seinem Grab lag ich mit über dem Bauch gefalteten Händen reglos auf dem Rücken und schloss in regelmäßigen Abständen, immer wenn mir ein neuer Aspekt des Schlamassels bewusst wurde, die Augen. Auf der Richterskala der schlechten Ideen hatte sich diese zweifellos eine Zehn verdient.

Ich weiß, dass das Internet der Traum eines jeden Paranoikers ist, da es alles in einen Topf schmeißt - Lee Harvey Oswald, Prinzessin Diana. Opus Dei, El Kaida, Israel, M16 Kornkreise - und dann mit hübschen blauen Schleifchen aus Hyperlinks drum herum zu einem pompösen Verschwörungspaket zusammenschnürt. aber ich weiß auch um die Weisheit des alten Spruchs, dass ein Paranoiker nur ein Mensch ist, der sich im Besitz aller verfügbaren Tatsachen befindet.

Und wenn der Auftraggeber Sie anlügt? "Lüge" ist vielleicht ein zu starkes Wort. Die meisten von uns neigen dazu, ihre Erinnerungen auszuschmücken, damit sie zu dem Bild passen, das wir der Welt gern von uns präsentieren.
"Ghostwirter"

 

"Tal der Träume" - Patricia Shaw

Trauer war eine seltsame Sache. Sie glich einer Krankheit, nur das bei manchen Menschen der Drang, im Zustand der Trauer zu verharren, stärker war als der Wunsch nach Heilung. und dass ein Mann wie er, der sich immer als starke Persönlichkeit empfunden hatte, derart zusammenbrechen konnte.

"Besser der Schatz eines alten Mannes als die Laune eines jungen Burschen."

 

"Wilder Oleander" - Barbara Wood -

Frauen sind wie Glückskekse
 - man vernascht sie, ohne zu wissen, was einem erwartet
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"Hals über Kopf" Kathy Reichs

Der Wald hier war eine Mischung aus Weihrauchkiefer, Amberbäumen, Hemlockstannen und buchen, Hartriegel, Zaubernuss und Nelkenpfeffer wucherten im Unterholz und aromatisierten die Luft mit ihrer sonnengetrockneten Süße.

Gullet legte ein rasches Tempo vor. Sonnenstrahlen brachen durchs Blätterdach und erzeugten eine wilde Geometrie aus Licht und Schatten.

Unschlüssigkeit ist die Voraussetzung für Flexibilität.

Vergebung ist der Duft, mit dem das Veilchen den Absatz bestäubt, der es zertreten hat. Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke? (Mark Twain)

 

Der Rest des Abendessen war ein Pas de deux aus verschleierten Spitzfindigkeiten.

"Imperium"
Robert Harris

Mir wurde die Ehre zuteil, persönlich Antichos aus Askalon zu hören, der die drei Grundprinzipien des Stoizismus erklärte - dass nur die Tugend zur Glückseligkeit führe, dass nichts außer der Tugend gut sei und das man den Gefühlen nicht trauen könne. Drei einfache Regeln, die, würde der Mensch sie befolgen, die meisten Probleme der Welt lösen könnten.

Ein Grund für meine Unverzichtbarkeit war, das ich eine Technik entwickelt hatte, die es mir erlaubte, seine Worte so schnell niederzuschreiben, wie er sie aussprach. Aus kleinen Anfängen - ich kann in aller Bescheidenheit behaupten, das Et-Zeichen erfunden zu haben - schwoll mein System schließlich zu einem Handbuch mit etwa viertausend Symbolen an. Ich fand zum Beispiel heraus, dass Cicero bestimmte Wendungen immer wieder benutzte. Diese reduzierte ich auf einen Strich oder ein paar Pünktchen und erbrachte somit den Beweis für etwas, was die meisten Menschen ohnehin schon wissen - dass nämlich Politiker im Wesentliche immer wieder das Gleiche sagen.

Die Jahre selbst wurden mit den Namen der jeweils amtierenden Konsuln bezeichnet, sie standen auf allen offiziellen Dokumenten und allen Grundsteinen. Es war auf Erden das, was  der Unsterblichkeit am nächsten kam. An wie vielen Tagen und in wie vielen Nächten seit seiner bäurischen Jugend musste er daran gedacht, davon geträumt, sich daran geklammert haben? Manchmal ist es töricht, ein ehrgeiziges Ziel zu früh zu äußern - es war der Zeit dem Gelächter und dem Zweifel der Welt auszusetzen, kann es zerstören, noch bevor es richtig geboren ist. Doch manchmal geschieht auch das Gegenteil, und die bloße Erwähnung kann es plötzlich möglich, ja sogar glaubhaft erscheinen lassen. So war es an jenem Abend. Als Cicero das Wort "Konsulat" aussprach, rammte er es in den Boden wie ein Banner, das wir fortan alle anbeteten. Einen Augenblick lang sahen wir die Zukunft so hell erstrahlen wie er und erkannten, dass er recht hatte.

Geschlechtsverkehr schwächt die Essenz des Mannes, er trübt die Kraft des Gedankens", sagte Cato trotzig worauf seine Schwester in kreischendes Gelächter ausbrach und Cato so rot anlief, dass sein Gesicht aussah wie das Zinnoberrot von Pompeius gestern.

Die Tatsache, dass dieser Tag Terminus geweiht ist, dem alten Gott der Grenzsteine und guten Nachbarschaft, machte ihn wegen seiner Symbolkraft in Ciceros Augen noch attraktiver.

Aber den Tapferen hilft das Glück, wie schon der edlen Terentius sagt, und in jener Nacht war es zweifelsohne mit Cicero.

Aber ich greife vor, außerdem begehe ich den gleichen Fehler wie die Hagiografen, die mit dem verzerrenden Licht der Zukunft in das Dunkel der Vergangenheit leuchten. Ich will an dieser Stelle einfach festhalten, dass diese beiden herausragenden Männer, die zwar sechs Lebensjahre trennten, aber hinsichtlich Verstand und Weltanschauung viel gemein hatten. (Cicero und Caesar).

"Die meisten Menschen huldigen der aufgehenden, nicht der untergehenden Sonne."

Politik und Langweilig? >Politik ist Geschichte in Aktion. Welcher andre Bereich des Lebens weckt so das Erhabenste wie das Niederträchtigste im Menschen? Oder ist so aufregend? Oder entblößt so anschaulich unsere Stärken und Schwächen? Langweilig! Genauso gut könnte man sagen, das Leben sei langweilig.

Nichts steigert die Lust am Leben so wie der Tod.

Die Reise in die Spitzenpositionen der Politik sperrt einen Mann oft mit widerwärtigen Mitreisenden zusammen und führt ihn durch seltsame Landschaften.

Wer nicht weiß, was vor seiner Geburt geschehen ist, wird auf immer ein Kind bleiben. Was ist das menschliche Leben wert, wenn es nicht durch die Zeugnisse der Geschichte mit dem unserer Ahnen verwoben wird.

Torqauatus war zwar ein weltgewandter und präziser Anwalt, aber er konnte auch nichts anderes tun als den - um eine damals gebräuchliche, ziemlich rüde Wendung zu benutzen - Scheißhaufen mit Parfüm zu beträufeln.

Anfang und Ende jeden glücklichen Lebens ist das Vergnügen.

Während Quintus sich über Pompeius' Undankbarkeit ereiferte, nahm Cicero es fatalistisch: "Wenn du Dankbarkeit willst, dann kauf dir einen Hund."

Wer glaubt, das er keine Zeugen hat, macht schnell unüberlegte Versprechungen.

Die Kunst des Lebens besteht darin, sich mit Problemen erst dann zu beschäftigen, wenn sie auftauchen, und seine Lebenslust nicht dadurch zu ruinieren, das man sich schon weit im Voraus darüber den Kopf zerbricht. Vor allem nicht heute Abend.

"Singele-Schlussverkauf"
Holly Chamberlin

Der Verstand und die Negativität hatten eine Cousine zweiten Gradesnamens PANIK.

Was zog mich zu Dough hin? Eine Million Dinge und doch nichts, was ich beschreiben konnte. Es schien aussichtslos zu sein, die Gründe für eine emotionale, körperliche und seelische Anziehung erklären zu wollen. Man konnte eine Liste von Merkmalen aufstellen - ich liebe ihn, weil er witzig ist - , eine Liste von Beispielen aus dem wahren Leben - ich liebe ihn, weil er diesen streunenden Welpen gerettet hat - , doch konnte irgendetwas davon je die Magie einer Anziehung beschreiben, die nicht geleugnet werden konnte? Nein.

Also, dachte ich, was hat es für einen sinn, Anziehung analysieren zu wollen? Klar, Therapeuten verdienen sehr viel Geld damit, wenn sie Leuten helfen, herauszufinden, warum sie die Nieten und Schlampen geheiratet hatten, eindeutig die "Falschen",

War die neue Joanne genauso scharfsichtig wie die alte?
Fraglich, meinte der Verstand. Sobald man dem Herzen das Sagen überlässt, gehen Scharfblick und Urteilsfähigkeit den Bach runter.

Die größte Problemzone der Frauen: MÄNNER!

"Klassentreffen"
Simone van der Vlugt

"Gerüche andern sich nicht. sie überfallen einen, lassen alte Erinnerungen wieder lebendig werden und bringen einen dazu, in den dunklen Ecken des Gedächtnisses herumzustöbern."

"Wenn wir nach Erinnerungen suchen, die uns abhanden gekommen sind, betreten wir einen seltsamen Bereich unserer Psyche: die Verdrängung. Die Befürworter der Verdrängungstheorie glauben an die Fähigkeit unseres Geistes, sich gegen emotional aufwühlende Erlebnisse zu wehren, indem bestimmte Erfahrungen und Gefühle aus dem Bewusstsein ausgeblendet werden."

"Gefrorene Seelen"
Giles Blunt

Cardinal war Katholik, wenngleich er seinen Glauben verloren hatte, und wie alle Katholiken, ob ungläubig oder fromm, hatte er sich den geradezu lustvollen Hang bewahrt, sich seine Sünden, wenn auch nicht unbedingt die, die er tatsächlich begangen hatte.

Welch langes Warten, mein Traum von dir währt immer noch.
Nuala o' Faolain

Die Ruhe vor dem Sturm" - Helena Brink

Vor allem dachte sie über den breiten Diwan und dessen strategische Platzierung vor dem offenen Kamin nach. Ganz gleich, ob er für die Einrichtung allein verantwortlich zeichnete oder nicht, so zeugte sie nicht nur von einer Lust am Lesen, sondern auch von einem ausgeprägten Sinn für Ästhetik und entspannte Zweisamkeit.

"Neugier ist ein höchst kreativer Zustand", sagte er. "Ich hätte es niemals vierzig Jahre lang bei der Polizei ausgehalten, wenn ich nicht ein unstillbares Interesse am Schicksal anderer Menschen gehabt hätte. Aber darum scheint es heute schlecht bestellt zu sein. Die Leute überlassen einander zu sehr sich selbst. Viele sterben einsam in ihren Wohnungen, ohne dass jemand Notiz davon nimmt." [..]
"Doch Neugier hat manchmal ihren Preis", fuhr er fort. "Man weiß nie, was man alles ans Tageslicht befördert."

"Vielleicht ist sein Verhalten ja verführerischer als seine Absichten", sagte Katharina nachdenklich. "Doch wenn man mit ihm allein ist, kann man nie wissen, was passiert. Jedenfalls rate ich zur Vorsicht, wenn dir an deiner Tugend gelegen ist."

Als ihr Blick seine Schuhe streifte und sie sah, dass er nicht einmal Socken trug, war sie tief bewegt. Ein Kerl, der sich mitten in der Nacht Hals über Kopf auf den Weg machte, um einer Frau in Not zu Hilfe zu eilen, hatte etwas gefährlich Verführerisches an sich, etwas Heldenhaftes, für das sie im Moment sehr empfänglich war. Wie er da entspannt am Türpfosten lehnte, war er wirklich eine Versuch. Wie gut, dass Joakim da ist, dachte sie sittsam, doch ihre Begeisterung darüber hielt sich in Grenzen.

Da sie weder im Boden versinken noch durch die Hintertür verschwinden konnten, mussten sie sich den Gegebenheiten beugen. Kajsa versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, das heißt, sie stocherte hilflos im Nebel, in dem Ängste und Hypothesen eine trügerische Verbindung mit der Realität eingingen, und da sie auf die Schnelle nicht zu entschieden vermochte, wer was von welchen Vorgängen, Personen oder Leichen wusste, entschied sie sich dafür, überhaupt nichts zu wissen.

Dann betrachtete er sie im unbarmherzigen Licht einer herannahenden Katastrophe, was ihr nicht gerade zum Vorteil gereichte. Ihr e Lippen waren zu einer kindlich beleidigten Grimasse verzerrt. Ihr Gesicht sah hart und verbittert aus. die krampfhaft geballten Fäuste sowie ihre gesamte Haltung kündigten einen Wutausbruch an. Er sah ihr an, dass sie maßlos enttäuscht war. Sie hatte wohl gerade erst begriffen, dass sie heute auf abendliche Vergnügungen verzichten musste, Man konnte sich schlecht an andere Ehemänner heranmachen, wenn man im Gegenzug nicht seinen eigenen anzubieten hatte.

Da sie sich über ihre Wirkung auf Männer vollkommen im Klaren war, wäre es dumm gewesen, sie nicht beruflich zu netzen. Sie besaß daher die Fähigkeit, die Verdächtigen abzulenken, die 'Ängstlichen in Sicherheit zu wiegen und die Unentschlossenen zum Reden zu bringen. Auch was die Glaubwürdigkeit von Männern anging, besaß sie ein sicheres Gespür, und obwohl dieses Exemplar kaum den Mund geöffnet hatte, spürte sie instinktiv, das etwas Zwielichtiges von ihm ausging.

Der Gesamteindruck deutete auf einen Mann hin, der lange und methodisch Raubbau mit seiner Gesundheit getrieben hatte.

Die perfekte Kulisse für eine gehobene Soap Opera, dachte sie und verkniff sich ein stilles Seufzen. Dunkel Familiengeheimnisse, unterdrückte Begierden und abgewaschenes Blut - alles verborgen und nahezu vergessen unter der edlen Politur.

"Hengstparade" - Gaby Hauptmann

Schade, dass das Äußere dem Inneren einfach davon läuft, dachte und zog an der Falte neben ihrem Mund.

Der Tod ist etwas Seltsames", sagte sie. "Manchmal fragt man sich doch wirklich, warum  es Leben gibt. Man lebt und stirbt, und das alles nur, um für eine winzige Zeitspanne auf der Erde gewesen zu sein."
"Ich halte es mit dem Philosophen Epikur." Harry nahm zwei Kandiszucker aus der Zuckerdose und ließ sie vorsichtig in seine Tasse gleiten. "Er sagte, der Tod geht mich nichts an, denn wenn er ist, bin ich nicht mehr, und solange ich bin, ist er nicht.

"Die Farbe Blau" - Jörg Kastner

"Seit Eva bringen die Frauen Unheil und Streit, und doch sind wir ohne sie verloren. Wir verstehen sie nicht, aber wir brauchen sie wie die Luft zum Atmen. Das ist wohl ihr ewiges Geheimnis."

Die Seele des Menschen ist ein schwieriges Ding, sie gehorcht dem Verstand und selbst  dem Herzen nur bedingt.

"Mit der Liebe einer Löwin" - Christina Hachfeld-Tapukai

Die Anforderungen einer Samburu-Ehe bewegten sich im Grund auf sehr profanen Ebenen. Aber ich hatte in all den Jahren nie einen Streit unter Eheleuten gesehen, nie eine abfällige Bemerkung eines Ehepartners über den anderen gehört. Mann und Frau achteten sich und gingen wirklich respektvoll miteinander um. Sie lebten Ihre arrangierte Gemeinschaft wie ein Team und trugen Verantwortung füreinander. ohne große Gefühlswallungen. Leidenschaftliche Affären mit ihren unvermeidlichen Hochs und Tiefs wären gewiss anfällig und bald zum Scheitern verurteilt in diesen Breiten, die den ganzen Menschen und seine  physische und psychische Kraft zum Überleben forderten. Und immer waren es die Frauen, denen am meisten aufgebürdet wurde und die nicht davonlaufen konnten.

Als Mutter würde ich natürlich immer wichtig sein, wie eben eine Mutter für ein Kind wichtig ist, aber ich würde nicht wichtiger für meine Söhne sein als ihre Freundinnen. Das wusste und akzeptierte ich, auch wenn ich das Ablösen, letztlich nur ein Zugestehen von Freiheit und nicht etwa Liebesentzug, noch üben musste. Zwang und Pflichtgefühl erdrückten jede Liebe, Freiheit aber verlieh ihr Flügel.

Aus meiner ersten Ehe in Deutschland wusste ich, wie gut eine Gemeinschaft funktionierte, wenn jeder eine kleine Ecke in seinem Herzen als "Geheimplatz" behalten durfte, in der Gefühle, Gedanken, Wünsche und Taten - vom Partner unangetastet und unbeansprucht - gehegt, begraben oder aktiviert werden konnte, ohne Rechenschaft darüber ablegen zu müssen. Aber zwei Söhne hätte mir Lpetati nicht verheimlichen dürfen,, fand ich.

Nach und nach akzeptierten die anderen Bandmitglieder unsere besondere Beziehung, wenn ich auch nicht wusste, was sie hinter unserem Rücken redeten. Doch das war mir egal, ich liebte meinen Mann und ließ mir nichts zu Schulden kommen Und doch bewegte ich mich manchmal zwischen Lpetati und meiner Liebe zu ihm auf der einen und Binki mit der Zauberwelt der Musik und seinem Interesse an mir auf der anderen Seite.

Ich hätte höchstens ein bisschen mehr Kontrolle über Lpetati, wenn  ich ständig in Mtwapa wäre. Aber "Kontrolle" war ein böses Wort, ich wollte meinen Mann nicht kontrollieren, hatte so etwas nie getan und verspürte auch keine Lust dazu. Liebe und Kontrolle, das passte nicht zusammen. Liebe brauchte Freiheit, um wachsen, um sich entfalten und das Wunderbare werden zu können, das jeder Mensch sich ersehnte. Durch Engstirnigkeit aber und Zwänge würde jedes erhabene Gefühl zugrunde gerichtet werden.

"Ich habe meine Frau gefunden. Meine Frau bist du." Es tat gut, das zu hören, und es fiel mir schwer, in einer so verheißungsvollen Nacht den Gefühlen Grenzen zu setzen. "Ich will dich deinem Mann nicht wegnehmen", erklärte Binki, als wollte er mich beruhigen. "Man kann lieben, ohne zu besitzen. Wahre Liebe besitzt nicht. In der Liebe gibt es andere Werte, es gibt nichts Vergleichbares. Ich werde diese Liebe zulassen, ohne Einschränkung."

"Die Romanow Prophezeiung" - Steve Berry - März 2007

Lord musste an einen Spruch denken, den er vor einiger Zeit gehört hatte: Russland ist ein Land mit einer unvorhersehbaren Vergangenheit.

Die Tagebücher waren in chronologischer Ordnung gestapelt und die Aufschriften auf den Rücken der leinengebundenen Bände zeigten, das die meisten von ihnen Geschenke von Alexandras Töchtern waren. Bei einigen war der Buchdeckel mit Hakenkreuzen verziert, was nur auf den ersten Blick befremdlich erschien. Lord wusste, dass die Swastika schon lange, bevor Hitler dieses Zeichen übernahm, als Symbol des Wohlergehens gegolten hatte, dessen sich Alexandra immer wieder gern bediente.

Das alles war äußerst verwirrend. Was entsprach der Wahrheit, was war Erfindung? Lord hielt es mit Churchill, der einmal gesagt hatte: "Russland ist ein Rätsel in einem Rätsel, das wiederum von einem Rätsel umschlossen ist."

"Was war die erste demokratische Wahl der Menschheit?", warf Lenin ein. "Gott schuf Adam und Eva und sagte dann zu Adam: >Und jetzt wähle dir ein Weib.<"

"Haben Sie ihn geliebt?". "Sosehr, wie ein  junges Mädchen eben lieben kann. Aber was ist Liebe? Für mich war es eine kurze Zeit der Erholung von der Wirklichkeit."

"Im Bruchteil der Sekunde" - David Baldacci -

Nie ist das Chaos größer, als wenn vor den Augen einer arglosen Menge der Tod schnell und gewaltsam zuschlägt.

Er war ein angesehener Jurist und mit vielen prominenten und einflussreichen Bürgern der Region befreundet. Er diente seiner Gemeinde als ehrenamtlicher Hilfspolizist und auf anderen Gebieten. Als einer der begehrtesten Junggesellen weit und breit ging er mit Frauen aus, die ihm gefielen, und ließ es bleiben, wenn sie ihm nicht gefielen. Er verfügte über einen großen, sehr gemischten Bekanntenkreis und einen kleinen harten Kern echter Freunde. Seine Arbeit machte ihm Spaß, er genoss seine Freizeit und ließ sich ansonsten kaum aus der Ruhe bringen. Sein Leben bewegte sich in einem sorgfältig aufgebauten, unspektakulären Rahmen, und er war damit vollkommen zufrieden.

!Zwar weiß ich meine Anonymität u schätzen, doch in und wieder fünfzehn Minuten Ruhm und öffentliche Anerkennung zu genießen, tut de Ego ganz gut."

"Ich, Cosima" - Joachim Köhler -

An schönen Tagen genieße ich unseren Park, der duftet und rauscht, und den Ausblick auf das Grab, in dem mein Mann auf mich wartet, seit vierzig Jahren. Geht es nach mir, muss er sich noch eine Weile gedulden. Wenn meine Ärzte das Schlimmste befürchten, beginne ich das Beste zu erhoffen.

Er wird so lange rumoren und mit Sonnenblumenkernen werfen, bis unser lieber Gast die Flucht ergreift. auch die Geduld eines Helden hat Grenzen.

Ein bisschen Wahrheit kann selbst einem Gott nicht schaden.

Da er zu diesem edlen Zweck Geldmittel auftreiben musste, begegnete er zufällig jener Bankierstochter, mit der er meine Mutter zeugen sollte. Womit bewiesen wäre, dass auch ein schlimmer Anfang zu einem ruhmreichen Ende führen kann.

Fortan wollte sie nur noch rauchen, schreiben und Ungewöhnliches mit ihm erleben. Heimlich plante sie, ganze Bibliotheken über ihn zu füllen. Zur Glut ihrer Leidenschaft gehörte der Drang, sie umgehend in Sprache zu gießen. Ohne Zweifel waren ihre Gefühle echt, und dies weit mehr als ihr Talent, sie auszudrücken. Heute frage ich mich, ob beide ihre Liebe nur als Vorwand benutzten, um aus der Reibung Funken der Inspiration zu schlagen.

Sie ging auf Wolken, um irgendwann ins Nichts zu stürzen. Aber ein Anfangserfolg war ihr nicht abzusprechen. Mit dem Gesellschaftsskandal, der , der den  Faubourg-Saint-Germain in Aufregung versetzte, drängte sie George Sand aus den Schlagzeilen. Der skandalöse Liebesbund meiner Eltern geriet, nicht ohne deren Mitwirkung, zur öffentlichen Affäre. sie genossen ihre Intimität wie die Öffentlichkeit, die nach ihnen lechzte, und wunderten sich, als das Spiel zu langweilen begann.

Für Liszt war es Routine. Seit Beethoven ihn als Wunderkind ans Herz gedrückt hatte, stand er im Mittelpunkt der internationalen Sensationsgier. Seine Konzerte bildeten das Tagesgespräch, wie seine Nächte die Klatschspalten füllten. Obwohl er erst Anfang zwanzig, hatte er bereits mehrere glänzende Affären hinter sich sowie eine Tragödie mit der verheirateten Caroline de Saint-Cricq.

Sechs Jahre älter als er, trotzte Marie der Lebensweisheit, die zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterschieden pflegt, und schrieb ihr Luxusleben lachend in den Wind. Da zumindest ihre Beobachtungsgabe von dem Wahnsinn verschont blieb, hielt sie alles in ihren Tagebüchern fest.  Aus der Inkubationszeit dieser Liebe haben sich aufschlussreiche Beschreibungen ihres Partners erhalten. Offenbar hielt sie ihn für einen Gott, zumindest aber für einen Übermenschen.

Scheinbar in sich ruhend, lauschte sie den Klängen des Geliebten, und kämpft doch mit intensiven Gefühlen, die kurz vor dem Ausbruchs stehen. Ihr Temperament glich nämlich, wie sie mir verriet, "sechs Zoll Schnee auf zwanzig Fuß Lava". Ein kühnes Gleichnis, nicht wahr?

Vielleicht hat dir die Angst vor Bestrafung die Lust auf Eskapaden vergällt.

Nichts zu bemerken gehört zum Raffinement des Verführers.

Neugier ist die Mutter der Philosophie.

Beide sprachen aufeinander ein wie die kontrapunktschen Linien einer Klaviersonate, die sich voneinander entfernen, um glücklich wieder zusammenzutreffen.

Ich habe das Rätselhafte, Unausgesprochene, Geheimnisvolle für einen wesentlichen Faktor des Lebens. Da wir alle als Motor unserer Handlungen das in uns haben, was wir nicht aussprechen, ja kaum selbst kennen, lässt es sich notwendigerweise eher an unseren Handlungen als an unseren Worten erfahren.
Cosima Wagner

Du ahnst nicht, welche Vorteile es mit sich bringt, nichts mehr zu hären. Manches könnte dir unter die haut gehen, wenn du noch eine hättest. Manches könnte dich im herzen verwunden, wenn deine Büste nicht schon am Schlüsselbein endete.

Schein und Wirklichkeit gingen getrennte Wege.

Entsprechend unserer Seelenfremdheit fielen auch die Flitterwochen aus, die gleich einer vom Windstoß jäh aufgetürmten und am Strand zerplatzten Woge, zugleich Anfang und Gipfelpunkt unserer Ehe markierten. Danach verlief sich alles im Sand.

Diese Mischung aus Eitelkeit und Größenwahn hat in der Welt zu den interessantesten Katastrophen geführt.

Dein Ruhm, der sich dem Musiktheater nicht weniger verdankte als dem Haftbefehl wegen Hochverrats, schien ihr geeignet, dem faden Leben einer Seidenhändlersgattin einen kühnen Anstrich zu verleihen.

Sei kein Hanswurst, sei mein Hans im Glück!

Aus seinem Schnabel drang, verzerrt und heiser, Eindeutiges, über jeden Zweifel Erhabenes. Poetisch ausgedrückt, war es die Nachtmusik zweier Herzen im Schutz einer Seidendecke, will sagen, stoßweise hervorgebrachte Zärtlichkeiten, geflüsterte Kosenamen, gehaucht und gekeuchte, gestöhnte und geseufzte Töne undefinierbaren Inhalts. Ein Liebesduett von Richard und Mathilde.

Wie die zahlreichen Schuldner klebte auch Minna an deinen Fersen, um dich ewig daran zu erinnern, dass sie für dich ihr Leben weggeworfen hatte. Aber, nicht wahr, das taten sie alle. Blandine reihte sich ein in diese von Jahr zu Jahr wachsende Schar Hoffender, di e anschließend die Schar der Enttäuschten und Verzweifelten vermehrte.

Nicht aus Liebe? "O schmölze doch dies allzu feste Fleisch..." Marmor schmilzt nicht. Es besteht auch kein Anlass zu Wehleidigkeit, Richard. Fehlte zu Beginn auch die Zuneigung, wollte ich ihr immerhin Gelegenheit geben, durch Gewöhnung zu erstarken. Mein Appetit auf dich kam, wie der Franzose sagt, mit dem Essen. Oder, nach Hamlets Ausdruck, "es stieg das Wachstum meiner Lust, mit dem, was meine Kost war", Und meine Kost war, dank deiner erprobten Gourmandiese, exquisit.

Einem Freund verriet er, du seiest "von Cosima wie hypnotisiert und würdest ihr willenlos wie ein Nachtwandler folgen". Erspar dir deine Proteste, Richard. Wo er recht hatte, hatte er recht. Immerhin gestehe ich dir zu, dass in einem auf gegenseitiger Suggestion und Abhängigkeit basierenden Verhältnis die rollen von Täter und Opfer austauschbar sind. Wer eben noch den anderen hypnotisierte, fällt unversehens selbst in Trance. Wer die Fäden zu ziehen glaubte, sieht sich selbst zur Marionette degradiert.  Gerade Menschen, die sich wie Coco für den Mittelpunkt des Universums halten, sind am leichtesten zu manipulieren. Extrem empfindlich reagieren sie auf Störungen ihres seelischen Gleichgewichts, die zumeist entstehen, wenn man sich ihnen entzieht. Schon nach kurzer Zeit fühlen sie sich im Stich gelassen Nach längerer Abwesenheit folgt quälende Abhängigkeit.

Richard. Du hattest einfach kein Talent zum Glück. Dagegen habe ich es damals gelernt. Erster Grundsatz: Man darf weder sich selbst noch die anderen allzu wichtig nehmen. Zweiter Grundsatz: Allzuviel Rücksichtnahme widerspräche dem ersten Grundsatz. Dritter Grundsatz: Wenn das Glück zur Türe hereintritt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen. Das tat ich.

Welch rätselhafte Macht doch die Verliebtheit auf den von ihr Befallenen ausübt. Sie treibt ihn auf hohe Berge, in kalte, unwirtliche Hütten, lässt ihn Wasser aus reißenden Gebirgsbächen schöpfen und Holzfeuer im Herd anblasen.

Gefühle sind nicht immer die besten Ratgeber.

Ludwig vergas vor Begeisterung über seine Maske, dass er in einer Traumwelt lebte. Nietzsche vergas vor Begeisterung über seine Traumwelt, dass er eine Maske trug.

Den Luxus der Wankelmütigkeit, ein Privileg des starken Geschlechts, habe ich mir nie geleistet. Was ich wollte, das wollte ich.

Wenn du fort bist, Cosima, fehlt mir der Haken, an dem ich hänge.
Richard Wagner

Muss man sich nicht erst hassen, wenn man sich lieben soll? Wagner musste sich entscheiden zwischen einer Frau, die er hasste, weil er sie liebte, und einer anderen, die er hassen sollte, weil sie ihn liebte.

Sie war ihr paradoxes Ebenbild: verschieden genug, um sich angezogen, ähnlich genug, um sich abgestoßen zu fühlen.

Der Ärmste übersah, dass er in die wenig beneidenswerte Lage geraten war, eine Frau, die er begehrte, vor den Kopf stießen zu müssen, um von einer anderen Frau, die er fürchtete, nicht abgestraft zu werden.

Sie haben einen guten Tausch gemacht, Teuerste. Es waren kleine Kostbarkeiten. Ich würde es eher kostbare Kleinigkeiten nennen. Meinen Geschmack trafen sie nicht immer.

Ich flog mit zwei Schwingen", gestand sie mir, "deren eine <Freiheit>, deren andere >Liebe< hieß. Und stürzte ab wie Ikarus.

"Lautlos" - Frank Schätzing -

Wirft man einen Blick auf die rasante Entwicklung der westlichen Medienkultur, wird klar, warum wir die Dinge so sehen. Fernsehen und Internet verschaffen uns Zugriff auf nahezu jede gewünschte Information. Wir können uns nach Belieben mit Daten versorgen und müssen dafür nicht einmal Wartezeiten in Kauf nehmen. Kein Teil der Welt, kein Fachgebiet, keine Intimität bleibt uns verschlossen. Im Gegenzug haben wir unsere Urteilsvermögen eingebüßt. Wir bemessen die Wichtigkeit weltweiter Vorgänge dran, wie lange im Fernsehen darüber berichtet wird. Zwei Minuten Tschetschenien, drei Minuten Lokales, eine Minute Kultur, das Wetter. Das Problem ist, dass wir uns angewöhnt haben, dieser medienseits vorgenommenen Wertung blind zu vertrauen. Als Folge unterliegen wir einem Irrtum verwechseln die Frage, ob eine Sache für uns interessant ist, mit der Frage, ob sie grundsätzlich interessant ist, und lassen diese Frage von den Medien beantworten.

Sie fühlte das Interesse des Direttore auf sich ruhen wie Messerklingen. Flach, kühl und wohltuend, solange ihr Laden weiterhin gut lief. Bei Problemen würde Ardenti es verstehen, di e Messer so weit zu drehen, dass sie ins Fleisch zu schneiden begannen.  Im Augenblick jedoch war der Raum gesättigt von Partikeln des Erfolgs, und Neuronet - besser gesagt Laura Firidolfi - weit davon entfernt, das Wohlwollen des Direttore in absehbarer Zeit zu verlieren.

Sie hatten Ardenti einerseits hinreichend beeindruckt, andererseits nichts verraten, was er nicht auch woanders hätte erfahren können. Derartige Balancen waren Ricardos Spezialität. Zwischen komprimiertem Informationssaustausch und Small Talk wusste er sich ebenso leichtfüßig zu bewegen wie der Direttore. Er verstand es, Sekunden und Minuten so zu investieren, dass sie sich in Stunden und Tagen verzinsten. Nie gab er seinem Gegenüber das Gefühl, berechnend zu sein, und immer war er es. Soeben hatte er Ardenti das wärmende Gefühl vermittelt, sein vertrauen und seine Fürsprache gut angelegt zu haben.

Firodolfi wusste, dass sein Tag in unzählige solcher Treffen zerfiel. Das wiederum schätze sie an Menschen wie Ardenti - nie gaben sie sich und ihren Gesprächspartnern den Anschein terminlicher Kurzatmigkeit. Aufmerksamkeit war unteilbar. Wer diese Regel nicht beherrschte, brachte s nicht weit.

Sie versuchte sich zu erinnern, wann sie das erste Mal Trüffel gegessen hatte und wie oft seitdem. Zu oft, dachte sie. Wenn man die Besonderheiten nicht mehr zählen kann, hören sie auf welche zu sein.

Nicht, dass es ihr etwas ausmachte, Komplimente über ihre Beine zu hören, aber nicht von Kuhn. Er war brillant auf seinem Gebiet, menschlich hingegen eine ziemliche Katastrophe. Je mehr er versuchte, nett zu sein, desto schlimmer war das Resultat.

Insgesamt sah Wagner auf diese Weise noch länger aus, als sie tatsächlich war, eine Frau, nach der man, wie Spencer Tracy einmal über die junge Katherine Hephurn gesagt hatte, einen Hut werfen konnte in der Gewissheit, dass er irgendwo hängen bleiben würde.

Kuhn machte es seiner Umwelt nicht gerade leicht, ihn zu mögen. Er schien als Kind ohne eigenes Verschulden in ein Fettnäpfchen gefallen zu sein, erwies sich jedoch, was die Erzeugung und Meisterung von Peinlichkeiten anging, als konsequent schmerzfrei.

...durch die Kinderstube war er mit dem Schnellzug gefahren, und was er sich an zweifelhaften Komplimenten gestattete, ging nicht zuletzt darum so derb unter die Gürtellinie, weil es im Grunde lieb gemeint war.

Aber er schlief auf einem Bett, das mit genügend Geld gestopft war, um Zerrbilder seines Traumes Realität werden zu lassen und ihnen perverses Leben einzuhauchen.

Es kommt darauf an, welche Anforderungen Sie stellen. wollen Sie jemanden nur töten oder auf eine ganz bestimmte Weise töten, an einem ganz bestimmten Ort, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt? In gleichem Maße, wie sich die Anforderungen summieren, verringern sich die Chancen, dass es klappt, so ist das nun mal. Aber wenn es klappt...

Sie wollen eine Inszenierung Gut. Wenn Sie Pavarotti buchen, und er hat an dem Abend Grippe, ist das Scheitern ebenso fulminant, wie es der Erfolg gewesen wäre.

Er versuchte sich zu erinnern, wie man Kurven berechnete, wenn die Gesamtmotorik schon am aufrechten Gang zu scheitern drohte.

Ich will Sie. Weil Sie die Beste sind. Ich sage das widerstrebend, es festigt Ihre Position und damit den Preis, aber so ist es nun mal.

"Wollen wir uns über Mode unterhalten?", fragte sie. Als Kuhn nicht antwortete, widmete sie sich wieder ihrer Zeitschrift, halb verärgert, halb belustigt über seinen unerschöpflichen Fundus an Pauschalismen. In einer Besenkammer ihres Verstandes wusste sie, das er so Unrecht nicht hatte. Aber es missfiel ihr, Kuhn in irgendetwas recht zu geben.  Zumindest nicht, solange er es vorzog, Platitüden zu verbreiten.

Liam O'Connor betrat den Raum und veränderte seine molekulare Beschaffenheit. Kraftfelder schienen von ihm auszugehen, die vielleicht keine Elektronen aus ihrem Verbund herauszureißen vermochten wie die Photonenstöße in seinen Experimenten, aber durchaus geschaffen waren, fest gefügter Persönlichkeiten in Konglomerate hilflos trudelnder Gemütspartikel zu verwandeln.

Die meisten Menschen sahen einander in die Augen, um Aufmerksamkeit und Interesse zu bekunden. Es geschah eher nebenbei, man nahm den anderen als ganze Person wahr. Was von Pupille zu Pupille geschah, folgte vornehmlich einer Funktion, nämlich Kommunikation zu ermöglichen und zu vertiefen. Wesentlich mehr tat sich selten und dann erst im Zuge einer intensiveren Annäherung.
O'Connors Augen ließen solche Halbheiten nicht zu. Sie suchten keinen Kontakt, sie nahmen Geiseln....

...Aber auch ohne die Einwirkung des Alkohols, das wusste sie, würde man sich fühlen wie von Röntgenstrahlen durchdrungen, observiert, kategorisiert und für tauglich oder durchgefallen erklärt. Jeder Makel, mit dem man bis zu diesem Moment gut hatte leben können, würde aufgebläht und ins Unerträglich potenziert werden, bis man verging im Unglück monströser Mittelmäßigkeit. Und zugleich - im offensichtlichen Widerspruch dazu - signalisierten O'Connors Augen demjenigen, den sie betrachteten, nie zuvor etwas von größerer Wichtigkeit und Schönheit geschaut zu haben, und im Vergehen wuchs man wieder über sich hinaus. Als seien sie eines flüchtigen Blickes nicht fähig, versprachen und abverlangten sie einem alles, machten süchtig und verhießen schlimmsten Entzug im Moment, da O'Connor sich abwenden und die Verbindung kappen würde.

Wagner lächelte und versuchte, das in ihm zu sehen, weswegen sie hier war. Einen versoffenen Zyniker mit einem brillante Geist und einem Haufen schlechter Angewohnheiten und der es liebte, Skandale zu provozieren.

Was immer er noch zu sagen beabsichtigt hatte, schien sich irgendwo in den weiten seines Geists verloren zu haben, ein Gedankenteilchen, kollidiert mit einem Antigedankenteilchen, gegenseitiger Exodus in einem grellen Blitz des Vergessens, gefolgt von bleierner Schwere. Sein Kopf sackte herunter auf die Brust. Einen Augenblick stand O'Connor da, als trage er alles Leid der Welt auf seinen schultern.

Wie etwas Mumifiziertes in einer Schachtel, das man von Zeit zu Zeit hervorholt und mit einer Mischung aus Wehmut und Abscheu betrachtet, wohl wissend, dass es tot ist, erschien ihr die Unschuld dieser Sonja Sosic, die in der Krajina über Blumenwiesen gelaufen und ihrem Großvater in die Arme geflogen war.

Plötzlich erschien es ihr, als steuere ihr Denken in eine Sackgasse. Es war, als öffne man in einem Programm mit begrenzter Speicherkapazität ein Fenster nach dem anderen, rufe Dateien über Dateien auf, bis auf dem Bildschirm der wohl vertraute graue Kasten erschien: Es ist zu wenig Speicherplatz vorhanden, um neue Fenster zu öffnen. schließen Sie einige Fenster und versuchen Sie es erneut.

"Ist das nicht seltsam? Kluge Frauen sind oft von bemerkenswerter Hässlichkeit. Sie nicht, das ist noch viel bemerkenswerter. Nehmen Sie die [Rose] mit, sie kommt von Herzen."
"Danke", sagte Wagner im Hinausgehen. "Aber ich pflege mich nach Komplimenten nicht zu bücken. Dafür bin ich zu groß."
Sie verließ das Maritim, ging zu ihrem Wagen und sammelte sich einen Moment. Wieder drängte das Etwas in ihr hoch. Sie ließ es passieren, und zu ihrer Verblüffung entpuppte es sich als Gelächter.

Im Unerwarteten liegt die Chance.

Ich käme gar nicht auf die Idee, sie zu vergöttern. Ich versuche, mehr über Menschen zu erfahren, die bewundernswerte Leistungen vollbracht haben. Ist das so schlimm?"
"Nein, Problematisch sind Huldigungen immer nur für den, der sie entgegennehmen muss. Glauben Sie mir, Heldenverehrung ist etwas, woran mindestens einer keine Freude hat, und das ist der Held. Die Menschen quälen ihre Götter. sie beten, weil sie etwas von ihnen wollen.

Fragen Sie mich etwas wirklich Unbequemes. Solange Sie das nicht schaffen, wird die männliche Hälfte von Ihnen in der angewandten Forschung enden und die weibliche Hälfte ihren Männern das Gefühl geben, Berge versetzen zu können, um sie nach erfolgter Heirat daran zu hindern, es zu tun.

Wenn Menschen anfange, vernünftig zu werden, beginnen sie zu sterben. Vernunft ist etwas zutiefst Glaubensfeindliches und Reaktionäres. Die Vernunft müsste Ihnen gebieten nach Hause zu gehen, wenn Ihnen jemand erzählen will, er hätte Lichtstrahlen abgebremst.

Was einem mangels tieferen Verständnisses nicht sofort einleuchtete, galt erst einmal als unwahrscheinlich.  Hätte man den Deutschen erzählt, Gerhard Schröder sei ein getarnter Außerirdischer, hätte sich kaum jemand daran begeben, es nachzuprüfen.

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass irgendwann schief geht, was schief gehen kann.

Wenn du eines Tages den Deckel über dir zuziehst, kannst du vernünftig sein, Frau Wagner. Du weißt doch, die größten Fehler sind die, die man nie gemacht hat.

Ich pflege mich nicht zu verlieben. Von Gipfeln geht es immer nur abwärts.

Gläser sind kleinlich und edukativ, findest du nicht? Sie haben einen Rand, um dir vorzuschreiben, wie viel du trinken darfst.

Für die meisten hatte der Zerfall des Sowjetreiches letztlich nur das Ende einer relativ stabilen und sorglosen Existenz bedeutet. In Russland regierte Zar Boris gegen eine schleichende Nostalgie an, und die Falken wetzten ihre Schnäbel.

War Erfolg nicht wunderbar entspannend!

Nebeneinander zu liegen, konnte die Welt verändern. Wagners Kopf ruhte auf O'Conners Brust. sie hatte die Beine angezogen udn kam sich vor wie achtzehn und eins achtundsiebzig.
Das Bemerkenswerte an der Situation war, dass sie es genossen hätte, mit ihm zu schlafen, und zugleich eine gewisse Befriedigung verspürte, es nicht getan zu haben. Mittlerweile war es kurz nach sechs, und sie fühlte sich gleichermaßen sturzbetrunken wie von einer kristallenen Nüchternheit geleitet, die es ihr gestattete, die Kontrolle zu behalten.
Um nichts anderes ging es bei dem Spiel, das sie beschlossen hatten zu spielen. Es erforderte Kontrolle, sie im richtigen Moment zu verlieren. Sowohl O'Connor als auch Wagner war klar, das ihre Scheherezade die Nacht der Nächte folgen würde. Aber es war nicht diese. Das irritierende Moment des Loslassens ohne alle Vorbehalte gründete nicht auf Plänen und ausgetrunkenen Whiskyflaschen. Es war eine angenehme Ironie, dass die häufigste Rechtfertigung für One-Night-Stand, der Alkohol, diesmal als Grund dafür herheilt, sich die Sache verkniffen zu haben. Und sei es nur für die Dauer einiger Stunden oder Tage.
Eingehüllt in die Gewissheit, das körperliche Größe relativ ist und geistige epochal, lag Wagner im Arm des Physikers.

Ablehnung ist die ökonomischste Form von Interesse.

Wagner dachte darüber nach. Ihr fielen tausend staubtrockene Antworten ein, die an Ödnis kaum zu überbieten waren. Dann kam ihr in den Sinn, dass jedes halbwegs gesittete Statement einer dieser Richtungen zu entsprechen schien, von denen O'Connor gesprochen  hatte. Es machte nicht im mindesten Spaß, rationale Aussagen über den Umstand ihres Hierseins zu treffen, die Frage sachlich zu erörtern, warum sie mit jemandem den sie nicht mal vierundzwanzig Stunden kannte, auf einem Bett lag, eine beinahe leer getrunkene Flasche Singel Malt daneben, beseelt von dem Gedanken, es miteinander zu treiben, und zugleich entzückt, es nicht zu tun.

Dann regst du dich irgendwann wieder ab, der Leibeskummer verflüchtigt sich, und für Verbitterung bist du ohnehin zu jung. Alles wird wieder normal. Du hast Erfolg, neue Freunde und eine Menge Spaß, aber leider wohnst du in der falschen Stadt. Weil du das weißt, hast du auch keinen Freund, bringt ja eh nichts, wo du selbst nur bei dir zu Gast bist. Deine übrigen kleinen Unzufriedenheiten, zum Beispiel, dass du lang und dünn wie eine Pappel bist, melden sich zurück wie alte bekannte zum Teetrinken, und fast freust du dich über die Vertrautheit deiner wieder gefundenen Komplexe.

Spätestens im ersten Jahr seines Aufenthalts auf dem Trinity [Uni] hatte O'Connor den Beweis für die stets geahnte romantische und erotisierende Kraft von Wissenschaft entdeckt und beschlossen, Wissen sei sexy und ein Doktortitel mithin das beste Aphrodisiakum.

Je länger Liam studierte, desto mehr begriff er, worin sein Problem lag. Er suchte nach Überzeugungen wie jemand, der einen Kleiderschrank durchstöbert, weil er noch nicht weiß es er anziehen soll, wohl ahnend, dass Ideale aus Not und Mangel und nicht aus Überfluss erwachsen.

Alles in allem hatte Liam O'Connor genau die Sorte Spaß, die Bitternis so schmackhaft macht wie ein Spritzer Orangensaft eine Bacardi. Also durchaus genussreich.

Das Abenteuer Emotion war ihm als einziges fremd. sosehr er sich in früheren Tagen danach gesehnt hatte, so groß war unbemerkt die Angst vor den Verbindlichkeiten von Gefühlen geworden, die Furcht, verletzbar zu sein und nicht länger Gift zu verspritzen, sondern selbst vergiftet zu werden.

Sie hatten nicht miteinander geschlafen, und er liebte es, dass es nicht geschehen war, so wie er den Gedanken liebte, dass sie es irgendwann tun würden, möglicherweise, wenn er dieser Erstarrung Herr geworden wäre und fähig, sie zu überwinden.

...den Versuchen einer nicht mehr ganz jugendlichen Aktreuse widerstanden, mich in die Geheimnisse des Seniorensex einzuführen, und viel zu wenig mit Frau Wagner gesprochen. Ich fand mich duldsam und tapfer.

Schröder hat sich von seiner Ollen getrennt, was die Hälfte aller Männer in seinem Alter gern täte, da hat er schon mal gut dagestanden gegen den Fettsack aus Oggersheim mit seinem Saumagen und seiner Hannelore.

Kurz erwog sie, die aufkeimende Beziehung zu beenden, bevor sie miteinander im Bett landeten und sie doch noch an Verliebtheit erkrankte.

Du darfst alles fragen, aber nicht alles wissen. Sobald du alles über mich weißt, wirst du nichts mehr von mir wissen wollen.

Die federleichte Bereitschaft, die noch am Morgen ihr Denken beherrscht hatte, stahl sich davon und machte einem hohlen Realitätsempfinden Platz, mit dem man Träume beim aufwachen entgleiten lässt.

Alles schien so weit weg zu sein. Die Nacht. Das exzessive Trinken, die Umarmungen, die Küsse. Das Teilen von Geschichten auf O'Connors Bet, das Hinauszögern, der lustvolle Verzicht. Aber das Buch war wieder geschlossen worden, ihr gemeinsames Kapitel daraus gestrichen. Wenn sie an diesem Nachmittag mit ihm schliefe, würde sie den Traum zerstören.

Sie hätte ihnen kaum erklären könne, dass die Pressereferentin und der Auto nach ausgiebigem Füßeln nunmehr den Wunsch verspürten, auch andere Extremitäten in ihren privaten Diskurs mit einzubeziehen, und zu diesem Zweck beabsichtigten, eine bestimmte Suite im Maritim aufzusuchen.

Barkeeper sind wandelnde Speicherplätze von ungeheuren Kapazitäten. wehe dem, der das Passwort kennt!

Es ging diesen O'Dea nichts an, dass mein guter Freund Paddy Clohessy jeden Abend, den Gott der Herr werden ließ, mit einem Riesenständer im Hartigans rum hing, um sie singen zu hören. Übrigens fand ich nicht, dass sie besonders gut gesungen hat. Aber dem Liebenden ist alles lieb."

"Mistkerl. Ich war verliebt, und du hast sie gevögelt."
"Die Libido ist der Diener des Intellekts", sagte O'Connor. "Oder war's umgekehrt? Ich dachte eben, wir halten es wie in Cyrano de Bergerac. du hast ihr Gedichte geschrieben, und ich hab's ihr besorgt. Wie besser hätte ich in deinem Sinne handeln können?

Außerdem kannst du dich bedanken, weil ich dich vor einer herben Enttäuschung bewahrt habe, das darfst du mir glauben. Aller Kneipenromantik entkleidet machte sie eine weitaus schlechtere Figur als ihre Gitarre. Du hast nichts verpasst."
"Können wir uns sehen?"

"Nun Paddy, es ist ein bisschen schlecht im Augenblick", sagte er. "Ich übe mich gerade auf einem anderen Instrument und möchte es ungern verstimmen."

Vor der erleuchteten Kulisse eines der luxuriösesten Hotels Köln erkannte O'Connor mit nüchterner Gewissheit, dass sie nie wirklich die gleichen Gedanken geteilt hatten. der Mann, der ihm dort gegenüberstand, mochte Paddy Clohessy sein, aber die Wirkung seiner Präsenz auf O'Connor war die eines verspäteten Beweises für ein jahrelanges Missverständnis.

Es liegt mir nicht, Verträge ohne Garantie und Rückgaberecht zu unterschreiben [Ehe].

Es heißt, man soll seine Grenzen kenne, das ist Unsinn. Sie zu kennen heißt, sie überwinden zu wollen. Das Problem ist nur, es gibt kein Zurück.

"Wir haben uns auf dünnes Eis begeben. Der Reiz lag darin, drauf zubleiben, nicht einzubrechen. "Einmal deinem inneren Dämon nachgegeben und du fährst geradewegs in die Hölle."

Ihr ganzer Körper begann zu schmelzen, und heftiges Verlangen überkam sie , sich bei ihm anzulehnen und sich in ihm zu vergraben.

Aber Paddy Clohessy war eben ein hoffnungsloser Jammerlappen und - schlimmer noch - ein Idealist. Alle Idealisten neigten zur Geschwätzigkeit.

Bis Gefühle ins Spiel kamen. solange es um Sachverhalte ging, war Clohessy Gold wert. Wurde es emotional, versagte er auf der ganzen Linie.

Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Ihr Geist sandte eine stummen Bedarfsmeldung nach hinten in den Hoffnung, ein virtueller Sachbearbeiter in O'Connors Kopf würde sie in Empfang nehmen, quittieren und zur umgehenden Erledigung weiterreichen.

Ihr Gesicht war wieder ohne Ausdruck, so wie meistens. Wie ein Testgelände für Gefühle. Testen, Abbruch. Testen, Abbruch. Wie eine Wüste. Nicht traurig, nicht glücklich, einfach nur ein Gesicht.

"Ich bin wohl eher Amerikaner", lächelte Silbermann. "Die irische Form von Glück ist mir, fürchte ich , zu strapaziös."
"Die Iren sind nicht glücklich. sie haben sich für den Genuss entschieden. er hält länger vor.

Terrorismus ist immer da, wo Macht und Gewalt sich treffen und sie treffen sich vor allem in den Medien. Macht erwächst aus Publicity und Anerkennung.

Wenn du plötzlich das Gefühl hast, dass Meere zwischen dir und dem anderen liegen, so kann es gleichwohl den Anfang oder das Ende einer Liebe bedeuten, du musst es nur zu deuten wissen. Wären wir uns im Klaren über unsere Gefühle und wüssten um ihre wahre Natur, ergäbe sich alles von allein. so aber übersetzen wir die Sprache unseres Herzens mit dem Kopf, und die Fehler in der Übersetzung zerstören das tiefere Verständnis der Liebe, das, was hätte werden können.

Am Ende bliebe, alles gegeben zu haben, um feststellen zu müssen, dass es dem anderen nicht genug war. Dass nichts mehr galt.

Jedes Mal aufs Neue hatte er sich gefragt, warum nicht alles aus Anfängen bestehen konnte, aus beliebig gedehnten ersten Malen? Warum konnten Liebesgeschichten nicht im Beginn verharren, konnte man ihr Fortschreien nicht abbremsen wie Photonen? Warum unterwarfen sich Gefühle nicht der Physik Das Chaos gebar den Augenblick die Attraktion, die Reise ins Unbekannte, die Außerkraftsetzung von Regeln und Formen. Hierin lag etwas Großartiges. Aller Verbindlichkeiten ledig vollzog sich Einzigartiges, nie Dagewesenes, ungemein elektrisierendes. Wie aufregend war es, Amerika zu entdecken!

War es nicht genau das, was ihn immer abgestoßen hatte? Wie aus einer wilden, Explosiven Leidenschaft ein domestizierendes Feierchen wurde, auf dem der Alltag dahin köchelte. Wie der eine versuchte, dem anderen all das abzugewöhnen, weswegen er sich in ihn verliebt hatte. Feste Beziehungen liefen dem Wesen der Faszination zuwider. Das war so. Der andere begann, darüber zu befinden, was für einen wichtig war und was nicht. Man möblierte sein Leben, der andere möblierte es um. Er richtete sich so lange in der Persönlichkeit des Partners ein, bis er sich wohler darin fühlte als der ursprüngliche Bewohner. Der freie Geist verendete im WIR.

Eine Wahrheit hört auf, wahr zu sein, wenn sie von mehr als einer Person geglaubt wird.

Lavallier wusste gut genug, das Intellektualität und Berühmtheit nicht automatisch mit Ehrbarkeit einhergingen.

Sie hatte genügend Zeit verstreiche lassen. Genug, um ihre Unabhängigkeit, wenn nicht ihm, so doch sich selbst zu beweisen. Ein albernes Unterfange, so viel war ihr klar, hinter dem sich unverändert die kleine, klamme Angst vor Zurückweisung und Enttäuschung verbarg, aber wenigstens tarnte sie sich einigermaßen respektabel im dezenten Grau der Vernunft.

Die Vögel, die dem Geschehen am nächsten waren, erlitten einen Schock. sie kreischten und schrie'n, verloren für kurze Zeit die Orientierung und fielen hinter die Formation zurück. Dann beruhigten sie sich. Ihr Gedächtnis tilgte den bewussten Teil der Erinnerung und legte den Rest unter Erfahrung ab, . Mit kraftvollen Flügelschlägen schlossen sie wieder auf.

"Ach Kika! Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, an dich zu denken, um sterben zu können."
"Du lügst", sagte sie fröhlich. "Du siehst zum Fürchten aus." "Natürlich lüge ich. Lügen sind die Höflichkeiten der Liebenden."

Da war es wieder, das Gefühl von ... nein, nicht Distanziertheit. Angst, er könnte einfach aus ihrem Leben verschwinden. Ein fahrender Zug, aus dem man bei voller Fahrt hinausgeworfen wird. Und zugleich Angst davor, an Bord zu bleiben. Eine Liebe mit O'Connor wäre das Paradies, aber ein Leben?

Später ist das Jetzt der Toten.

Wagner versuchte, Mitleid mit ihm zu empfinden. Aber der Fundus ihrer Emotionen war den Bedarfsanforderungen entweder nicht gewachsen oder brachte sie schlicht durcheinander.

Der Feind ist immer die Verblendung im eigenen Land, unser Nichthinsehen, die allzu schnelle Akzeptanz fadenscheiniger Ideologien.

Ihr Verstand weigerte sich, darüber nachzudenken, und sie ließ ihn dankbar seine Barrieren errichten.

"Ich bringe dir alles durcheinander", sagte sie. "Ich bin nicht so besonders ordentlich."
"Ist das eine Warnung?"
"So ungefähr"
"Zieht nicht", murmelte er. "Unordnung ist sexy.
"Was du nicht sagst."
"Liebe war noch nie ordentlich und Sex schon gar nicht. Du weißt doch, man verlegt seine Grundsätze und Zurückhaltung und gibt sich im Folgenden alle Mühe, sie nicht wiederzufinden."

Dafür liebten sie sich mit einer Intensität, deren Skala nach oben offen schien, und sie war abwechselnd euphorisiert, glücklich über jede Minute, die sie miteinander verbrachten, und niedergeschlagen, wenn sie an Kuhn dachte.

Trauer ist ein ungebetener Gast. sie kommt und geht, wann sie will, nicht, wann du willst. Ich schätze, das ist ihre beste Eigenschaft.

"Man sagte mir, dass Sie so was mögen, Doktor. Ich hoffe, es [Whiskey] entspricht einigermaßen dem Niveau, auf dem Sie sich zu ruinieren gedenken."

Die USA sind zerrissen zwischen extremen  Auffassungen, die Geschichte der Vereinigten Staaten geprägt von moralischer und physischer Gewalt. Das amerikanische System krankt an seiner eigenen Diffusität. Innerhalb einer machtvollen Union, die sich als Symbol der Einigkeit versteht wie keine zweite in der Welt, stehen einander fünfzig Staaten im Wege, deren Identitätsverständnis zum Teil extrem differenziert. Als Folge gehen weltumspannende Interessen und globale Allmacht der USA einher mit bauerdummer Ignoranz, gegenüber allem, was hinter dem nächsten Maisfeld liegt. Nirgendwo sonst in der Welt sind die Widersprüche so groß.

.. Defacto ist die amerikanische Gesellschaft ein lockeres Konglomerat aus Interessen und Werteauffassungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie setzt sich zusammen aus wenigen, die viel, und vielen, die wenig haben, aus Liberalen und Demokraten auf der einen und Republikanern auf der andern Seite, deren radikale Vertreter das Rad der Geschichte notfalls mit allen Mitteln zurückdrehen möchten.

Zwar erhielt er renommierte Preise, aber Lorbeeren sind keine Währung, und finanzielle Unterstützung für die Weiterentwicklung der Lichtbremsung blieb bisher aus.

"Das Bourne Vermächtnis" - Robert Ludlum

Verwunderlich und ganz und gar unwahrscheinlich erschien ihm, dass er diesen Mann zugleich lieben und hassen konnte. Wie rätselhaft, dass der menschliche Geist zu solch extrem gegensätzlichen Emotionen imstande ist, dass er die zweifellos vorhandenen schlechten Eigenschaften rational wegerklären konnte, um Zuneigung zu jemandem empfinden zu können. Bourne wusste jedoch, dass der Drang, zu lieben und geliebt zu werden, ein menschlicher Imperativ ist.

"Meine Gefährten, meine Freunde." In seinen Augen blitze Überzeugungskraft. "Auf das Zusammentreffen von kummervoller Vergangenheit, verzweifelter Gegenwart und glorreicher Zukunft. Unser Sieg ist zum Greifen nahe!"

Der Washington National Airport war ein Tollhaus: Geschäftsleute mit Laptop und kleinen Rollenkoffern, Familien mit riesigem Gepäck, Kinder mit Micky-Maus, Power-Ranger- oder Teddybär-Rucksäcken, ältere Leute in Rollstühlen, eine Gruppe Mormonenmissionare auf dem Weg in die dritte Welt und Händchen haltende Liebespaare mit Flugtickets ins Paradies drängten und schoben sich durch die Halle. Doch trotz des Gewühls hatten Flughäfen stets etwas Leeres an sich. Deshalb sah Bourne nichts als leeres Starren: den nach innen gerichteten Blick, mit dem der Mensch sich instinktiv gegen grässliche Langeweile abschottete.
Eine Ironie, die Bourne nicht entging, war die Tatsache, das auf Flughäfen, wo das Warten eine Institution war, die Zeit stillzustehn schien. Nur nicht für ihn. Jetzt zählte jede Minute, denn sie brachte ihn der Liquidierung durch genau die Leute näher, für die er früher gearbeitet hatte.

Er wusste nur, dass Bournes Gesicht zu einem Bestandteil seines Bewusstseins geworden war. Was auch geschehen mochte, Bourne hatte ihn in seiner Gewalt. sie waren gemeinsam aufs Rad ihrer eigenen Begierden geflochten und würden es bleiben, bis der Tod sie erlöste.

Aber es gab noch eine weitere Frage, die ihm immer wieder durch den Kopf ging, und obwohl er sich bemühte, sie abzublocken gelang ihm das nicht. Was hatte er in exakt dem Augenblick empfunden, in dem er erfahren hatte, dass Jason Bourne noch lebte? Freudige Erregung? Angst? Wut? Verzweiflung? Oder eine Kombination aus allen diesen Empfindungen - ein beängstigendes Kaleidoskop, dessen Bilder ständig wechselten.?

Dort hatte er Karriere gemacht, kein Zweifel, aber er konnte es nie verwinden, um welche Position Bourne ihn gebracht hatte. Conklin war eine Legende innerhalb der Agency gewesen. Mit ihm zusammenzuarbeiten war Hulls Traum gewesen, seit er vor zwanzig Jahren zur CIA gegangen war. Es gab Träume, die man als Kind hatte; von diesen konnte man sich später leicht trennen. Aber die Träume eines Erwachsenen ... nun, die waren etwas ganz anderes. Die Verbitterung wegen unerfüllter Träume ließ sich nicht überwinden, zumindest nicht nach Hulls Erfahrung.

Seit er sie erstmals berührt hatte, sehnte sie sich danach, ihn besser zu kennen. Sie wusste nichts über seine Vergangenheit - ihres Wissens gab es niemanden, der sie kannte. Sprach er mit ihr darüber, vertraute er ihr die kleinen Geheimnisse seines Lebens an, dann würde er sich an sie binden wie sie an ihn.

Natürlich war kein Wort von seiner Geschichte wahr gewesen, obwohl er zugeben musste, dass diese Story gut war - filmisch sehr wirkungsvoll. Die Wahrheit... was war die Wahrheit? Er kannte sie kaum noch; er hatte so viel Zeit darauf verwandt, seine kunstvolle Fassade zu errichten, dass er sich an manchen Tagen in der eigenen Scheinwelt verirrte. Jedenfalls hätte er niemandem die Wahrheit erzählt, weil das für ihn nachteilig gewesen wäre, Leute, die einen kannten, glaubten, einen zu besitzen, als ob die Wahrheit, die man in einem schwachen Augenblick, den sie Intimität nannten, einen an sie binden könnte.

Er hatte den bitteren Geschmack von Enttäuschung im Mund.

Sie waren eine Zeit lang amüsant, aber eben nur für gewisse Zeit.

Keine gute Tat bleibt unbestraft.

Mich würde bloß interessieren, wie Sie das anfangen wollen."
"Wie Hannibal, den ich als Heerführer verehrte, einmal so großartig gesagt hat: "Wir werden einen Weg finden oder einen schaffen."

"Chan, wir suchen es uns nicht aus, in wen wir uns verlieben"

Aber Spalko hatte auch erkannt, dass Sinas wahre Leidenschaft ihm galt. Und gerade diese Liebe, diese von abstoßender Schwäche kündende Opferbereitschaft, hatte ihn dazu gebracht, sie zu verlassen.

Seine schicksalhafte Begegnung mit den Arabern war nicht nur von Vorteil gewesen, denn obwohl er ihr eine gute Tarnung verdankte, hatte sie ihn doch auch aufgehalten.

"Rabenbrut" - Frances Fyfield

Altersgenossen waren ein Trost, besonders wenn man durch eine gemeinsame, aus Erfahrung geborene Sprache verbunden war, eventuell auch durch dieselbe Art von Erziehung und die leise Vermutung, dass man irgendwo dieselben Maßstäbe hatte und eine ähnliche Fähigkeit, sich auszudrücken.

"Die Vielfalt macht es so außergewöhnlich", fuhr Richard fort. "Und man kann es sich einfach nicht leisten, sich eine Variante entgehen zu lassen. Man braucht sie für seinen Erinnerungsspeicher. Aber gegen Ihre Frustration sollten Sie etwas unternehmen. Zu wenig Sex raubt einem Mann den Verstand, genauso wie zu viel Sex."

Oh nein, Männer sollten untereinander nicht über ihre Ehe reden. John hatte die Erfahrung gemacht, dass Männer überhaupt nicht gern über die intimen Seiten ihrs Lebens sprachen. Männer erzählten von ihren Kindern, aber nur selten von ihren Frauen.

Sein Bewusstsein schwebte frei im Nichts. Wie sonderbar es war, sich über diese leidenschaftlichen rätselhaften Geschöpfe so nüchtern zu unterhalten, und wie gnadenlos richtig, Depression und ein langweiliges Leben schlicht mit Mangel an Sex in Verbindung zu bringen.

Das Schöne und das Böse tun sich im Allgemeinen nur deshalb zusammen, weil sie den gleichen genetischen Ursprung haben: Macht.

Jemand zu mögen war ein bisschen so, wie sich zu verlieben. Er vermisste den Burschen und machte sich Sorgen um ihn.

Das ist das Grundproblem, antwortete John. "Das fundamentale Dilemma in zwischenmenschlichen Beziehungen. Man kann sich nicht in das andere Geschlecht hineinversetzen, seine Denkweise verstehen oder gar selbst do denken. Deshalb ist hundertprozentiges Verstehen einfach unmöglich. ... Es verhält sich wie mit den beiden parallelen Linien, die sich nie kreuzen."

John versuchte, sich an seine überwältigende Zuneigung für Richard zu erinnern , und grübelte darüber nach, dass jede Freundschaft Gefahren barg. Freundschaft war eine Art von Liebe. Sie setzte voraus, dass man akzeptierte, was man nicht verstand, und es vergab. Und Künstler waren ohnehin anders als andere Leute. Sie hatten eine selektive Wahrnehmung, waren abwechselnd hypnotisiert oder hatten Scheuklappen auf, ließen sich von dem, was sie sahen, vergiften wie Jugendliche auf Drogen.

"Am Anfang sind sie Kinder" - Petra Hammesfahr

"Er kann dir alles erklären, Mutti. Und wenn er loslegt, denkst du, er hätte das www erfunden. Nach fünf Minuten bedauerst du, ihn gefragt zu haben, weil dir inzwischen der Schädel raucht. Nach einer Viertelstunde geht dir allmählich das Licht auf, dass er nur deshalb von Hölzchen auf Stückchen gekommen ist, weil er von Hölzchen nicht viel und von Stöckchen auch nicht mehr Ahnung hat. Aber wenn man beides in einen Topf wirf und kräftig mit dem Ausdruck global würzt, riecht es nach Allwissenheit. Alles nur Show.

Bei jedem anderen hätte Kathi sich solch abstruse Vorwürfe längst verbeten, wäre aufgestanden und gegangen. Nur klang es aus Engelbrechts Mund nicht ausschließlich nach Vorwurf, sondern auch ein bisschen nach Wahrheit. Und wie das so war mit Wahrheiten, die nicht ausgesprochen wurden, die man sich nur irgendwie zusammenreimte oder von der Stirn des Gegenübers abzulesen glaubte, man fühlte sich in die Enge getrieben, sah sich gezwungen, etwas zur eigenen Verteidigung vorzubringen. Und dann sprach man aus, was das Gegenüber bis dahin vielleicht gedacht hatte. Vielleicht aber auch nicht, weil es ein viel zu kühner Gedanke war.

Bevor wir beide jetzt allerdings weiter Zukunftsmusik komponieren, schlage ich vor, wir schauen erst mal nach.

Er begriff seinen inneren Zusammenbruch nicht, wusste nichts vom Zusammenspiel der Sehnsüchte und Hoffnungen. Ja, Hoffnungen! Sie ließen sich auf einen kurzen Nenner bringen.

"Seine große Liebe" - Petra Hammesfahr

Zum Großteil sind diese Geschichten banal, manche sind tragisch. Meine eigene ist kaum die große Ausnahme, nur ein weiterer Beweis dafür, dass es Menschen, sogar brünette Frauen gibt, die sich für intelligent und gebildet halten und in Wahrheit dümmer sind als Stroh, vor allem, wenn sie mit dem Unterleib denken.

Es war schon mit dreizehn eher so eine Art Hassliebe. Zu der Zeit war ich bis über beide Ohren in ihn verknallt. Und etwas, von dem man genau weiß, dass man es nicht haben kann, muss man sich selbst madig machen, dann wird der erzwungene Verzicht erträglich.

Herbert hätte Modell stehen können für eine dieser griechischen Statuen, an denen Frauen immer ratlos stehen bleiben, weil sie sich fragen, warum so ein traumhafter Körper mit einer eher mickrigen Männlichkeit ausgestattet ist und ob man, beziehungsweise Frau, für den blanken Neid sämtlicher Freundinnen auf ein paar Zentimeter mehr verzichten könnte. Man müsste ja nicht erzählen, dass er an der gewissen Stelle ein bisschen unterentwickelt ist.

Wie viele schöne Menschen hatte er absolut kein Gespür für die Nöte der Hässlichen.

Ich will mich hier nicht entschuldigen für das, was ich in unserer Jugend zu ihr gesagt habe. Man muss nicht unbedingt Gewalt anwenden, um ein Leben zu zerstören, oft richten Worte den größeren Schaden an.

Unter der Weste stand der Bauch ziemlich vor, ein Spitzbauch. Da musste ich mir zwangsläufig vorstellen, wie unsere Bäuche aufeinander klatschten und verhinderten, dass die Fortpflanzungsorgane zueinander fanden.

Ich würde mit dem Gang zum Standesamt den letzten Wunsch meines sterbenden Vaters erfüllen. Und auch eine vertrauensvolle, rein verstandesmäßige Bindung könne auf Dauer zu einem stillen Glück führen.
Stilles Glück, das höre ich heute noch. Ich wollte kein stilles Glück. Ich wollte Raserei, bersten vor Leidenschaft. Ich wollte, dass ein Mann mir die Kleider vom Leib riss, ohne vorher zu fragen, ob ich sie mir bei H&M oder aus einer exklusiven Boutique beschafft hatte. Ich wollte geliebt werden, bis ich den Verstand verlor. Wenn ich das nicht haben konnte, wollte ich gar nichts. Keine Kompromisse, lieber noch ein Eis zum Nachtisch. Und anschließend das heulende Elend vor dem Spiegel.

"Eine Frau ist nur schön, wenn sie sich selber leiben kann", sagte Bruno einmal. "Du kannst das nicht, Angelique, lass es mich für dich tun." Bruno und seine Sprüche.

Danach ging er zu den alten Hits über. Und plötzlich schlug die Stimmung in der großen Halle um. Es hatte etwas von einer Droge. Die Melancholie verflossener Augenblicke, der bittersüße Schmerz schöner Erinnerungen. Ich dachte an Bruno, sah mich im Geist auf dem Fußboden liegen und sein Gesicht über mir. "Nicht denken."

Dass du mich eines Tages ebenso liebst und über ein paar Schwächen hinwegsiehst..." Ein paar Schwächen! Ich hatte es gehört, legte es irgendwo ab und versuchte, es zu vergessen, weil ich meinte, wenn er nun mit mir die ideale Partnerin gefunden hätte, brauche er sich nicht mehr um andere zu bemühen. Doch so einfach war das nicht.

Dass er sich nicht kaufen ließ, war einerseits ein Kompliment, an dem sich mein Selbstbewusstsein allmählich empor rankte, und andererseits eine unerschöpfliche Quelle der Furcht. Mit Geld hätte ich ihn binden können, da wären eben die Summen mit der Zeit größer geworden. Ohne Geld gab es nicht viel. Ab und zu der Gedanken an ein Kind, dessen Existenz ihn mir verpflichtet htte. Deshalb nahm ich auch weiterhin keine Verhütungsmittel.

Um dein Dekolettè werden dich viele Frauen beneiden, auch wenn sie es niemals offen zugeben", sagte Bruno. "Was dich stört, wirst du kaschieren, was du hast, wirst du betonen."

Die Angst vor der Gewissheit ist ein guter Lehrmeister. Und wie hatte ich gesagt: "Einmal in der Woche wäre traumhaft." Zweimal in der Woche war die Steigerung eines Traumes.

Ich hungerte auch nicht bewusst und mit dem Ziel, für Bruno schlank und attraktiv zu werden. es war eher so, als ob mir etwas den unersättlichen Magen zugeschnürt hätte. Ich musste mir nichts mehr in den Mund stopfen, um ein bisschen Lust und Trost zu finden. Und wenn doch, dann ein Stück von Bruno. Mich interessierten nur noch die beiden Abende, an denen er bei mir war. Genießen wir jede Minute! Denn von jeder Minute musste ich anschließend sehr lange zehren.

"Gönn mir ein paar Tage, an denen ich morgens neben dir aufwachen darf, Angelique."

Du wirst es nicht bereuen", versprach er.

Das habe ich auch nicht, keinen einzigen dieser zehn Tage bereut. Aber ich hätte nicht mit ihm fahren dürfen. Es ging schon bei unserer ersten Tour hierher schnurstracks in den Wahnsinn. Ich bestand plötzlich nur noch aus Unersättlichkeit und Gier, als wären Kultur, Bildung und Niveau nur eine Fassade, hinter der sich die wahre Angelika im gewohnten Alltag versteckte.

Ein paar Äpfel, ein Stück Dauerwurst und Knäckebrot. Zusammen mit den Tomaten ließ sich daraus ein bescheidenes Abendessen zaubern. Ich musste mir gar nicht die Blöße geben, meine hausfrauliche Unfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Wie oft Bruno mich belogen hat, weiß ich nicht. Verletzt hat er mich einmal zu oft. Ich habe mit ihm Gipfel erreicht, auf die mich kein anderer Mann hätte bringen könne, dachte ich jedenfalls lange Zeit. Aber unser Himmel war besetzt, zeitweise vermutlich sogar übervölkert.

Und was immer unter Erich Nettekovens Spitzbauch baumeln mochte, es konnte von mir aus im stillen Gedenken an die werte Verstorbene weiterbaumeln. Ich wollte es nicht. Ich wollte nicht erinnert werden an den Totempfahl meines bronzefarbenen Indianers. Ich wollte nicht vergleichen müssen zwischen Bambusstab und deutscher Eiche.
Dabei war der Zauberstab gar nicht das Wesentliche. Irgendwie spürte ich das damals schon.

Komisch, es hieß doch immer, das Männer mit dem Körper lieben und Frauen mit der Seele. So wie Bruno es ausgedrückt hatte, klang es umgekehrt.

Das war so eine Wasserfall-Situation. Das Herz war voll, der Mund lief über. Ich wollte nicht über verletzte Gefühle sprechen und bestimmt nicht den Schmerz aufwühlen.

All die Gründe, die sie aufgezählt hatte, wären auch vor der Hochzeit schon da gewesen, meinte er und verstand nicht, warum ihr nicht früher aufgefallen war, dass sie nicht kompatibel seien. So hatte sie das ausgedrückt. sie war in d er Computerbranche beschäftigt.

Brunos Finger spielten die ewige Melodie von Lust und Begehren. Und die Zunge gab den Rhythmus und die Begleitakkorde dazu. Ich brauchte meine Tasche nicht mehr, um mich daran festzuklammern. Brunos Nacken bot Halt genug, um nicht vornüber zufallen, und hinten lehnte ich an Papas Wagen.

Wo war der Bruno geblieben, der mich am ersten Abend mit ein paar Blicken in eine Marionette verwandelt hatte?

Er sprach fast eine Stunde lang. Ich hörte zu, klüger wurde ich nicht. Nur die ersten Sätze betrafen uns. Der Rest war abstrakt. Liebschaften, die keinen Namen bekamen, flüchtige Abenteuer, denen das Gesicht fehlte. Unzählige Frauen, an denen Bruno nicht hatte vorbeigehen können. die er auf seine Weise genommen, von denen er sich gleichzeitig benutzt, ausgenutzt und missverstanden fühlte.
Er kam mir vor, als versuche er, im Alleingang die Geschichte der Emanzipation zu verarbeiten, die Dominanz oder wenigstens den Wert des Mannes zu beweisen und gleichzeitig den schwelenden Konflikt zwischen den Geschlechtern dadurch zu lösen, dass er sich als Opferlamm darbot.
Der ewige Jäger als  Beute oder so eine Art Jesus, der sich nicht für die Sünden seiner Geschlechtsgenossen an ein Kreuz nageln ließ. Er nagelte lieber selbst. Aber anscheinend wusste er beim besten Willen nicht mehr, was von ihm erwartet und gefordert wurde. Stärke und immerwährende Bereitschaft, Potenz und Zartheit, Ausdauer und Rücksichtnahme, Sensibilität und Härte, Verständnis und Verzicht.

Drum prüfe wer sich ewig bindet. Das tat anscheinend keiner. Nach meinen Erfahrungen dachte kaum eine Frau auf dem Standesamt noch an Ewigkeit. In der Regel waren es nämlich die Frauen, die als Erste unzufrieden wurden, wenn sie feststellten, dass es in ihrer Ehe nicht so lief, wie sie sich das vielleicht einmal ausgemalt hatten. Männer kompensierten die kleinen oder großen Mängel wohl im Beruf, oder sie stellten sich so wie ich aus Bequemlichkeit blind.

Ich weiß nicht, mit wie vielen Männern Carla mich betrogen hat. Vielleicht hätte ich mich mit einem Liebhaber auseinander setzen könne, mir eingeredet, das könne jedem Menschen Passieren, gegen Gefühle sei man machtlos. Aber der halbe Tennisclub, dazu noch drei, vier oder fünf aus dem Fitnesscenter, das war mir zu viel.

Das gemeinsame Frühstück danach, sich am Tisch gegenübersitzen, die Nacht noch im Blut. Verschlüsselte Botschaften, die niemand außer uns beiden deuten konnte.

Lieber Bruno, wo hast du das Teufelszeug aufgetrieben? Pflegst du neuerdings Kontakte zum Mossad oder der CIA? Den Jungs ist so etwas zuzutrauen. sie können es einfach nicht lassen, dem lieben Gott kräftig ins Handwerk zu pfuschen. Ich schätze, dass man mit einem Kilo schön langsam die komplette Population einer Großstadt ausrotten oder breite Landstriche entvölkern könnte."

Mein Bruno. So habe ich ihn oft genannt. beide Hände um sein Gesicht gelegt, den Blick verschwommen von den Tränen, die mir die Lust in die Augen getrieben hatte. Noch geschüttelt von den Schluchzern der Erlösung. Mein Bruno.

Indiz nennt man das, es ist ein Mittelding zwischen Vermutung und  Beweis.

Tagsüber, das war Spielerei oder das Pflichtgefühl eines Mannes, der sich berufen fühlte, den unglücklichen Teil der weiblichen Bevölkerung ein wenig aufzurichten. Deshalb war ich so erleichtert, als er bei mir einzog.

Er wusste genauso gut wie ich, wie das ist, verletzt zu werden von einem Menschen, den man mehr liebt, als man selbst begreifen kann.  Er wusste auch, dass ich bei ihm nur Ablenkung von meinen wunden suchte.

"Solange man verliebt ist, denkt man nicht darüber nach, zu welch einem Kampf das ausarten kann", sagte er "Ich befinde mich zurzeit in solch einer Auseinandersetzung, weiß also, wovon ich spreche."

Unserer Hochzeitsreise ließ Bruno sich von mir spendieren. Drei Wochen auf den Kanarischen Inseln wäre mein Traum gewesen. Oder Hawaii, traumweiße Strände, palmengesäumt, menschenleer, unter mir Sand, über mir Bruno. So hatte ich es mir ausgemalt und nicht bedacht, dass es vielleicht doch nicht nur die Kosten und die Umstände eines regulären Flugs gewesen waren, die Bruno dazu veranlasst hatten, für den Weg nach Spanien zwei Tage und zwei Nächte hinter dem Steuer zu wählen.

Von der Stadt haben wir nicht viel gesehen, wir sind nicht mal mit einer Gondel gefahren, weil wir kaum aus dem Zimmer kamen.
"So ein teures Bett muss sich amortisieren", sagte Bruno. Und jede Nacht war anders, jede Zärtlichkeit noch unerlebt. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass es noch eine Steigerung geben konnte. Ich hätte es vorher auch nicht geglaubt und fand nun, der Einsatz hätte sich gelohnt. Es war einfach wunderwunderbar. Welch ein unzulängliches Wort, um einen Himmel zu beschreiben, in dem ich nur weinen konnte.

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt alles andere als die Absicht, meinen Spötter zwischen die Beine zu bekommen. Ich wollte nur etwas Ablenkung, eine nette Plauderei über vergangen Zeiten vielleicht.

"Tut mir Leid, Geli. Ich habe dich nicht eingeladen, um dich als Mülleimer für mein einsames Herz zu missbrauchen. Erzähl lieber von dir. Glück macht Frauen schön, heißt es. Deinem Aussehen nach zu urteilen, musst du sehr glücklich sein."

Herbert Rossmüller, mein Folterknecht aus Jugendtagen, bekam dieses verdächtige 'Glitzern in die Augen. Seine Hände auf den Armlehnen des Sessels bewegten sich unruhig, ein sicheres Zeichen von Nervosität. Wieder betrachtet er mit begehrlichem Blick meine Bluse.

Es war nur zu Anfang ein herrliches Gefühl; Macht und Gewalt, der Kampf mit den Waffen der Frau. Das Verlangen nach Rache. Und gleichzeitig war es der Reiz der Verführung, die zum Leben notwendige Bestätigung der eigenen Person. War ich inzwischen reizvoll genug, meinen Spötter auf seine eigene Couch zu legen?

Sein Kuss war hektisch, drängte mir den Vergleich mit einem Ertrinkenden auf. Nein, ausgehungert. Er setzte die Zähne ebenso ein wie die Zunge. Kein Wunder, er lebte seit geraumer Zeit allein und musste ausgehungert sein. Er war nicht der Typ, der sich für Geld eine schnelle Entspannung kaufte. Zu stolz, zu selbstbewusst und durchaus fähig, zu leiden und zu verzichten.

Was ist Liebe denn? Einen Menschen gehen lassen, wenn es ihn nicht glücklich macht, dass man ihn hält?

Es ging alles fließend ineinander über. Die Sinnlichkeit, allmählich ansteigende Erregung. Herbert war nicht so routiniert w: Aber routiniert war Bruno auch nicht, nur erfahren im Umgang mit meinen Empfindungen. Er hatte zwei Jahre Zeit gehabt, das Instrument zu stimmen. Nein, das ist nicht korrekt. Er hatte es vom ersten Moment an meisterhaft beherrscht. Wer jahrelang auf allen möglichen Flügeln klimpern durfte, entlockte eben auch einem verstimmten Klavier noch ein paar harmonische Töne.

Ich habe dich nur mit den Augen liebkost.

Und wenn man sich wie ich so gut darauf versteht, Tatsachen zu ignorieren und Gewisssheiten auszublenden, kann man sich selbst überzeugen, man hätte alle Zeit der Welt und könnte es langsam angehen lassen.

"Tanz, Püppchen, tanz" Joy Fielding

Sie wusste, sie war nicht die erste Frau, die von einem Bild verführt und von ihren Sehnsüchten betrogen worden war, die  sie auf einen anderen Menschen mit eigenen Bedürfnissen projiziert hatte. Sie wollte Stil und hatte Substanz bekommen. Sie wollte den schlimmsten Albtraum ihrer Mutter und bekam einen Mann, der jede Mutter stolz machen würde.

Amanda beobachtet die intensive Konzentration, mit der er zuhört, und denkt, dass diese Intensität immer eine seiner attraktivsten Eigenschaften gewesen ist. Er hat eine Art, einem das Gefühl zu vermitteln,  dass man der einzig wichtige Mensch in einem Raum ist, denkt sie, hört das leise Echo einer Frauenstimme aus dem Hörer und empfindet für einen Moment brennende Eifersucht.

Wen interessiert der Wechsel der Jahreszeiten? Ja, vielleicht hat sie den belebenden Schub kühler Luft, der die drückende Hitze des August wegbläst, irgendwann einmal genossen, und ja, irgendwann hat sie auch über einen unvermuteten Novembersturm gestaunt, der die Stadt in eine Decke aus feinem Schnee gehüllt hat, aber die Erfahrung hat sie gelehrt, dass kühle Brisen die hässliche Angewohnheit hatten, zu beißenden Winden zu werden, und reiner jungfräulicher Schnee allzu schnell zu schmutzigem Matsch verkam.

Amanda blickt zu dem Haus gegenüber und sieht dann wieder die junge Frau an, die vor ihr steht, sieht die Spuren der Jahre in ihrem Gesicht verschwinden, bis ihr ein leicht pummeliges Mädchen mit Apfelbäckchen, großen braunen Augen und einem bereitwilligen Lächeln entgegenblickt.

Ganz zu schweigen von den Umständen, die sie hergeführt haben, dem Wiedersehen mit ihrer Mutter und ihrem Ex-Mann und den unangenehmen Erinnerungen an eine Vergangenheit, die sie hinter sich gelassen zu haben glaubte. Das würde jeden erschöpfen.

Leicht angetrunken zu sein eröffnet ihnen eine größere Bandbreite von Möglichkeiten. Sie können Sachen zueinander sagen, die normalerweise tabu wären. Sie können Dinge tun, die man sonst vielleicht als unklug beurteilen würde. Sie können unsichtbare Linien überschreiten und kichernd wieder einen Schritt zurücktreten. Sie können die Vorsicht in den böigen Wind schreiben und der Versuchung nachgeben, die sie anzieht wie ein Magnet, seit sie aus dem Flugzeug gestiegen ist. Sie können wilden und leidenschaftlichen Sex vor einem romantischen Kaminfeuer haben, am nächsten Morgen sagen, es war der Wein, sich von ihren jeweiligen Fantasien verabschieden und ihr Leben weiterleben.

"Das verlorene Labyrinth" - Kate Mosse

Doch dann spürte sie plötzlich ein anderes Gefühl, ein Kribbeln unten im Rücken. Eine Vorahnung, ein Gefühl der Erwartung. Wiedererkennen. Hier endet alles. Es endet hier, wo es begann.

Pas a pas - Schritt für Schritt kommen wir weiter, Schritt für Schritt.

Si es atal es atal Es kommt so, wie es kommen wird.

Alice zog die Knie an, stützte das Kinn darauf und schlang die Arme um die Beine. Irgendwann wusste sie nicht mehr, wie lange sie schon in diesem stillen verlassenen Zimmer saß. Doch schließlich verstand sie. Die Vergangenheit griff nach ihr und erhob Anspruch auf sie. Ob sie das nun wollte oder nicht.

"Des Teufelswerk" - Minette Walters

Kennt einer von uns den Punkt, an dem er die Nerven verliert? Meiner war da, als der große eiserne Schlüssel zur Haustür klemmte und wie aus dem Nichts fünf Mastiffs erschienen. Ich hatte mein Hand< herausgekramt, um die Sache mit dem Schlüssel zuklären, und bemerkte die Hunde erst, als einer von ihnen zuknurren begann. Die Schnauzen nur Zentimeter von meinem Rock entfernt, umstellten sie mich, und ich spürte förmlich den Adrenalinschub, als die Angst mich überschwemmte.

Die Ehefrau tut mir ja noch ein bisschen Leid - obwohl sie sich das Desaster selbst zuzuschreiben hat - , aber die Schwestern machen sich nur lächerlich. Sie wussten, dass sie ihn mit einer Frau teilte, warum dann wegen einer weiteren Wirbel machen?"

Ich dachte mit etwas schlechtem Gewissen an die verheirateten Männer, mit denen ich geschlafen hatte. Dan vor allem. Was ist das für eine Beziehung? "Es ist leichter mit einer Ehefrau zu konkurrieren. Da weiß man, womit man es zu tun hat. Wenn da hingegen noch eine Geliebte mitläuft, lösst das doch vermuten, dass man selbst genauso langweilig ist wie die Frau, die  man eigentlich verdrängen wollte."

Wir entscheiden im Leben ebenso oft, wem wir glauben wollen, wie was wir glauben wollen, und ich hatte keinen Grund anzunehmen, Peter wolle mir eine gefährliche Irre auf den Hals hetzten.

Die halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge.

"Mit den Augen eines Kindes" - Petra Hammesfahr

Karola war auch vier Jahre nach der Hochzeit noch nicht in der Lage, einmal Bedürfnisse oder Verlangen zu bekunden. sie wies mich nur selten ab, wenn ich das tat, aber manchmal hatte ich das Gefühl, mich aufzudrängen. Und Maren bestand aus Intuition und Bereitschaft, aus Gier und Unersättlichkeit, aus Opium, Morphium, hochprozentigem Rum und reinem Heroin, eine Mischung, die unweigerlich süchtig machte. Vier Monate lang traf ich sie mindestens dreimal die Woche in diesem Kölner Hotelzimmer und verfiel dem Wahn, dass letztlich zueinander findet, was zueinander gehört und füreinander bestimmt ist. (Seite 35)

Während der Fahrt nach Köln stellte ich mir vor, dass Marens Mann in Sachen Konkursmasse irgendwo herumfuhr. Ein ahnungsloser Trottel, der sich seit dem vergangenen November glücklich wähnte, verheiratet mit einem Vollblutweib, stolzer Besitzer einer Katastrophe. Und während dieser arme Idiot sich für sie abstrampelte, pfiff sie einmal kurz, und ich sprang. Ich war nämlich der größere Idiot, rannte freiwillig und mit offenen Augen ins blanke Messer.

"Der Fluch des Florentiners" - Rolf Ackermann

Er trug einen dunkelblauen Anzug mit dezenten grauen Streifen. die Krawatte passte so perfekt zu seinem Hemd, dass sie endgültig wusste, dass er Stil und Geschmack hat - und das Geld, sich diesen Stil zu erlauben. Bereits zehn Minuten später, auf der Fahrt in die Innenstadt, gelangte sie zu der Überzeugung, dass er außergewöhnlich charmant und zugleich angenehm zurückhaltend war. ... Sie sprachen nicht , aber ihre Körper kommunizierten miteinander. Und sie genoss es!

Er umfasste nun mit der zweiten Hand ebenfalls ihre rechte Hand und schaute ihr so unglaublich tief in die Seele, dass sie erschauerte. ER hatte tiefdunkle Augen. Ihr Glanz irritierte sie. Sein Lächeln war so unvorstellbar gewinnend, dass sie in Bruchteilen von Sekunden wusste, dass dieser Mann etwas in sich trug, was sie nie zuvor a und in einem Mann gesehen und gefühlt hatte.

Die entscheidende Frage, verehrte Mrs. de Vries, ist nicht wie sich Menschen verständigen! Viel bedeutsamer ist, wie sie sich verstehen. dort, wo die Seele Gemeinsamkeiten findet, bedarf es keiner Worte!"

Der Abend wurde so romantisch, wie Marie-Claire es gehofft, aber auch befürchtet hatte. Was immer sie sich im Laufe des Tages an Strategien, Dialogen und Ablenkungsmanöver vorgenommen und zurechtgelegt hatte, erwies sich plötzlich als pure Illusion. Alles verlief ganz anders. Der Abend strömte dahin wie ein mächtiger Fluss, der zum Meer will und dabei keine Hindernisse akzeptierte. Sie war das Treibholz. Sie hatte sich vorgenommen, ihm mit perfiden Mittel Geheimnisse über sei Interesse an dem Florentiner zu entlocken. Cool und berechnend hatte sie sein wollen, aber er lachte so unwiderstehlich herzlich, erfreute sich an Kleinigkeiten dieses Weihnachtsmarktes, dass sie sich schließlich schämte, solche Gedanken überhaupt gehabt zu haben.

Er wandte sich langsam zu ihr um und blickte sie an, drang mit seinem Blick tief i ihre Seele. Er griff in ihr langes Haar, schob es zur Seite und gab ihr einen sanften Kuss auf den Halsansatz. Seine Lippen berührten ihre Haut kaum, aber sein warmer Atem ließ sie zittern. Er spürte es.
"Wir können auch später noch essen gehen..." ES gab kein Später. Es gab kein Essen, Und es gab weder Zeit noch Raum. Was geschah, als sie in ihrer Wohnung über dem Donaukanal ankamen, ließ keinen Platz für Worte. Weder sie noch er wollten sprechen. Sie wollten nichts voneinander wissen. Keiner fragte den anderen, wo er herkam und wo er hinwollte. Das Gestern war vergessen und an das Morgen dachten sie nicht, weil sie ihre Vernunft im Aufzug zu Marie-Claires Wohnung zurückgelassen hatten.

Da war es wieder! Marie-Claire liebte diese kryptischen Andeutungen, die blumige Sprache dieses Mannes, voller Aphorismen und philosophischer Gedanken. Es war eine Sprache, wie sie sie in den arabischen Ländern kennen und lieben gelernt hatte. Eine Sprache, die zu Sanjay passte: Sanft, warmherzig - ehrlich.

Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sich hinter der Fassade des charmanten und gebildeten Grandseigneurs in Wirklichkeit doch ein erzkonservativer Mann verbarg, dessen Lebenseinstellung so gar nicht mit ihrer eigenen in Einklang zu bringen war. Zudem irritierte sie nach wie vor seine undurchschaubare Verbindung zu den ultrakonservativen Rittern vom Goldenen Vlies.

"Das Geständnis der Mabel Stark" - Robert Hough

Sobald die Katze eingedöst war, fing Art[hur] an zu pfeifen und rollte seine Ärmel runter. Noch heute, dreiundvierzig Jahre später, erinnere ich mich an die Melodie - eins dieser typischen Details, die ihre Nebensächlichkeit dadurch wettmachen, dass sie unvergesslich bleiben: Es war "Farmer in the Dell".

"Body Farm" - Patricia Cornwell

Ich wusste nicht genau, warum ich mir meinen schwarzen Mercedes 500 E gekauft hatte, außer dass es mir nach Marks Tod wichtig erschienen war, einen neuen Wagen zu fahren. Vielleicht wollte ich dadurch meinen Erinnerungen entgehen, denn in dem früheren hatten wir uns verzweifelt geliebt und gestritten. Vielleicht war es aber auch nur, weil das Leben mit dem Älterwerden schwerer wurde und ich das Gefühl hatte, einen stärkeren Motor zu brauchen, um es zu bewältigen.

Wir sind uns selten solcher primitiven Ängste in uns bewusst, die unterhalb der Vernunftschwelle angesiedelt sind. der einzige Weg, mit ihnen fertig zu werden, ist, sie ans Licht zu bringen. Halten Sie sich für stark genug, das zu tun?". "Ja" "Denken Sie daran, wenn Sie fragen stellen, müssen Sie auch in der Lage sein, mit den Antworten zu leben."

Alle Dinge, die in unserem Leben passieren, führen zu all den anderen Dingen in unserem Leben", sagte sie leise. "Ein Augenblick in der Gegenwart hat also einen Bezugspunkt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft. Ich will dass du weißt, dass du so, wie du jetzt bist und je sein wirst, diesem Augenblick gerecht wirst, Tommy. So oder so. Wo immer er hinführt."
"Ich frage mich, woher ich wissen soll, was ich tun muss", erwiderte er. "Ich sehe ihr Gesicht an und versuche, darin zu erkennen, was sie wollen würde. Und dann frage ich mich, ob selbst das eine Lüge ist, ob ich mir vielleicht nur einrede, sie anzusehen, um zu erkennen, was sie von mir erwarten würde, während ich sie in Wahrheit einfach nur ansehe. Sie ansehe, weil ich dem Moment nicht ins Auge blicken kann, in dem ich nicht mehr in der Lage sein werde, sie anzusehen. Weil sie nicht mehr da sein wird. Nicht nur ihr Geist, sondern auch ihr Körper nicht mehr da sein wird. Denn jetzt in diesem Moment, verstehst du, gibt sie mir einen Grund, um weiterzumachen, und ich ziehe diese Situation in die Länge."
Seine Mutter hob die Hand und liebkoste sein Gesicht. "Von meinen Kindern warst du immer derjenige, der am härtesten zu sich selbst war", sage sie. "Du hast immer nach dem richtigen Weg gesucht, dich zu verhalten, hast so sehr befürchtet, einen Fehler zu machen. Aber es gibt keine Fehler, Liebling. Es gibt nur unsere Wünsche, unser Verhalten und die Konsequenzen, die daraus folgend.  Es gibt nur Ereignisse und wie wir mit ihnen fertig werden und was wir daraus lernen."
"Das ist zu einfach", widersprach er.
"Ganz im Gegenteil. es ist furchtbar schwierig."

"Mord braucht Reklame" - Dorothy Sayers

Es ist eine ekelhafte Konvention, dass der endgültige Zusammenbruch eines schalen Verhältnisse von einer reihe von nicht weniger ekelhaften Zänkereien eingeleitet werden muss.

"Die Philosophin" - Petra Langner

Was war denn die Liebe schon? Nichts weiter als der Austausch zweier Launen und die Berührung zweier Häute"

Der Tod ist das Tor zum Leben. Denn das wahre Leben beginnt erst, wenn unserer vergängliche Hülle vo uns abfällt. Ja, natürlich meine ich das Jenseits. Wo sonst gäbe es ein Paradies?

Die Arroganz der Macht wird nur von ihrer Ignoranz überboten.

"Die Spur des Feuers" - Iris Johansen - Juli 2006

"Sobald Gefühle im Spiel sind, verabschiedet sich der Verstand, nicht wahr?"

"Die Hüterin der Quelle" - Brigitte Riebe - Juni 2006

Wir müssen schon heute an morgen denken." Das war wieder an Veit gerichtet. "Und erst recht an übermorgen. Keiner von uns ist unsterblich. Unsere Mission aber soll es sein. Wer anders als die Jungen könnte der Bogen sein für diesen Pfeil, wer weit in die Zukunft zielt? Die Juden nennen sie das "Salz der Erde", wusstet Ihr das?"

"So hast du es immer gemacht, meine Schöne, nicht wahr? Mit den Männern gespielt und sie fortgeschickt, sobald es dir zu gefährlich wurde." Er schwankte leicht. Sein Gesicht hatte einen Ausdruck, den sie nicht kannte. "Ich kenn das verdammte Spiel. Hab sogar eine zeitlang fleißig dabei mitgetan. aber es geht nicht gut auf Dauer, weißt du das? Es geht niemals gut. Wenn der Haken erst einmal sitzt, tut es weh. Und je mehr du zappelst, desto größer wird der Schmerz, bis er dich von innen her zerreißt."

"Das mit den Königen hast du mir immer noch nicht verziehen, habe ich Recht?" "Eine unmerkliche Bewegung. "Aber so funktionieren die Regeln nun einmal nicht."
"Deine Regeln!", sagte Simon aufbrausend. "Regeln, die andere verletzen und die nicht einmal dir gut tun. Oder wärst du sonst krank geworden?".
"Was hat das eine denn mit dem anderen zu tun?"
"Jede Menge! Du lebst, als wärst du allein auf der Welt. Für dich sind die Menschen doch nichts anderes als Holzfiguren, Vater. Du stellst sie nach Belieben auf, arrangierst sie und packst sie wieder zusammen. Genau so, wie es dir passt."
"Du übertreibst. Maßlos. Woher hast du diesen Unsinn?"
"Das ist nichts als die Wahrheit! Du sammelst sie, bestaunst sie, und manche liebst du sogar. Für eine gewisse Zeit. Aber du verstehst sie nicht und gibst dir nicht einmal Mühe, es zu versuchen. Was weißt du schon von ihnen? Sogar wir, deine Allernächsten, sind dir fremd. Du hast doch nicht die geringste Ahnung, was in uns vorgeht - in mir, deiner Frau oder deiner Tochter."

Mit den Füßen im Fluss blieb sie still sitzen. Das kühlende Wasser tat gut. Aber es konnte das Feuer nicht löschen, das erneut in ihrer Erinnerung aufgeflackert war.
Woher wir kommen, ist das, was wir sind.
Wieder jene Stimme, die sie so oft in ihren Träumen hörte. Es gab keine Trennung von Vergangenheit und Gegenwart, sosehr sie sich auch bemüht hatte.

Sie spürte die Strömung, die sie ohne Anstrengung weiter trieb, den Nachtwind, der durch die Bäume am Flussufer streifte. Der Mond war bereits untergegangen. Nur noch ein schwaches Licht am dunklen Himmel erinnerte an ihn.
Das Wasser liebkoste ihren Körper. Seine Kühle schien tief in sie einzudringen. Sie hatte keinen Otterschwanz, wie die Leute behaupteten, kein dichtes Fell, das sie vor Kälte schütze. Aber eins werden mit dem Fluss, das konnte sie.

Feierlich und fröhlich waren ihre gemeinsamen Nächte, voller Lust und fast schüchterner Zärtlichkeit zugleich, als führten sie beide an etwas Zerbrechliches, das sich in Luft auflösten würde, wenn sie nicht sorgsam damit umgingen. Es glich der Reise in ein neues Land, in dem es viel Unbekanntes zu erforschen gab, und erinnerte gleichzeitig an eine Heimkehr, so sicher und vertraut fühlte es sich an.

"Die Liebe ist ein Kind der Freiheit", sagte sie. Plötzlich tat die andere ihr beinahe Leid. Aber Veit würde sie trotzdem nicht mit ihr teilen. Und einen Rüffel hatte sie allemal verdient. "Es gibt keinen Zwang, kein Rezept. Hat es niemals gegeben. Ist die Liebe vorüber, lässt sich nichts mehr dran ändern. Das ist das einzige Geheimnis, das ich kenne. Fang damit an. was du willst!"

"Was wären wir Menschen schon ohne Vergangenheit?. Erst unsere Wurzeln machen uns doch zu dem , was wir sind."

Avas Hände waren schwarz vom Holunder. Die reiche 'Ernte erschien ihr wie ein Zeichen. Es machte ihr Mut. Der Baum hatte dem Frost getrotzt; er hatte ihn zwar die Blätter gekostet, nicht aber die Früchte. In gewisser Weise ähneln wir uns, dachte sie, während sie die Beeren vorsichtig abstreifte. Wir warten, bis die Gefahr vorüber ist. Dann ziehen wir neue Kraft aus der Tiefe - und überleben.

Etwas hatte sich zwischen ihnen entzündet, eine Flamme, die sie beide erfasst hatte. Dennoch gehörte keiner dem anderen. Jeder von ihnen führte sein eigenes Leben. das hatte sie vorhin so deutlich gespürt wie selten zuvor.

Engelswurz, eine Pflanze die man auch Angelica nannt4e und der man nachsagte, sie vermöge heimatlosen Menschen beim Wurzelschlagen zu helfen.

Angst schützt uns, hat meine Mutter immer gesagt. deshalb ist sie oft gar nicht so verkehrt.

Hör vor allem damit auf, dein Glück im Unmöglichen suchen! Du wirst es nicht finden außerhalb der engen Grenzen, die der Pflicht uns setzt." fuhr Grün fort. "Versuche vielmehr, dein Leben in Mäßigkeit zu meistern, und sei demütig genug, Mittelmaß hinzunehmen, anstatt dich dagegen aufzulehnen."

Der Wind blies immer heftiger. Sie spürte, wie sie langsam ermüdete, und konnte sich doch noch nicht zum Umkehren entscheiden. Zu Stark war die Anziehung, die von dem rasch fließenden Gewässer ausging, ein Sog, den sie bis in ihr Innerstes spürte.

"Die Erinnerung kann uns niemand nehmen." Der alte Jesuit neigte seinen Kopf. "Behalte die hellen Tage. Und gibt die dunklen dem Schicksal zurück."
 

"Keines natürlichen Todes" Dorothy L. Sayers - Juni 2006

Und während sie lang und breit von ihrer Ankunft in Leahampton erzählte, von ihrer Einführung beim Vikar und der guten Luft und dem sandigen Boden von Hampshire, kramte sie in ihrem exzellenten Gedächtnis nach einem Anhaltspunkt. Aber die Erinnerung wollte und wollte ihr Versteck nicht verlassen.

"Es ist doch ein ganz gewöhnliches Schinkenbrot, oder?" "Oh Gott des Weines und der Tafelfreuden, wie lange noch, wie lange! Ein Schinkenbrot schon - aber weiß Gott kein gewöhnliches. Das ist nie über die Theke eines Selbstbedienungsrestaurants oder einer Würstchenbude gewandert. Das Schwein, das sind für diesen köstlichen Leckerbissen opfern musste, ward in keinem düsteren Koben gemästet und hat die zweifelhaften Genüsse aus dem häuslichen Abfalleimer nie gekannt. Sieh dir die feste Maserung an, das tiefbraune magere und saftige fette, wie eine Chinesenwange so gelb; und hier der dunkle Fleck, wo die schwarze Beize eingedrungen ist, auf dass dieser Leckerbissen Zeus persönlich vom Olymp hätte locken können! Und dann sag mir, du Ungebildeter, der du das ganze Jahr lang nur von Kochfisch leben dürftest, sage mir, wie deine kleine Kellnerin und ihr Eisenbahner dazu kommen, sich hier im Eppingforst an kohlschwarz gebeiztem Bradenham zu laben, der einst als junger Keiler durch die Wälder streifte, bis ihn der Tod in diese haltbare und ruhmvolle Köstlichkeit verwandelte?

Vielleicht ist ihr eingefallen, dass sie uns eine bessere Geschichte hätte erzählen könne, und jetzt will sie dir ein paar Ergänzungen und Verbesserungen andrehen."

"Dann verrät sie sich wahrscheinlich. die erste Rohfassung ist meist viel Überzeugender als das ausgefeilte Endprodukt."

"Aufruhr in Oxford" Dorothy L. Sayers - Juni 2006

"Alte Gewohnheiten sterbe schwer. Ich kann Ihnen nicht versprechen, mich von Grund auf zu ändern. Wenn Sie erlauben, werde ich Ihnen in angemessenen Abständen weiter Heiratsanträge machen - zum Geburtstag und am Nationalfeiertagen. Aber betrachten Sie das, wenn Sie wollen, als reine Formalität. sie brauchen nicht das mindeste darauf zu geben."
"Peter, es ist doch närrisch, so weiterzumachen."
"Apropos närrisch - und natürlich am ersten April"
"Sie würden das Ganze besser vergessen - eigentlich hatte ich das schon gehofft."
"Ich habe ein ausgesprochen undiszipliniertes Gedächtnis. Es merkt sich Dinge, die es vergessen sollte, und vergisst solche. die es sich merken sollte. Aber es ist noch nicht ganz und gar in den Ausstand getreten."

Im Rückblick fand Harriet, dass ihr Oxfordbesuch eine beunruhigende Wirkung gezeigt hatte. Sie hatte angefangen, Wimseys Existenz in ihrem Leben als gegeben hinzunehmen, wie man Dynamit in einer Munitionsfabrik als gegeben hinnimmt.  Aber dass die bloße Nennung seines Namens noch immer solche Reaktionen bei ihr auslösen konnte - dass Lob gleich wie Kritik an ihm aus andrer Leute Mund sie so maßlos ärgern konnte -, diese Entdeckung ließ sie dunkel ahnen, dass Dynamit eben doch Dynamit war, mochte  die lange Gewöhnung es noch so harmlos aussehen lassen.

"Dagegen  schützen die besten Absichten nicht. Was sie natürlich nie tun. Man kann sich noch s9o oft sagen, dass man dem Glück des anderen nicht im Wege stehen will, man tut es eben doch - durch seine bloße Existenz. Der Haken liegt in der praktischen Schwierigkeit, sozusagen nicht zu existieren. Ich meine, wir sind nun mal alle miteinander da, und was kann man dagegen schon machen?"

"Ist ihre Serviette wieder runtergerutscht?"
"Nein - diesmal ist es meine Handtasche. Sie liegt genau unter Ihrem linken Fuß.
"Oh!" Er sah sich um, aber der Kellner war entschwunden. "Nun ja", fuhr er fort, ohne sich zu rühren, "es ist des Herzens Amt, dem Hirn zu dienen, aber in Anbetracht meiner zwei gebrochenen Rippen versuche ich es lieber gar nicht erst...

"Wenn das Glück auf der anderen Seite gewesen wäre, könnten sie statt dessen Ihnen nichts mehr anhaben, ja?"
"Wahrscheinlich. Und dann würde ich auch Ihnen nicht mehr lästig fallen. Wenn mein Verstand gewesen wäre, wo mein Herz war, hätte ich diese Regelung sicher begrüßt. Aber da mein Verstand momentan bei meiner Aufgabe war, bin ich ausgerissen, so schnell ich laufen konnte, um weiterzuleben und den Fall abschließen zu können."

"Wirklich Peter. Ich weiß dass ich Ihnen schon so ziemlich alles an Hässlichkeiten gesagt habe, was mir einfiel. Aber auch bei mir gibt es Grenzen." Eine plötzliche Welle von Zorn schwappte über sie. "Mein Gott, denken Sie wirklich so von mir? Glauben Sie, es gibt keine Gemeinheit, zu der ich nicht fähig wäre?
"Sie wären völlig im Recht gewesen, wenn Sie mir gesagt hätten, dass ich Ihnen durch meine ständige Aufwartung das Leben erschwere."
"So? Sie würden also von mir erwarten, dass ich sage, Sie gefährden meinen guten Ruf, wo es keinen guten Ruf zu gefährden gibt? Ihnen erkläre, dass Sie mich, vielen Dank auch, vor dem Galgen gerettet, aber am Pranger stehengelassen haben? Ihnen sage, mein Name ist Schmutz, aber behandeln Sie ihn bitte wie eine Lilie? So scheinheilig bin ich nun auch wieder nicht."

Selbst wenn diese Schmähkampagne nicht in die offene Katastrophe führte (und man wusste nie, wohin Menschen sich durch so etwas treiben ließen), wäre das Waschen schmutziger Wäsche in der Öffentlichkeit nicht gerade dazu angetan, das Shrewsbury College aufzuwerten. Denn mochten auch neun Zehntel des Schmutzes ungezielt geworfen sein, das übrige Zehntel konnte, wie es meist der fall war, durchaus vom tiefsten Grund des Brunnens der Wahrheit heraufgeholt sein, und das würde hängen bleiben.

Mein Unterbewusstsein hat eine sehr hinterhältige Phantasie." Sie tastete nacch dem Schalter ihrer Nachttischlampe. "Es ist beunruhigend, dass die Träume, die man hat, nie die wahren Wünsche symbolisieren, sondern immer etwas noch viel Schlimmeres." Sie knipste das Licht an und setzte sich im Bett auf.

"Wenn es wirklich mein Wunsch wäre, von Peter leidenschaftlich umarmt zu werden, würde ich vom Zahnarzt oder von Gartenarbeit träumen. Ich möchte nur wissen, welche unvorstellbar abgründigen Schrecklichkeiten sich hinter dem freundlichen Symbol von Peters Umarmung verbergen.

Lass Waffen ruhn, Geliebte, Schwerter nicht mehr klingen,
Lang scheint mir's her, dass dieser Krieg begann;
Nicht konnt'st du mich, noch konnt ich dich bezwingen:
Ein schlechter Strauß, den keine Seit gewann.
Bedingungslosen Frieden biet ich dir;
Mein Herz zur Geisel, dass er hat Bestand;
Lass Schlachten schweigen, Bosheit enden hier,
Für mein Wort gib mir deins zum Unterpfand
Michela Drayton

Beim Zubettgehen fiel ihr das Stegreifgebet eines wohlmeinenden, aber nicht sehr logisch denkenden Pfarrers ein, das sie einmal gehört und nie mehr vergessen hatte:
"Herr, lehre uns, unser Herz in die Hand zu nehmen und ihm ins Gesicht zu sehen, so schwer es auch sei."

"Sie reden sehr offenherzig über Ihre Methoden."
"Sie hätten sie ohnehin durchschaut; da ist es besser, sie gleich zuoffenbaren und sich damit den unverdienten Ruf der Ehrlichkeit zu erwerben Die Wahrheit zu sagen, hat den großen Vorteil, dass niemand sie glaubt - das ist der tiefere Sinn.

"Welche Rolle haben sie mir zugedacht, Peter?"
"Werfen Sie den Ball zu mir zurück, wenn er aus dem Kreis rollen will. Machen Sie nur von Ihrem verheerenden Talent Gebrauch, bei der Sache zu bleiben und die Wahrheit zu sagen."
"Das klingt leicht."
"Ist es auch  für Sie. Dafür liebe ich Sie ja. Wussten Sie das nicht? Na ja, aber darüber können wir jetzt nicht lange streiten, sonst wird man noch annehmen, wir hecken etwas zusammen aus."

"Was darf es sein?"
"Die Schachfiguren", sagte Harriet. "Sie haben es mir angetan. Ich weiß auch nicht warum. Verwendung habe ich eigentlich nicht dafür. Sie haben mich einfach behext."
"'Den Grund, den keiner kennt, lasst ihn genügen. Was wir erschaun, von unserm Auge wird's geprüft.' Von etwas besessen zu sein ist ein ausgezeichneter Grund, es besitzen zu wollen."

"Es kommt der Augenblick, da man die fremden Meere der Gedanken nicht länger allein befahren kann. Wollen Sie zuerst erzählen, oder soll ich?"

"Er hat gesagt, es ist gefährlich, jemanden gern zu haben. Er hat gesagt, die Liebe sei ein Untier, ein Teufel. Sie sind ehrlich. Peter, nicht wahr? Sie sind verdammt ehrlich."

"Einer Tatsache sehe ich schon seit geraumer Zeit ins Auge", sagte Harriet, die mit leerem Blick zum Fenster hinaus auf den Hoff starrte, "und zwar weiß ich, wenn ich Peter einmal nachgäbe, würde ich in Flammen aufgehen wie Stroh."

"Eine Ehe zwischen zwei unabhängigen und gleichermaßen reizbaren Intelligenzen erscheint mir gewagt bis zur Tollkühnheit. Man kann einander so abscheulich weh tun."

"Wenn ich das Echte nicht haben kann, behelfe ich mich mit der Nachahmung. Aber ich will  keine Kapitulation und kein Opfer."

 

Die Kameliendame - Alexandre Dumas d. Jüngere

"Die Liebe ist keine Bedingung, sie ist eine Notwendigkeit." "Gut, ich will alles sein, was Sie wünschen." "Wir werden sehen." "Wann werden wir sehen?" "Später" "Warum später?" "Das will ich Ihnen sagen", erwiderte Margarete, indem sie sich meinen armen entwand und aus einem großen Strauß eine Kamelie nahm, die sie mir ins Knopfloch steckte; "weil man die Verträge nicht immer an dem Tage vollzieht, wo sie unterzeichnet werden."

"Aus der Schnelligkeit, mit der die Eindrücke aufeinander folgen", sagte ich zu mir selbst, "lässt sich schließen, wie kurz das Leben ist."

"Du siehst nach der Uhr", sagte er zu mir; "die Zeit dauert dir zu lange bei mir. O ihr jungen Leute, ihr seid immer bereit, aufrichtige Zuneigung einem zweifelhaften Gefühle zu opfern!"

Ich sah die Unmöglichkeit ein, die zwischen uns liegende Kluft zu überschreiten und die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen.

Canossa - Frederik Berger

Ich fürchtete die römische Schlangengrube, und auch heute fürchte ich das Gift der Ränkeschmiede und Verräter. Wer Schlangen die Hand reicht, wird mit Bissen belohnt.

"Vivere militare est, lebenheißt kämpfen, lehrt uns Senecca." "Er meinte nicht nur das Kämpfen mit dem Schwert.

Die Schreibfeder war die Zunge meiner Beichte, das Pergament das Ohr, das sie vernahm.

Oh Herr, verschließe meine Lippen vor unwürdiger Rede. Bevor ich aufbreche in die Welt der Mächtigen, verleihe mir die Kraft, die Dämonen der Erinnerung hinter mir zu lassen und die Aufgabe zu erfüllen, die du für mich ausgewählt hast.

"Unter gewissen Umständen, Heinrich, muss man zurücktreten können und den Kopf neigen, damit er nicht fällt. Wer ihn allzu stolz und starr nach oben reckt, könnte ihn leicht verlieren."

Unglück in jungen >Jahren mag den formbaren Charakter wie im Stahlbad härten und gleichzeitig wie eine gute Klinge feien gegen Sprung und Bruch. Ich Lampert, Mönch und Scholaster aus Hersfeld, weiß, dass das Unglück, ereilt es den erwachsenen Mann, eine schwärende Wunde erzeugt, die nicht heilen will.  Ich weiß ebenso, dass wir dem Unglück nicht entfliegen können, wenn der Allmächtige beschlossen hat, den Versucher auszusenden, um uns zu prüfen.

Ich will die schlaflose Stunde nach dem completorium nicht dadurch vergeuden, das ich erneut die brüchigen Schreine meines Gedächtnisses durchforsche.  ,- ich unterbreche meine Worte und schließe den Deckel über den vergangenen Seiten meines Lebens.

Tempus fugit - die Zeit flieht dahin

Omnia vincit amor - die Liebe besiegt alles
Vergil

Liebe ist ein süßes, wenn auch flüchtiges, ein betrügerisches Gefühl, das meist Sünde nach sich zog.

Ertrüge er, in Zukunft in ihrer Nähe zu bleiben, vermochte er seine Eifersucht zu überwinden? Eifersüchtig musste er sein - oder er liebte sie nicht. Sie selbst erwiderte sein Gefühl - doch Gott hatte den Menschen weder geschaffen, damit er in Liebesglück seine Tage vertändele, noch damit er in brennendem Sehnen vergehe...

Wann wurde der Samen gelegt, der nun zu einer Blume des Vertrauens heranwächst? Während der Feier, die nach der Schwertumgürtung zum gaudium populi geriet und auf welcher der junge König seine Braut kaum beachtete, während er die Schönheit der zukünftigen Markgräfin von  Tuzien-Canossa vollmundig und weinselig pries? Bertha, die ihm gegenüber saß, heftete ihren verwundeten Blick auf die triumphierende Mathilde. Welche nie gebeichteten Gedanken mochten sich hiter diesem Blick verbergen? Verloren sucht er Halt, bis er meine Augen fand. Und mich berührte eine einsame Trauer, traf eine kaum verschleierte Sehnsucht.
Als Annalist, für den die strengen Regeln des sine ira et studio gelten, möchte ich mich als Hüter des Wortes betätigen und keinen Mutmaßungen Raum geben auf dem glatt geschabten Pergament, das mit schweigender Geduld das Kratzen meiner Feder erträgt und gleichmütig die geschwungenen Linien meiner Tinte aus Eichengalläpfeln aufnimmt. Doch WAS IST DIE WAHRHEIT , fragte bereits Pilatus. Verbirgt sich ihr Nacktheit nicht häufig unter den bunten Gewändern der Ahnung, Einfühlung und Einbildungskraft?

"Vertrauen ehrt den Menschen, selbst wenn es ihn mitunter in die Irre führt""
"Hat es mich in die Irre geführt?"
Diesmal zögerte Lampert mit der Antwort. Schließlich hob er den Kopf. "Ich habe die Königin geliebt, liebe sie sogar heute noch, doch betrogen haben wir dich nie. Wenn du meinst, dass ich dafür den Tod verdiene, dann töte mich."
Heinrich prallte regelrecht zurück. Einen Augenblick war er verführt, Lampert die Fackel ins Gesicht zu schleudern, um ihm die ernsten Augen auszubrennen; zugleich beruhigte, ja beeindruckte ihn seine Aufrichtigkeit.
"Unsere Liebe war so stark, dass sie uns die Kraft gab, auf sie zu verzichten."
Es verschlug Heinrich die Sprache. Schließlich stotterte er: "Du willst sagen... Du wagst mir ins Gesicht zu sagen..."
"Töte uns - dann vereinigst du uns im Tod. Töte mich, dann wird mir Bertha freiwillig nachfolgen. Lass mich am Leben und vergib uns, dass wir der Liebe in uns Raum gewährten, dann werden wir dir bis zum Lebensende ergeben bleiben und dich für deinen Großmut verehren. Dein Glaube an uns hat dich nicht getrogen: Die Treue war stärker als die Liebe. Und am ende siegt die Wahrheit."

Vergangen sind die Tage von Canossa, doch unvergeslich werden sie bleiben. Ich, der alt und grau gewordene Mönch Lampert, bald Reichsabt von Kaisers Gnaden, werde nicht mehr lange im Tal meines irdischen Wanderns weilen - im Exil meiner Liebe, die ich der Treue opferte und an der ich zugleich in Treue festhielt.

..Doch da mich der Schlaf, der Tröster, mit seinen schmerzlosen Stunden des Vergessens flieht, beuge ich mich ein letztes Mal in meiner kalten Zelle über das erwartungsvoll leere Pergament und fasse die verflossenen Jahre nach dem Triumph von Canossa in einem abschließenden Bericht zusammen. Mir nachfolgende Generationen mögen mit nachsichtiger Anteilnahme meinen Worten folgen, die sich im kargen, schmucklosen Winterkleid um die Geschehnisse ranken.

...Es heißt zwar, dass die Trunkenheit die Mutter des Streits sei, doch in diesem Fall war sie die Mutter der Versöhnung.

Was in Canossa der Erosion der Zeit standgehalten hat, ist dennoch ein treffendes, weil karges Zeichen der damaligen Epoche.

Der Tristan-Betrug - Robert Ludlum

Aber ein Vertrag gleicht einem Spiegel, Stephen. Man sieht darin, was man sehen will." "Wieso vertauscht ein Spiegel rechts und links, aber nicht oben und unten?" "Sie wissen doch, das ich Ihre Rätsel meist nicht lösen kann, Corky." Corcoran seufzte unmutig. "Er tut's nicht, Stephen. Ein Spiegel vertauscht NICHT rechts und links. Er zeigt nur, was er sieht. er reflektiert, was sich vor ihm befindet." "Die Wahrheit ist ein zersplitterter Spiegel. Unzählige Splitter liegen herum. Jeder glaubt, sein Teilchen sei die gesamte Wahrheit."

"Denken Sie daran, dass die Wahrheit ein zerbrochener Spiegel ist. Schneiden Sie sich nicht an den Scherben."

"Liebe kann hoffen, wo Vernunft verzweifeln würde." "Was wissen Sie schon von Liebe?" "Ich bin ein Spion, ich verstehe etwas von Verzweiflung."

"Die Väter haben saure Trauben gegessen, und die Zähne der Kinder sind empfindlich."

Mars öffnet der Venus das Tor. Der erste Kuss kommt mit Gewalt. Der zweite mit Leidenschaft."

Ein gutes Gewissen beweist im Allgmeinen ein schlechtes Gedächtnis.

Der Pathaloge - Jonathan Kellermann

So ist es. Und das ist der springende Punkt in den Sprüchen der Väter. So sollte es nicht sein. Im Leben kommt es auf mehr an als auf Dollars und Cents. Es ist ein wundervolles Buch. Mein Lieblingszitat ist: "Je mehr Fleisch, desto mehr Maden." Oder: "Wer ist glücklich? Der mit dem zufrieden ist, was er hat."

Berühmter Wissenschaftler sagt, Intelligenz hat nichts mit Moral zu tun.

Intelligenz ist wie Feuer. Man kann Häuser niederbrennen, kochen lernen oder wunderschöne Kunstwerke in einem Brennofen herstellen. Es kommt auf das moralische Verhalten des Individuums an, und diese Eigenschaft fehlt bedauerlicherweise in einem großen Teil der so genannten intelligenten Gesellschaft. Das entscheidende Element zur Entwicklung des Individuums und ganzer Nationen ist die Verbindung von moralischer Ausbildung mit intellektueller Strenge. Das Verlangen nach Gerechtigkeit übertrumpft alles andere.

Während Jeremy zum Krankenhaus fuhr, dachte er über den Optimismus des jungen Mannes nach. Vielleicht war das angeborene; nach Jeremys Erfahrung hatte eine positive Grundeinstellung wenig mit der Lebenswirklichkeit zu tun. Manche Leute sahen den Dougnut, andere  das Loch.

Beobachter, allzeit Chronist.

Wenn man wusste, womit man es zu tun hatte, ergab alles einen Sinn.

"Ich wusste nicht, dass die Psychologen an die Seele glauben."
Tun sie nicht.
"Es braucht alles seine Zeit", sagte Jeremy. "Eine Abkürzung gibt es nicht."

"Das Buch der Toten" - Jonathan Kellermann

Der wahre Grund war, dass mir der Sinn nicht danach stand, mit ihm oder irgendjemandem sonst zu reden. Jahrelang hatte ich gepredigt, wie heilsam es sei, seine Gefühle auszudrücken, doch mein bewährtes Heilmittel seit Kindertagen war stets die Isolation gewesen. Das Muster hatte sich in all den entsetzlichen Nächten herausgebildet, die ich zusammengekauert unten im Keller verbracht hatte, wo ich mir die Ohren zugehalten und gesummt hatte, um die elterlichen Zornesausbrüche nicht mit anhören zu müssen, die sich über mir entluden.

Er hatte noch nicht den Inhalt des Kühlschrankes überprüft - immer das Erste, worauf Milo sich stürzte. Fotos von gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen würden den meisten Menschen den Appetit verderben, aber er ist schließlich schon  lange in der Branche tätig, und im Lauf der Zeit hat er Essen als Stressbewältigung zu einer ganz eigenen Kunstform entwickelt.

Der Hilfspolizist stieg mit seinem kleinen computerisierten Folterinstrument aus, aber ich fuhr los, bevor er irgendetwas eintippen konnte. "Das war knapp, sagte Milo. "Ich dachte, du hättest Einfluss". "Einfluss ist etwas Vergängliches."

Die Österreicher haben sich im zweiten Weltkrieg erfolgreich eingeredet, dass Hitler Deutscher und Beethoven Österreicher war.

"Monster"   Jonathan Kellermann

"Aber die Chemie war nicht von langer Dauer." Er knöpfte sein Jackett wieder auf und steckte eine Hand in die Tasche. "Vielleicht ging alles viel zu schnell. Vielleicht ist jedes Feuer irgendwann mal ausgebrannt. Ich weiß es nicht... Nachdem wir dann zusammengezogen sind, war es mit einem Mal, als ob... Sand ins Getriebe geraten wäre.

Die Zeiten ändern sich. Und wer klug und furchtlos ist, ändert sich mit den Zeiten.

Sie hatte keine andere Wahl. Es war ein von der Psychologie vorbestimmter Tanz unter der Choreographie des Schmerzes. So unausweichlich wie der Tod.

Psychopathen waren in der Lage, Widersprüche durchaus in Einklang zu bringen.

"Der fremde Gast"  - Charlotte Link

Die Welt ist voller böser Menschen... voller rachsüchtiger Menschen. Rachsucht ist böse, aber manchmal ist sie nur allzu verständlich, findest du nicht? Jeder bekommt das, was er verdient. Die Welt kann man nur dann ertragen, wenn man an eine ausgleichende Gerechtigkeit glaubt. Manchmal lässt die Gerechtigkeit zu lange auf sich warten, dann muss man ihr auf die Sprünge helfen.

Es ist so bequem wegzuschauen! Und es bringt nichts als Verdruss, wenn man sich einmischt!
Aber man muss bezahlen. Irgendwann. Immer. Sicher hast du gehofft, dieser Kelch geht an dir vorüber, nicht wahr, Sabrina? So viele Jahre... Da verblassen die Erinnerungen, und vielleicht hast du jene Tage längst verdrängt, beschönigt in deinem Gedächtnis, und langsam hast du dir gedacht, dass du noch einmal Glück gehabt hast. Dass du davongekommen bist, ohne die Rechnung bezahlen zu müssen.

Sie war jetzt seit dreiundvierzig Jahren mit diesem Mann verheiratet, und ihr Leben mit ihm hatte überwiegend aus Momenten dieser Art bestanden: zerrissen zwischen zwei Möglichkeiten, nervös abwägend, welches der richtige Weg sein mochte, oberstes Anliegen dabei stets, seine Wut nicht herauszufordern. Es war, weiß Gott, kein einfaches Leben mit ihm.

Sie versuchte an Maximilian möglichst überhaupt nicht zu denken, aber es wollte ihr nicht recht gelingen. Sie war fassungslos darüber, dass es ihm so leicht und so schnell gelungen war, ihren Kokon zu durchbrechen und an all das zu rühren, was sie sich so mühsam vom Leib hielt, was sie mit solch vehementer Willenskraft an den äußersten Rand ihres Bewusstseins getrieben hatte.

Aber irgendwo ist Maximilian auch ein sehr realistischer, bodenständiger Mensch. Er wird wissen, wann es Zeit ist, sich von einem unerfüllbaren Traum zu verabschieden und dem wirklichen Leben wieder eine Chance einzuräumen.

Es hatte ihr in der letzten Zeit gut getan - zumindest meinte sie dies so zu empfinden - , sich völlig von der Welt und all ihren Bewohnern zurückzuziehen und sich einzig auf den Schritt vorzubereiten, den sie als richtig und zwingend für sich sah, und sie war entschlossen, diesen Zustand wieder herbeizuführen. Aber sie begriff an diesem Nachmittag, dass dies nicht einfach sein und einige Zeit dauern würde. Es gab Menschen, die behaupteten, eine einmal veränderte Situation sei nie wieder genau so herzustellen, wie sie gewesen war., aber Rebecca hatte nicht vor, diese Möglichkeit in 'Erwägung zu ziehen.  Sie hatte es einmal geschafft, sie würde es wieder schaffen. Nur nicht sofort. Leider nicht sofort.

Dieser Marius mochte ein Luftikus sein - obwohl sie auch eine abgründige Seite in ihm witterte, ohne die Lust zu verspüren, sie auszuloten -.

Sie bedauerte nun, dieses Frage ausgesprochen zu haben, weil ihr jetzt schon klar war, dass die Situation im Streit eskalieren würde, aber natürlich war es dafür zu spät.

Nun, mit dem Hass ist es wie mit der Lieben, nicht wahr? Beides lässt sich nicht befehlen, nicht steuern, Weder kann man diese Gefühle herbeizitieren, wenn sie nicht da sind, noch kann man sich ihrer entledigen, wenn sie sich in einem festgesetzt haben.

Seine Worte waren wie Giftpfeile; durch den unverändert verständnisvollen Blick, mit dem er sie begleitete, verschärfte sich nur noch ihre Wirkung.

Auf Rebeccas Nähe zu verzichten war noch schlimmer gewesen, er war sich wie ein Junkie auf Entzug vorgekommen, unfähig zu arbeiten, unfähig sich zu konzentrieren, krank vor Sehnsucht und Verlangen. Er war wieder und wieder rückfällig geworden, war ihr nachgelaufen wie ein Hund, um wenigstens ein Lächeln, ein Wort, einen Blick zu bekommen. Ob sie sich vorstellen konnte, wie gedemütigt er sich gefühlt hatte?

Einen erstklassigeren Karrierekiller als diese Charakterisierung konnte sich ein Mann, der Chefarzt werden wollte, gar nicht wünschen. Fantastisch. diese Sache war gelaufen, und Rebecca konnte sich nun auch noch seine geplatzten Berufswünsche ans Revers haften.

Ich hatte den Eindruck, ihm ging auf, dass er es nicht schaffen würde, mich zu töten. er liebte mich seit mehr als zwanzig Jahren. Unerfüllt, eifersüchtig, schmerzhaft. Der Hass, den er am Ende gegen mich hegte, war mit seiner Liebe noch zu eng verwandt. Ich... ich glaube, er tötete sich, um mich nicht zu töten.

Die Frage, dachte Kren, ist immer, was Gespräche bringen. früher war ich überzeugt, dass sie der Schlüssel sind. Zu einer guten Partnerschaft, einer funktionierende Beziehung. Dass sie helfen, Missverständnisse zu vermeiden, Gefühle zu klären, Klarheit in scheinbar verfahrene Situationen zu bringen. Vielleicht stimmt das auch. aber irgendwann nutzen sie nichts mehr. Und dann muss man sich von ihnen verabschieden.

Denken Sie nicht zu viel an das, was war. Schauen Sie nach vorn.

"Ein Hauch von Schnee und Asche"  - Diana Gabaldon

Es stand ihm nicht zu, Eifersucht zu empfinden, und selbst wenn er Narr genug gewesen wäre, sich ihr hinzugeben, dann war es in Geneva Dunsanys Fall ja nun viel zu spät.

Ich räume euch die Chance ein, es zu erklären, Mann, nicht die Wahl."

Sie war sichtlich in einer gefährlichen Stimmung; voll Interesse stellte er fest, dass hier sowohl die kontrollierte Heftigkeit ihres Vaters als auch die scharfe Zunge ihrer Mutter am Werk waren - eine Kombination, die sowohl faszinierend als auch alarmierend war. Allerdings hatte  er nicht vor, sich von ihr die Bedingungen dieser Unterredung diktieren zu lassen.

Während sich ihr Verstand mit diesem Unsinn befasste, ergriff ihr Körper konkretere Maßnahmen.

"Ich habe mich immer danach gesehnt", sagte er leise, "zu lieben und geliebt zu werden; habe meinLeben damit zugebracht, jene zu lieben, die es nicht wert waren. Gestattet mir dies; mein Leben zu geben für jemand, der es wirt ist."

"Gar kein dummer Plan", sagte er. Es ging ihm jetzt besser, und das Schwindelgefühl verschwand mit dem reinigenden Strom der Wut in seinen Adern.

Dieses Geräusch setzte einen kleinen Panikfunken frei, den ich entschlossen zertrat. Ich fühlte mich wie eine ausgetrocknete Haut, bis zu den Ohren mit dem Zunder der Angst, der Unsicherheit und des Verlustes gefüllt. Ein einziger Funke würde reichen, dies in Brand zu stecken und mich zu Asche zu verbrennen - und weder Jamie noch ich konnten das riskieren.

Auf jene vage Weise, auf die man etwas bewusst merkt, was man eigentlich schon seit einiger Zeit weiß, hatte Jamie vor ein paar Tagen begriffen, dass Tom Christie seine  (Jamies) Frau liebte.

Kein Wunder also, wenn seine Entrüstung und das Gefühl der Zurückweisung gelegentlich die Oberhand gewonnen hatten - kein Wunder ebenfalls, dass die Echos der geheimen Konflikte zwischen ihren Eltern auch bei Brianna angelangt waren wie seismische Störungen, die sich meilenweit durch Erde und Stein hindurch fortsetzen, Stöße einer Magmaquelle tief unter der Kruste.

Roger beobachtete seine Frau argwöhnisch; sie legte alle Kennzeichen eines großen explosiven Gegenstands mit einem instabilen Zeitzünder an den Tag, und er hatte das eindeutige Gefühl, dass es gefährlich war , sich in ihrer Nähe aufzuhalten.

Leises Schuldgefühl gesellte sich zu meinen Amok laufenden Emotionen; mein hastiger Abgang war der Situation wahrscheinlich nicht sehr förderlich gewesen.

"Ich werde es nicht tun!", sagte er heftig. "Man kann einen solchen Vorwurf nicht ableugnen, ohne dass es zweifelhaft riecht. Und ich kann nichts zu dir sagen, was sich  nicht wie eine kleinlaute Entschuldigung anhören würde für - für -  nun, ich werde mich nicht für etwas entschuldigen, das ich nicht getan habe, und wenn ich es täte, würdest du nur noch mehr an mir zweifeln."

Mein Unterbewusstsein ließ sich in diese Gewissheit sinken, doch ich war mir eines unterschwelligen Rumorens bewusst; nicht Argwohn, nichts , was stark genug gewesen wäre, um es Zweifel zu nennen. Nur einzelne, kühle Beobachtungen, die ihre Köpfe an die Oberfläche meines persönlichen dunklen Brunnens steckten wie kleine Frösche, hohe , schwache Töne, die einzeln kaum hörbar waren, sich aber möglicherweise am Ende zu einem solchen Lärm summierte, dass die Nacht aus den Fugen geriet.

Ohne eine Miene zu verziehen, hat ihm Fergus gesagt, dass er mit Mr. Robinson nicht einmal ein Glas Wein teilen würde (was auch nicht möglich gewesen wäre, da Mr. Robinson Methodist und damit Abstinenzler ist), und der Gentleman hat dies so verstanden, wie es ihm gefiel, und ist zufrieden gestellt wieder gegangen, nachdem er Fergus eine Börse mit Geld gegeben hatte.

Roger wachte urplötzlich auf, ohne zu wissen, was ihn geweckt hatte. Es war stockfinster, doch es herrschte jene stille, nach innen gekehrte Atmosphäre der frühen Morgenstunden; die Welt, die den Atem anhält, bevor sich die Dämmerung mit dem Wind erhebt.

Was auch immer du sonst sein magst, du bist kein Narr, und so muss ich annehmen, dass dir die Folgen deiner Handlungsweise bewusst sind. Doch ich wäre alles andere als dein Freund, wenn ich dich nicht in aller Deutlichkeit warnen würde: Durch deine Handlungsweise setzt du deine Familie der äußersten Gefahr aus, und du steckst deinen Kopf in eine Schlinge.

Sie hatte nicht gedacht, dass ihre Gefühle immer noch so dicht unter der Oberfläche lauerten. Und es gefiel ihr gar nicht, dass es so war - und dass Roger es sehen konnte.

"Oh, ich wollte ein bisschen die Gegend erkunden", sagte er. Er stützte sich auf seinen Ellbogen und wanderte mit den Fingern langsam über die Rundung ihrer Brust. "Ich könnte es aber wohl auch zu Fuß tun. Das dauert zwar länger, aber man hat mehr von der Landschaft. sagt man."

"Ich dacht, ihre bezeichnendste Eigenschaft wäre ihr Charme, gepaart mit Gerissenheit. Und was den Verrat angeht, so waren deine Onkel doch beide Meister darin." "Das lässt sich doch nicht trennen, oder? fragte er und streckte die Hand aus, um einen Löffel in die Marmelade zu tauchen. "Erst muss man jemanden umgarnen, bevor man ihn verraten kann, oder? Und ich bin der Meinung, dass ein Verräter den Verrat selbst umso mehr verabscheut. Oder eine Verräterin", fügte er vorsichtig hinzu.

"Wie alt war ich denn in deinem Traum?" Seine Mine war erst überrascht, dann unsicher, und er sah sich mein Gesicht genau an, als versuchte er es mit dem Bild in seinem Kopf zu vergleichen.

Jetzt schlief ich leicht und wurde nicht länger in die wilde Welt der Fieberträume geschleudert oder in den Brunnenschacht des Vergessens gesogen, während mein Körper im Schlaf nach Heilung suchte.  Ich wusste nicht, was mich aufgeweckt hatte, aber ganz plötzlich war ich wach, geistesgegenwärtig und frisch, ohne schläfrigen Übergang.

Sehr schön, dachte Jamie. Mit der Ironie der Situation nicht zufrieden, hatte Gott jetzt beschlossen, dass er gegen die Verbündeten, auf deren Seite er sich Sekunden zuvor gestellt hatte, um sein Leben kämpfen sollte, und zwar, um einen Offizier der Krone zu verteidigen, gegen die er sich damit gewandt hatte.

Er sprach sanft, aber in seiner Stimme lag ei solcher Unterton der Verzweiflung, dass mir die Tränen in die Augen stiegen.

Ich dachte daran, die Augen zu schließen und mich dem Schlaf zu überlassen, anstatt weiteren Peinlichkeiten ins Auge zu sehen, rappelte mich aber wieder auf. Wenn ich weiterleben würde - und das würde ich - , musste ich die Fäden meines Lebens, die mich auf der Erde hielten, wieder aufnehmen und wieder verknoten.

Aber es wird nie mehr das, was es einmal war. Doch es war zwecklos, sich darüber Gedanken zu machen; er hatte seine Trauer aufgebraucht. Es war Zeit, das Beste aus der Situation zu machen und darüber hinwegzukommen.

Sie hatte ein Stück Orangenfruchtfleisch an der Lippe kleben, und er beugte sich impulsiv zu ihr hinüber und küsste es fort. Es explodierte herbsüß und aromatisch auf seiner Zunge.

Er zog sie jetzt unverhohlen auf, und sie - die jetzt eindeutig begriffen hatte, dass wir weder potentielle Kunden noch hausierende Missionare waren - war belustigt, auch wenn sie darauf achtete, es sich nicht anmerken zu lassen.

Rachel warf einen raschen Blick auf Jamie, der sie anlächelte, dann verbarg sie ihr errötendes Gesicht hinter ihrem Fächer. Sie hegte zwar eine unübersehbare Zuneigung zu ihrem Mann, machte aber kein Geheimnis aus ihrer Bewunderung für den meinen.

Allerdings... von etwas zu wissen, war eine Sache, und die Details zu hören, eine andere. Das wusste ich, und ich sah im mit einem Gefühl schuldbewusster Trauer dabei zu, wie er die Splitter des Hockers von sich trat und zum Fenster stürzte.

"Ich brauche euch lebendig - ich brauche euch nicht unversehrt."...

Es gab noch andere Komitees. Die Korrespondenzkomitees, lose Zusammenschlüsse von Männern, die sich gegenseitige Briefe schreiben und Nachrichten und Gerüchte in den Kolonien verbreiteten. Und es waren diese verschiedenen Komitees, aus denen die Saat der Rebellion entspringen würde - jetzt schon heranreifte, irgendwo dort draußen in der kalten Frühlingsnacht.

Doch dann hörte sie zu ihrer Rechten ein Knacken zwischen den Bäumen, das weder Wind noch Tiere hervorgerufen haben konnten. Wirkliche Gefahr hatte ihren eigenen Geschmack, frisch wie Zitronensaft im Gegensatz zu der faden Limonade ihrer Fantasie.

Roger hob Jemmy von seinem Schoß, drehte ihn auf die Seite und legte ihn sanft neben Germain ist Stroh. "Er war ja schließlich nicht in Senga verliebt. Er leidet an sexueller Frustration, nicht an gebrochenem Herzen.

Die Frontverläufe waren noch nicht klar - aber sie wurden bereits festgelegt. Im Auftrag der Krone Indianeragent zu werden, bedeutete , dem Anschein nach Loyalist zu sein -  schön und gut für den Moment, da die Rebellenbewegung nicht mehr als eine radikale Randerscheinung war, die in Nestern der Unzufriedenheit auftrat. Doch sehr, sehr gefährlich, da wir uns dem Punkt näherten, an dem die Unzufriedenen die Macht an sich rissen und die Unabhängigkeit erklärten.

Ich möchte John Grey. Und doch... wurde mir beim Erscheinen seiner Briefe, die uns mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks erreichten, stets leicht beklimmen zumute, als ob ich es in der Ferne donnern hörte.

Jamies Hand legte sich fester um die meine, und sein Daumen fuhr den Umriss des meinen nach und rieb sacht über meinen Nagel. Er blickte zu mir herab, und ich spürte, wie mir seine Augen suchend ins Gesicht sahen - nicht fragend, sondern so, wie man es macht, wenn man etwas Vertrautes ganz neu sieht - etwa mit den Augen sieht, das man lange Zeit nur mit dem Herzen gesehen hat.

Er stieß einen Seufzer aus, der von seinen Füßen zu kommen schien, und rieb sich mit der Hand über sein zusammengebundenes Haar.
"Aber er hat abgelehnt. John." Jetzt blickte er auf und lächelte mich schief an. "Er liebte mich, hat er gesagt. Und wenn ich das nicht erwidern konnte - und er wusste, dass ich es nicht konnte - , wollte er kein ´Falschgeld für bare Münze nehmen."

"Bleib  bleib nicht so lange fort, ja? - entfuhr es mir. Ich wollte ihn zwar nicht mit meinen Ängsten belasten, aber ich konnte es genauso wenig für mich behalten.

Es waren immer noch Entscheidungen zu fällen, Entschlüsse zu fassen, Pläne zu schmieden. Viele sogar. Doch innerhalb eines Tages, einer Stunde, einer einzigen Absichtserklärung hatten wir die Schwelle zum Krieg überschritten.

Er prustete und schob die Erinnerung wieder dorthin, woher sie aufgetaucht war. Sollte sie dort bleiben. Doch die Alte weigerte sich, einfach so zu gehen, und rief ihn über die Jahre hinweg, wie sie ihm durch die lärmerfüllte, biergeschwängerte Luft des Wirtshauses hindurch nachgerufen hatte.

Er hätte sie gern gefragt, ob sie den Verstand verloren hatte, war aber lange genug verheiratet, um den Preis unüberlegter rhetorischer Fragen zu kennen.

Sie erhoben sich mit der Anmut junger Kraniche, stiegen splitternackt wieder in sein Bett, wo sie ihn unter bewunderndem Gemurmel tätschelten und streichelten - wenn sie auch seine Geschlechtsteile gewissenhaft vermieden - , dann drückten sie ihn tief in die Felle und kuschelten sich rechts und links an ihn, ihre warme, nackte Haut gemütlich an ihn gepresst.

Mein Schwiegersohn hat die treffende Beobachtung geäußert, das das Moralgefühl der Menschen mit ihrer zunehmenden Macht schwindet, und ich vermute, dass die Gebrüder Brown nie besonders viel des Ersteren besessen haben. es mag schlichte Überheblichkeit meinerseits sein, davon auszugehen, dass ich mehr davon besitze. Ich habe gesehen, wie die Macht die Seele eines Menschen korrumpieren kann - und ich habe ihre Last bereits am eignen Körper gespürt, wie du verstehen wirst, da du sie selbst ja schon so oft getragen hast. Dennoch, wenn es auf eine Entscheidung zwischen mir und Richard Brown hinausläuft, muss ich mich wohl auf die alte schottische Weisheit verlegen, dass der Teufel, den man kennt, besser ist als der, den man nicht kennt.

Ich warf Ute McGillivray einen Blick zu und sah, wie sie Mr. Wemyss und seine Verehrerin mit der Genugtuung eines Marionettenspielers betrachtete, dessen Puppen präzise zu seiner Melodie tanzen.

Drei Dinge erstaunen mich, nein, vier, sagt der Prophet: "Der Flug des Adlers in der Luft, das Gleiten der Schlange auf dem Felsen, die Fahrt eines Schiffes auf hoher See - und der Funke zwischen Mann und Frau.

"Du und ich, wir sind beide von genug Geistern umgeben. Wenn uns die Schrecknisse der Vergangenheit nicht lähmen können - dann sollen es die Ängste vor der Zukunft schon gar nicht tun. Wir müssen die Dinge nur hinter uns lassen und unser Leben weiterleben."

"Setz dich doch, Schatz", sagte ich im zögernden Tonfall eines Menschen, der sich mit einer großen tickenden Bombe unterhält.

"Der Nautilus-Plan"  - Gayle Lynds

Ich bin sofort in Bruces Büro rüber gefahren, worauf er mich einfach ein paar Stunden schmoren ließ. Als ich nicht abzog, ließ er mich schließlich vor. Er aß dabei zu Mittag und telefonierte die ganze Zeit. Das übrige Erniedrigungsszenarium. Wenn sie es nicht für nötig befinden, lang genug mit dem Telefonieren Schluss zu machen, um einem zu sagen, man soll sich verziehen, weiß man, dass das Grab bereits geschaufelt, der Sarg hinuntergelassen und man selbst die Leiche ist.

Das Ende des kommunistischen Systems lag fast fünfzehn Jahre zurück, aber unter den Polizisten des ehemaligen Ostblocks herrschte noch immer der alte Geist, und da war die Polizei von Bratislava keine Ausnahme. Ihre Schlagstöcke und ihre finsteren Blicke sprachen eine universell verständliche Sprache.

Sie hatte ihn gemocht, und er hatte sie gemocht, und der Sex war gigantisch gewesen. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass sich ihre Beziehung darauf beschränkt hatte - Freundschaft, Zuneigung, fantastischer Sex. Der nonchalante Zynismus der Beziehung trivialisierte die Elemente, die gut gewesen waren.

Sie hatten sich als ihre Freunde und Kollegen ausgegeben, während sie sie in Wirklichkeit ausspioniert hatten. Aber zugleich hatten sie gelebt und geatmet und gelacht und Schmerzen gespürt und hatten genau wie sie am Abenteuer Mensch teilgehabt.

Mach dir zunutze, was dir zur Verfügung steht. Nur Dummköpfe werfen die Flinte ins Korn. Genies stehlen.

Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Er zwang sich, nicht mehr weiter an den Mord zu denken. Solange der Erpresser nicht überführt wurde, gab es nichts, was irgendjemand hätte tun können. Es war von Anfang an klar gewesen, dass die Aufzeichnungen des Carnivore irgendjemandem zu mehr Macht verholfen hatten, als der Betreffende mit Verstand auszuüben in der Lage war.

"Diabolus"  - Dan Brown

Es heißt, dass sich im Tode alles klärt.

Der einzige Weg zur Erleuchtung führte über die Vergebung

Es war der neue Verschlüsselungsstandard, auf immer und ewig. Bankiers, Börsenmakler, Terroristen und Spione: Alle saßen in einem Boot. Eine globalisierte Welt - ein globaler Algorithmus. Globale Anarchie.
"Was haben wir für Optionen?", bohrte Susan. Sie war sich durchaus im Klaren, dass in einer verzweifelten Lage auch verzweifelte Maßnahmen in Betracht gezogen werden mussten.

Das Adrenalin strömte belebend durch seine Adern. Konkurrenzkampf war Krieg - und Krieg war erregend.

Schuhe waren etwas anderes. Schon im College hatte sie an den Schuhen nicht gespart und immer nur das Beste gekauft.
Wie willst du nach den Sternen greifen, wenn dir die Füße wehtun?, hatte ihre Tante einmal gesagt. Und wenn du da oben ankommst, wo du hin willst, dann sieh gefälligst zu, dass du auch blendend aussiehst!

Hale nickte nachdenklich. "Quis custodiet ipsos custodes?"
Susan sah ihn fragend an. "Das ist Lateinisch, aus den Satiren des Juvenal. Es heißt: >Wer überwacht die Wächter?<"

In der Welt der Computersicherheit entschieden oft Minuten darüber, ob ein System gerettet werden konnte oder den Bach hinunterging. Nur selten reichte die Zeit, eine rettende Maßnahme zu erklären, bevor man sie ergriff. Eis Sys-Sec-Techniker wurde für seine Sachkenntnis bezahlt - und für seinen Instinkt. Erst handeln, dann erklären.

Es ist schon erstaunlich, was Vorgesetzte alles nicht wissen.

Der Commander hatte sich seiner Sache verschrieben wie kaum ei Zweiter. Er trug die Übel dieser Welt als sein persönliches Kreuz. Der Skipjack-Plan war auf Strathmores eigenem Mist gewachsen - ein kühner Versuch, die Welt zu erlösen. Wie so viele Erlösungsversuche hatte leider auch dieser mit einer Kreuzigung geendet.

"Es gibt immer ein erstes Mal", meinte Brinkerhoff nonchalant. Midge schoss einen missbilligenden Blick auf ihn ab. "Die Daten sind doppelt überprüft."
"Na, du weißt ja, wie es so schön über Computer heißt: 'Wenn sie einen Fehler machen, dann wenigstens immer den gleichen'."

Der Kerl ist ein wandelndes Argument für Empfängnisverhütung"

Strathmore war durchaus in der Lage, die Gefühle von seinen Entscheidungen zu trennen. Emotionen hatten in seinem Umgang mit Diabolus nichts zu suchen.

"Ein Mann in meiner Position muss manchmal seinen Leuten, obwohl er sie schätzt, die Wahrheit vorenthalten. Heute war ein solcher Tag".

Das Getöse des Alarms holte Strathmore allmählich aus seiner Lethargie. Sein analytisch geschultes Gehirn kam wieder in Gang und machte sich auf die Suche nach einem Ausweg. Zögernd musste sein Verstand absegnen, was sein Gefühl schon längst gefordert hatte. Es gab nur einen einzigen gangbaren Ausweg, nur eine einzige realistische Lösung.

Ein durch drei Millionen Prozessoren emporrasender Feuerball verursacht ein einzigartiges Geräusch. Es klingt, als wären ein prasselnder Waldbrand, ein heulender Tornado und ein gischtender Geysir in einem einzigen brüllenden Gehäuse zusammengesperrt. Der Atem des Teufels schien durch eine versiegelte Höhle zu fegen und nirgends entweichen zu können. Von der fürchterlichen Geräuschkulisse überwältigt, war Strathmore in die Knie gesunken. Der teuerste Computer der Welt war im Begriff, als acht Stockwerke hohes Inferno aufzulodern.

Der Sys-Sec-Abteilungsleiter stand bewegungslos da. Er hatte die Hände auf dem kahlen Kopf verschränkt und bot das bild von vierhundert Pfund Fassungslosigkeit.

Es heißt, dass sich im Tode alles klärt. Tokugen Numataka wusste jetzt, dass die Redensart stimmte. ER stand im Zollamt von Osaka neben dem Sarg nd empfand eine bittere Klarheit wie nie zuvor. Seine Religion lehrte den Kreislauf aller Dinge, die innere Verbundenheit alles Lebendigen, aber für die Religion hatte Numataka nie Zeit gehabt.

"Die Tochter der Himmelsscheibe" - Wolfgang Hohlbein

Menschen sind undankbar“, erwiderte ihre Muter leise. „Manche mehr und manche weniger, aber tief in sich sind sie es alle. Man nimmt Hilfe gern an, wenn man sie nötig hat, aber sobald man sie nicht mehr braucht, ist sie schnell wieder vergessen. So ist das nun einmal.“ „Wieso?“ „Weil Dankbarkeit etwas ist, das man sich leisten können muss“, antwortete ihre Mutter, und das verstand Arri noch viel weniger als alles andere. Aber sie spürte auch, dass es keinen Sinn hätte, jetzt weiterzubohren. (S.26)

Ihr Herz begann zu rasen. Dass sie um die Tatsache wusste zu träumen, beschützte sie nicht vor der Furcht, mit der dieser Traum sie erfüllte. Sie glaubte Schmerz zu fühlen, nicht nur den eigenen Schmerz, sondern den eines anderen, von dem sie mit unerschütterlicher Gewissheit wusste, dass es ihre Mutter war, und Angst und eine so allumfassende Verzweiflung, dass sie im Schlaf ein leises, gequältes Wimmern ausstieß. 

„Und wie auch?“, gab ihre Mutter zurück. Plötzlich hörte sie sich traurig an. „Ich hätte dir längst so vieles sagen sollen, aber manchmal tun Erinnerungen weh, weißt du, und manchmal ist es leichter, einfach die Augen zu schließen und sich selbst einzureden, dass alles nur ein böser Traum ist, aus dem man irgendwann schon noch erwachen wird.“ (S. 53)

...Trauer und Schmerz verschwanden aus ihrem Blick und machten einer wohlwollenden Zufriedenheit Platz. Sie hatte etwas gesehen, was sie nicht zu erwarten gewagt, wohl aber gehofft hatte... (S. 54)Grahl starrte ihr nach. Er hatte die Kiefer so fest zusammengepresst, dass Arri meinte, seine Zähne knirschen zu hören. Vermutlich war ihre Mutter mit ihrer Frage der Wahrheit näher gekommen, als sie selbst ahnte. Arri hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass es kaum einen sichereren Weg gab, sich den Hass eines anderen zuzuziehen, als ihm einen Fehler nachzuweisen. (S. 75)

Etwas hatte sich geändert, grundlegend und unumkehrbar.

Die Menschen hassten es, daran erinnert zu werden, dass sie einem etws schuldeten.

Das wütende Aufblitzen in Sarns Augen gab ihrer Einschätzung Recht. Für einen winzigen Moment sah der alte Mann tatsächlich so aus, als wolle er seinen Stock nehmen und sich auf Lea stürzen. Natürlich tat er es nicht, und doch spürte Arri, dass ihre Mutter mit diesen letzten Worten eine Grenze überschritten hatte, die besser unangetastet geblieben wäre. es gab Wahrheiten, die alle kannten und die vielleicht doch nur so lange erträglich blieben, wie niemand sie aussprach. (S. 208)

"Und was war das für ein Fehler?", fragte Arri, als ihre Mutter nicht weiter sprach.
"Ich habe es gut gemeint", antwortete Lea. Sie lachte bitter. "Weißt du, dass die allergrößten Fehler meist die sind, die in bester Absicht begangen werden?". (S. 269)

"Jeder fürchtet sich vor eine Veränderung, weil es leichter ist, an dem festzuhalten, was man kennt, statt sich dem Neuen zu stellen. Aber es geht nicht. Du kannst die Zeit nicht festhalten, ganz gleich, wie sehr du es auch versuchst." (S. 305)

Dieser Gedanke war so erschreckend, dass Arri ihn hastig von sich schob, oder es doch wenigstens versuchte. Aber es gelang ihr nicht ganz. Er war wie ein schleichendes Gift, mit dem sie sich einmal infiziert hatte und das nun seine Wirkung entfaltete, langsam, aber auch unaufhaltsam. (S. 320)

Ihre Gedanken bewegten sich schon wieder auf Pfaden, die ihr nicht gefielen, und sie brach diese Überlegung hastig ab und konzentrierte sich stattdessen auf ihre Umgebung. (S. 560)

"Es tut immer weh, etwas Vertrautes zu verlieren, selbst wenn es nicht nur vertraut, sondern auch verhast ist, Arri. So sind wir Menschen nun einmal Unsere Neugier auf das Unbekannte ist unstillbar, und doch fürchten wir es fast im gleichen Maße." (S. 622)

Von allem im Dorf - Sarn selbst einmal ausgenommen - war Rahn womöglich derjenige, dem sie am allerwenigsten trauen konnten, vielleicht oder gerade weil s8e ständig mit ihm zu tun hatten. (134)

Zur selben Zeit setzten sie ihre nächtlichen Ausflüge in den Wald fort, und dabei schienen ihr Streit und die düsteren Wolken, die am Horizont des Schicksals aufgetaucht waren, gleichermaßen vergessen zu sein; als führten sie nicht nur zwei Leben - ein geheimes und ein für jeden sichtbares -, sondern wären in diesen unterschiedlichen Leben auch verschiedene Menschen.

Plötzlich stütze er sich schwer auf den knorrigen Stab, den er bisher nur zur Zierde in der rechten Hand gehalten zu haben schien, und aus einem nicht annähernd so alten Mann, wie er zu sein vorgab, wurde auch äußerlich wieder ein Greis, der keine körperliche Stärken ausstrahlte, sehr wohl aber die Kraft, die ihm die Last der Jahre und die damit erworbene Weisheit gab.

Doch noch war ihr Stolz stärker als der Hunger, der in ihren Eingeweiden wühlte, und sie war nicht einmal sicher, dass der Krieger die Schale nicht sogar auf Nors ausdrücklichen Befehl hin umgestoßen hatte, und zwar aus keinem anderen Grund als dem, sich davon zu überzeugen, wie weit ihr Wille und ihr Stolz schon gebrochen waren.

Warum spürte man so oft erst, wie viel einem etwas wirklich wert war, wenn man es verlor?

"STAUB" von Patricia Cornwell

...Sie seufzte. "Er ist kein guter Vater. Aber ist es nicht immer so? Wir lieben das, was wir nicht bekommen können. Wir lieben die Menschen, die unserer Liebe nicht erwidern", wiederholte Mrs. Paulsson...

"Das fünfte Paar" - von Patricia Cornwell

...Ich wandte mich dem Mann zu, der einmal mein Bett geteilt und meine Träume beherrscht hatte. Er trug marineblaue Cordhosen und ein rot-weiß gestreiftes Hemd, das ich kannte. Er war schlank und drahtig wie eh und je, und die grünen Augen hatten nichts von ihrer Leuchtkraft verloren - und noch immer unterstrich er seine Worte mit beredten Gesten.

... Ich streichelte sein Gesicht und er meins, und dann küssten wir die Stellen, die unsere Finger berührt hatten, bis unsere Lippen sich fanden. Die Welt um uns versank - bis plötzlich helles Licht durch die Windschutzscheibe fiel und pulsierende rote Blitze durch die Dunkelheit zuckten: Ein Streifenwagen hielt vor uns....

Sie nickte. "Unglücklicherweise haben noch immer viele Menschen, die einen Therapeuten brauchen, Angst , das zuzugeben. Sie wären überrascht, wenn sie wüssten, wie viele meiner Klienten durch die Hintertür kommen und gehen"...

"Echo einer Winternacht" von Val Mc Dermid

..."Es war schwierig, nicht zu glauben, dass die Umstände jener Nacht ihn nicht irgendwie einer anderen Zukunft beraubt hatten. es war sein ganz persönlicher Mühlstein, den er mit sich herumschleppte, ein Fleck in seiner Erinnerung, der ihm das Gefühl gab, für immer gezeichnet zu sein. Niemand würde mit ihm befreundet sein wollen, wenn er wusste, was in seiner Vergangenheit vorgefallen war, welcher Verdacht i den Augen so vieler ihm immer noch anhing. Und doch wusste Lynn alles und liebte ihn trotzdem."...

..." Wie unvermittelt wir in die Vergangenheit zurückfallen, wenn wir aus dem alltäglichen Leben in die Gesellschaft derer versetzt werden, mit denen wir die Zeit damals verbracht haben, dachte Alex, von dieser Einsicht überrascht. Er war sicher, das Mondo im Berufsleben selbstsicher und kompetent war. Er hatte eine kultivierte und anspruchsvolle Frau und tat mit ihr kultivierte und anspruchsvolle Dinge, über die Alex nur Vermutungen anstellen konnte. Aber mit dem Vertrauten seiner Jugendzeit konfrontiert, war Mondo wieder der unsicher Teenager, der Verletzlichkeit und Abhängigkeit ausstrahlte."...

aus verschiedenen Büchern

Es waren noch Kinder, ihre Gesichter unfertige Leinwände, die darauf warteten, von den Pinselstrichen der Erfahrung vollendet zu werden.

Weshalb wohl bei Tieren Hörern als Ausdruck der Männlichkeit, jedoch bei betrogenen Ehemännern als das Brot der Spötter gelten.

Die Unbefangenheit der Jugend und die Last der Jahre danach flossen ineinander.

Es war der 1. Spatenstich zum großen Grab.
Unwillig schütteten wir es zu

Doch der Verlust eines Kindes gleicht dem Sturz in einen Abgrund aus dem nur wenige Familien wieder zurückkehren. Manche kriechen ans Licht, wo die Erinnerung im Lauf der Zeit verblasst, doch andere verharren für immer in der Dunkelheit.

"Das Herz des Königs" von Viola Alvarez

Es ist schwer, auf ein leben zurückzublicken, ohne der Versuchung zu erliegen, es so aus erhabener Ferne zu sehen, wie man einen Fluss im Tal von einem Hügel aus sieht.

Wenn jemand nahe vor einem Fluss steht, scheint dieser unendlich lang und breit, kaum zu überwinden. und obwohl wir wissen dass er von einer Quelle kommt und auf eine Mündung hin fließt, erkennen wir doch nur das Stück, vor dem wir stehen, seine rauschenden und dennoch stehenden Wasser. Vom Hügel aus aber sehen wir einfach einen Fluss, wie er sich durch die Landschaft windet, sich einfügt in seine Umgebung.
In meinen frühen Jahren habe ich vor so vielen Flüssen gestanden, einer erschien mir breiter als alle zuvor, und der nächste wieder und wieder. Jetzt vom einsamen Hügel meiner stillen Tortur, sehe ich alle diese Flüsse, wie sie sich zu einem einzigen Strom vereinigen, der auf ei Ziel zuführt, auf die Frau, die mein Meer wurde. Auf Brangaene.

"Wenn du zurückkehrst, werde ich dieses Land größer gemacht haben, und ich hoffe, du wirst dann edel und stark genug sein, unserer Familie die Macht zu erhalten und sie zu schützen. Du bist unser Pfand an die Zukunft, Mark, aber verlass dich auf nichts. Trau niemandem. Niemals."
Gut so. Vertrau niemandem. In jedem von uns wohnt ein Ungeheuer, das nur auf eine Hand wartet, die sich nach ihm ausstreckt, sodass es sie beißen kann. Und je argloser die Hand, umso schmerzhafter der Biss. Das sind die Wege der Welt, und wir alle gehen sie. Ich werde sie gehen und du auch."

"Die Lüge ist der erste Schritt zum Verrat. Und jeder Verrat findet Förderer." Wenn du König bist, Mark, herrsche mit Strenge. Sei unberührt von dem, was die Menschen bewegt, aber nimm es ernst, nur so bist du schneller als der Verrat. Und du wirst stets Urteile fällen, die Gerechtigkeit bringen. Hast du das verstanden"..

Im Laufe meines Lebens habe ich alle Gebote gebrochen, die die Kirche uns aufgestellt hat, um uns Recht und Unrecht nach ihren Maßstäben begreiflicher zu machen. Manche dieser Dinge waren unsinnige, andere ungebührliche Taten und wieder anderer kann ich mich kaum noch erinnern, so wenig bedeuteten sie mir. Doch wei0 ich , seit jenem Tag auf dem Schiff, als ich lernte, das Meer zu lieben, als ich im Gesicht des Seefahrers und im stillen Nebel jedes fernen Morgens Gottes Lächeln sah, was wirkliche Schuld bedeutet. Ich weiß noch, dass ich das Schiff hocherhobenen Hauptes verließ und ebenso9 kalt und unbewegt das Pferd bestieg, das am Hafen auf mich wartete. Auch fühle ich noch die bittere Versuchung, der ich kaum später erlag, als ich aufhorchte, wie einer der Gefährten im Gespräch zu dem anderen sagte, dass ich dereinst einen guten König abgeben würde. "Der ist jetzt schon kalt wie ein fisch", sagte Aryff.
Und wie sich dann die schuld in eine doppelt glühende Eitelkeit wandelte, die mich meinen Frevel vergessen ließ, solange sie andauerte. Doch Eitelkeit brennt wie Stroh, egal, wie hoch die Flammen lodern mögen, sie geben weder Wärme noch dauerhaftes Licht, und wenn sie ersterben, ist die Kälte umso stärker fühlbar.

Gordec war sprachlos, dass sein Sohn sich erdreistete, die Bettgenossinnen des Vaters ohne dessen Wissen anzugehen, kratzte an seiner Eitelkeit. Dummheit, wenn sie anderer Dummheit begegnet, ist immer machtlos, weil sie sich nicht im anderen erkennen kann.

Es ist seltsam, wie das Schicksal an seinem Webstuhl sitzt und unbesehen beginnt, Fäden zu verbinden, die der Betrachter erst nach Jahrzehnten als ein Muster zu erkenne weiß.
Der Tag, an dem ich hier liege und bei lebendigem Leibe vermodere, und die Nacht, während der ich in meinem Zelt unruhig auf den Tagesanbruch wartete, sind von ein und demselben Schiffchen verwobgen worden, mein Leben ist ein Teppich geworden.

Vor dieser ersten Schlacht fürchtete ich den Tod so wenig wie heute, doch war meine Fruchtlosigkeit damals nur die glückliche Unwissenheit der aller Jugend, während ich nun weiß, dass der Tod u uns kommt, wenn es Zeit ist, nicht, wenn wir es fürchten - und bedauerlicherweise auch nicht, wenn wir es wünschen.

Gordec hatte mir den alten Veteranen Claudius, einen ehemaligen römischen Legionär, der mein Waffenmeister war, als Schutz angewiesen. Als die Horde gegenüber losbrach, hielt er mich mit ruhigem Blut zurück und raunte: "Lauf dem Tod nie entgegen, Junge. Lass ihn zu dir kommen, dann kann er entscheiden, ob er dich mitnehmen will.

Und zugleich befiel mich ein alles verzehrender Rausch, alle Befehle, die Claudius mit mir geübt hatte, vergingen unter der Herrschaft eines aus meinem Körper hervorbrechenden Hochgefühls der Gewalt, mächtig genug zu sein, ein anderes Leben zu beenden. Weder Claudius' Erfahrung noch mein Übermut führten nun die Waffen, sondern das wahnhafte Gefühl von Unbesiegbarkeit. Ich kostete Macht in ihrer niedersten Form und wie jeden anderen, der je von ihr getrunken hatte, nahm sie mich und alle meine Sinne gefangen. "

Auch auf die Herrin Berenice dichtete er Verse, die er des Abends auf einer schlecht gestimmten Harfe zum Vortrage brachte. Berenice war, wie meine Mutter, nie eine Schönheit gewesen. eher plump an Wuchs, das Haar gelichtet, bestach sie die Menschen allenfalls durch ihre stille Bestimmtheit und ihre Umsicht als gewissenhafte Hausherrin. Doch im Herzen jeder Frau wohnt offenbar ei Wesen ganz unähnlich dem ihrer äußeren Erscheinung, das verzaubert sein will von der Idee, wie ein Liebender es sehen würde. So lauschte Berenice mit tränenüberglänzten Augen, wenn der Sänger ihre Schönheit pries, von ihren runden Wangen, blauen Augen und roten Lippen sang."

Die Loba sah meinen Gedanken aus halb geschlossenen Augen zu. Ich bin sicher, sie konnte sie in meinem Schweigen hören, als hätte ich sie laut herausgebrüllt. sie hatte ihren Haken in mich gesetzt wie ein Angler, der sich noch nicht sicher ist, ob der Fisch kämpfen wird oder einfach an Land zu ziehen wäre. Dabei wollte sie den Kampf, um den Wert der Beute für sich zu erhöhen, das konnte ich spüren.

Die Befürchtungen - oder Hoffnungen - , die ich gehabt hatte, dass die Loba mich tatsächlich als ihren Geliebten wählen könnte und ich so von ihr abhängig wäre, waren einer ganz anderen, unsichtbaren und stärkeren Knechtschaft  gewichen: Ich war angesteckt von ihrer Art, das Leben zu sehen. Sie formte mich und meinen politischen Verstand mit der Finesse eines Glasbläsers, der an einem Meisterstück arbeitet, das er gleichwohl auch jederzeit zerschlagen und durch ein neues ersetzen könnte, um nichts ärmer als einige Stunden der Arbeit. Mir aber dräute die Zeit, in der sie Kanelegres wieder verlassen würde, denn dann wäre die Welt entschwunden, die sie mir durch ihren golddurchwirkten Vorhang  gezeigt hatte.

Das Beste dünkt mich, ihm einstweilen die lange Leine zu geben. Offen gegängelt würde er ein Feind sein - frei und unbehelligt, ein sicherer Verbündeter, gelenkt von unsichtbarer Hand. Meiner oder Eurer, lieber Freund.

Ich erinnere mich an die Loba wie an den Waffenmeister Claudius, an die arme Lisine oder an Eli, meinen Freund.
Sie waren die wichtigen Menschen meiner Jugend, sie formten meinen weg und meine Entscheidungen. In mir lebten ihre Leiden, Gedanken und Freuden ein paar Jahre weiter.
Und sie alle taten das ihre, um mir das Herz zu brechen, wenn ich nicht damals schon lange aufgehrt gehabt hätte, ein Herz zu haben. Ich ersetzte es mit den Jahren immer besser durch Höflichkeit und Umsicht, Vorsicht und eine gefahrlos zerstreute Sinnlichkeit.

Ich genoss die Frauen mein ganzes Leben seit jenem ersten Mal, und wo immer ich war, nahmen sie mich freundlich und stets zu ihrer Zufriedenheit auf. Doch nie, bevor Brangaene mir begegnete, habe ich gewusst, was es bedeutet, mit Körper und Seele zu lieben.

Sie war schön in ihrer Gestalt, doch schöner noch in ihrer Seele, und ich durfte beide sehen, beide kennen beide lieben. All diese Sinnesgeschenke halte ich am teuersten in den Jahresringen meiner Seele, doch auch sie schmerzen mich.

Denn jetzt hat sich alles verkehrt. Nun lebt mein Herz, doc mein Körper ist tot. In meinem Herzen, Brangaene, liebe ich dich jeden Tag aufs Neue. In meinem Herzen trage ich dich in meinen Armen und küsse dich zwischen Nacht und Morgen, in meinem Herzen...

Alle Umschläge und Wickel, die sie um mich legten, konnten doch keine Balsam auf die frisch Narbe in meiner Seele streichen, die schmerzte und todwund war. Jeder Gedanke an die Zukunft war mir verwehrt, aber jeder Gedanke an die eben noch wonnige Vergangenheit oder die grausame Gegenwart brachte mir fast den Schädel zum Bersten. Hilflos lag ich bewacht von den murmelnden Weiblein in dem Bett, in dem sie bei mir gewesen war. Die beiden Alten beteten eifrig, hielten meine Hand und ahnten nichts von meiner Qual.

War es wirklicher Hochmut, den ich spürte? Ich weiß es nicht, eher glaube ich , dass wohl eine unbekannte Pflanze im Garten meiner Seele keimte, und dass ich in der Unerfahrenheit der Jugend sie nicht anders zu düngen wusste, als mit der anmaßenden Einbildung, besser statt schlciht anders zu sein.

Dann verbeugte ich mich noch vor Berenice und ging aus der Halle. Mein Gesicht und Körper zeigten keine Regung, doch ich wusste i eitler Freude und bitterer Befriedigung, dass ich gerade Geburtshelfer zu meiner eigenen Legende gewesen war, der Legende des edelsten aller Könige des Nordens, des großen Mark von Cornwall, der ich nun jeden Tag mehr zu werden trachtete.

"Aber das Leben geht immer weiter, und niemand kann sich auf dem ausruhen, was er mal gewesen ist. Die Alten sterben, und die Welt verändert sich jedes Mal, wenn einer von uns tot ist. Und keiner wird bald mehr da sein, sich an das zu erinnern, was mal gut in dir gewesen ist, dass du nicht nur dieser unerträgliche Aufschneider bist, der seit zwei Jahren hier durch die Gegen stolziert. Also entweder du findest das wieder, was wir alle mal in dir gesehen haben, oder du bleibst einfach so unerträglich, wie du jetzt bist, ich kann es nicht ändern."

Ich blickte in seine Augen, seine schon getrübten blauen Augen, und es war, als würde ich in ein langes Rohr hineinblicken, an dessen Ende hinter all der nichts sagenden Dummheit und Brutalität, die für mich immer die einzigen bestimmenden Wesenszüge Gordecs gewesen waren, eine stille, simple Weisheit zu finden war, die nur ein gelebtes Leben erreichen kann.

Es ist mir so leicht, heute die Taten des Jünglings, der ich gewesen bin, zu belächeln. Ich sehe mich selbst, einen herrenlosen Hund, der an jedem Baum und Stein sein Bein hob, einfach nur um zu sehen, ob er damit durchkäme oder nicht. bestrebt, ein Revier zu markieren, das nie ein Zuhause sein würde. Ich hatte das Gefühl, nirgendwo hinzu-gehören, niemand zu sein, und dachte zugleich, alles zu können, zu wissen und zu tun in der Lage zu sein. Es war, wie je einen Fuß zu beiden Seiten einer Schlucht zu haben und den Abgrund darunter zu ignorieren. Mich wundert, wenn ich darüber nachdenke, dass ich nicht von morgens bis abends erschöpft war, ermattet unter der Last dieser Spiele, die ich so furchtbar ernst nah. Doch auch die Wege eines Kindes führen auf die Straßen des Lebens, und irgendwann haben wir so viel Weges hinter uns gelassen, dass eine Rückkehr unmöglich ist, und die Unbeschwertheit der Jugend ist vorbei. Unsere eigene Geschichte holt uns ein und zeigt uns fordernd die Schuldscheine und Wechsel, die sie durch unsere Entscheidungen erhalten hat. Und dann ist es zu spät.

Ich hatte in Elis unbestechlicher Geradlinigkeit etwas gefunden, wonach mich dürstete wie einen Gestrandeten nach frischem Wasser. Wenn ich gekommen war, um mich in Feindschaft zu erfahren, hatte sich Gott doch gutgelaunt anders entschieden und mir den  ersten wirklichen Freund meines Lebens gesandt

Vor meiner Unerfahrenheit wirkte seine Weltweisheit noch tiefer, seine Entschiedenheit durch meine schwindlichte Wankelmütigkeit noch fester. Er führte mich, und ich folgte. Und so wie ich einen Meister brauchte, brauchte er einen Schüler, auf dessen leerer Jugend er die zahlreichen Erfahrungen seines Lebens einsticken konnte wie auf einen kostbaren Wandbehang.

Mit dem Denken ist es wie mit der Ernährung eines Kindes, Cornwall", begann Eli dann zu dozieren. "Wenn du ihm immer nur Brei und Rosinen fütterst, wird es vielleicht nie etwas anderes wollen - und es wird auch selten etwas anderes vertragen. Denken heißt, sich die Zähne auszubeißen. Und manche Menschen vermeiden, dass ihnen im Verstande Zähne wachsen. Sie wollen nicht denken, weil es ihnen nicht angenehm ist. Dann suchen sie nach Nahrung, die sie nicht kauen müssen, wie diese Possen da drinnen. Es macht sie sicher. Sie verstehen es. Es gibt ihnen das Gefühl, dass sich auch all ihre Probleme mit einem Handstreich lösen ließen, wenn sie nur fest daran glauben, dass die Geschichten wahr sind. Sie verweigern sich der Wahrheit aus einer lang schon betrogenen Hoffnung."

"Es ist nicht gut für die Jugend, bei den Alten herumzuhängen", grollt er in seinen Becher. "Die Vergangenheit hat zu viele Gespenster, und manchmal kommen sie und stehen neben uns, legen uns die Hand auf die Schulter und machen uns bekümmert. Du solltest hier nicht mit mir Trübsal blasen, sondern tanzen, Junge."

Er war eine Weile still, und es war mir, als könnte ich in seien Augen die fernen Bilder jenes Festes sehen, das er gerade in seinem Inneren für Momente nochmals besuchte. Ich war ein gieriger Zaungast dieses anderen Lebens, das mir so viel begehrenswerter erschien als mein eigenes - und so viel leichter. Ich konnte mir nicht vorstellen, das es für Eli jemals Augenblicke der Verzweiflung geben hatte, wie ich sie seit Jahren von morgens bis abends in der Schwächlichkeit meiner Jugend zu erleben glaubte.

Nichts macht eine Frau älter als ein zu junger Liebhaber, der sie auch noch verlässt. Ich war schon einmal im Inneren gestorben, Marke, alle Qualen der Hölle hatte ich schon einmal durchlitten. Und glaube mir, ich verspürte weder damals noch heute das Bedürfnis, diese Momente in anderer Weise zu wiederholen.

Doch gab es keine Leidenschaft, kein Feuer in diesen Küssen. Sie waren ein Abschied von einer Freundschaft, die auf ihre Art wertvoll gewesen war, sie waren ein Abschied von einer Zeit, die für immer verloren war. Ich sagte in ihnen meinem Knabendasein Lebewohl, die Loba endgültig ihrer Jugend.

Wenn man reist, braucht man sich keine Sorgen mitzunehmen. Es findet sich genug Gelegenheit, neue zu haben, sobald man angekommen ist.

Cornisches Sprichwort

Die Zeit, die mich erschaffen hat ist auch die zeit, die mich bekämpft. Die Zeit, die mich so glücklich machte, dass ich nicht zu atmen wagte, ist auch die Zeit, die mich vernichtet. Meiner Sterblichkeit, meiner Vergänglichkeit und meiner Heuchelei in allen Bereichen meines noblen Daseins überführt, versuche ich dieser Zeit trotz ihrer Unbarmherzigkeit ein Freund zu sein. Denn auf ihre Art ist sie dies stets auch mir gewesen.
Sie war mir ein Freund in der Zeit meiner Kindheit in Kanelegres und im Languedoc, ein Freund auch, als ich an jenem fruchtbaren Tage Gordex und die seinen erschlagen fand, Sie war mir ein Freund, als ich nach Cornwall zurückkehrte und mich wenden musste gegen die, die dir von der Familie noch geblieben waren.
Immer hielt sie ihre Hand über mich, trachtete in ihrer Unergründlichkeit danach, mich heil zu bewahren, bis ich Brangaene traf und Zeit alle Bedeutung verlor und doch so kostbar wurde.
In der kurzen Zeit mit Brangaene wog eine Nacht mehr als ein Jahreslauf, ein Kuss verlieh einer ganzen Woche Flügel, und eine Umarmung war Ende und Beginn der Ewigkeit.
Zeit, was ist das?
Als ich ein Knabe war, maß ich Zeit vom Morgenbrot bis zum Ausritt und zäh wie eine Leimrute war mir die Zeit in der Lateinstunde. Ist es ein Segen oder eine Bosheit, dass wir in unserer Jugend so viel zu wissen glauben, ohne uns für diese Gewissheit je einen Beweis zu bringen? Ich weiß es nicht.

Es gibt alte Narren und junge Narren, und da ich beides gewesen bin, kann ich wohl auch beurteilen, was den einen vom anderen unterscheidet. Der junge Narr wird unwissend von den Wogen der Zeit hin und her gespült, wie ein Stück Holz im Meer mal oben, mal untern und je nachdem, wo er gerade landet, glaubt er, dass es sein Verdienst ist.
Der alte Narr, der ebenso umher getrieben wird, hat gelernt, dass das Wasser ihn nach eigenem Plane treibt, ob er widersteht oder nicht, und so hält er sich fest an den wechselnden Wogen und weiß, dass die Wellen nichts mit ihm zu tun haben.
Brangaene war noch jung, al s sie in mein Leben kam, dennoch habe ich an ihr das Narrenhafte nie gesehen, sie war nicht wie das Holz, sie war wie das Meer.

Ich kann es nicht glauben, dass sie fort gegangen sein soll, je mehr ich nun meinen Gedanken erlaube, die Reisen zu tun, die meinem Körper verwehrt sind, umso mehr spüre ich die unverrückbare Wahrhaftigkeit ihrer Gegenwart.
Ich kann auch das Meer vor Tintagel nicht mehr sehen, und doch weiß ich, dass es hier sein wird, für immer.

Und zunächst weckte sie in mir nichts als freundschaftliche Wärme, die wachsende Zuneigung des Bruders zu einem so ganz formbaren und unberührten Geschöpf. Aber bereits nach drei oder vier Tagen fühlte ich so etwas wie eine seltsame Besitzgier, dass Fluflu niemanden sonst so umarmen sollte, an niemandem sonst so hängen sollte, wie sie - meinerseits völlig unverdient - an mir hing. Zwar schob ich sie immer nach kurzer Zeit beiseite, drückte ihr die Hand zum Zeichen, dass es nun gut sein müsse, oder strich ihr ähnlich verabschiedend über die Wange, doch heimlich erwartete ich, dass sie mir bald wieder diese wunderbare harmlose und so heilende Zärtlichkeit entgegenbrächte.

Wenn man sich eine Laus in den Pelz setzte, war man dann ein klügerer Narr, nur weil man die Laus kannte - oder zu kennen glaubte? Der junge Zwyntek würde ebenso wie sein Vater für den eigenen Vorteil handeln. Doch wenn ich  es nun einzurichten verstand, dass sein Vorteil immer auch der meine wäre?

Ich empfand für Ursula trotz unserer gerade erst vergangenen Umarmung eine rein freundschaftliche Zuneigung, die solcherart Begegnungen in der Folgezeit sicher nicht ausschließen würde, doch mein Herz war frei von Sehnen, Eifersucht oder Begierde. Diese Erkenntnis beschwingte mich geradezu.

Die Königin stand auf, ihre Rundlichkeit wirkte auf einmal nur noch ungeheuer verletzlich, als trüge sie all die Jahre der Trauer um meinen Vater um den Leib geschlungen, gefangen in ihrer Einsamkeit, ihrer Schermut und ihrer unstillbaren Sehnsucht..
Hilflos suchte ich nach Worten und fand keine. Es gab keine Worte, die einer leidenden Frau dreizehn Jahre ihres Lebens und meinen Vater wiedergegeben hätten.

Ich war immer sehr Vorsichtig, diskret und nie gefühlsduselig. Schreckliche Nächte der Eifersucht, der Begierde, des Sehnens und Hoffens wie zu Zeiten der Loba habe ich mit keiner dieser Gefährtinnen erleben müssen.

Blanschuflur hat mich geliebt, oder wenigstens die Bruchstücke meiner selbst, die ich ihr zu sehen gestattet habe.
Für Ursula war ich ein guter Freund, ein Spielgefährte fast. Dann später, als ich mein vierzigstes Jahr erreichte, hat mich Bronwen, die walisische Baronin geliebt, die wegen Steuerfragen zum Gerichtstag kommen musste und dann fast zwei Jahre blieb.
Und auf ihre Art, in der einzigen Weise, die sie zeigen konnte, hat mich auch die Loba geliebt, das weiß ich heute. Ohne ihre wundersame Hilfe wäre ich damals nie König geblieben.
Und dann Brangaene. Aber Brangaenes Liebe steht glücklich außerhalb aller meiner Erfahrungen, ohne Vergleich. durch die anderen Frauen habe ich mich vielleicht verändert, sicher habe ich auch von ihnen gelernt - aber durch Brangaene ist mein Herz gerettet worden.
oder verdammt. Oder beides.

So sehr es mich heute auch anwidert, es zugeben zu müssen, so war doch der einzige Mensch, für den ich wirklich etwas empfand, ich selbst. Ich war so berauscht v0on meinem Glück, meinem Erfolg, der unwiderstehlichen Leichtigkeit, mit der sich all meine Pläne Schritt für Schritt vor mir entfalteten, dass ich vergaß, was mir schon einmal geschehen war, als ich niemanden als mich selbst im Kopf hatte.
Aber da Gott nicht vergisst, war es nur eine Frage der Zeit, bis mir die Lektion meiner Jugendzeit wiederholt werden sollte.
Als Rivalin dann auftauchte, fröhlich, naiv und nicht sehr klug, hätte ich jedoch, selbst wenn ich gewarnt oder aufmerksamer gewesen wäre, niemals in ihm den Vorboten des schlimmsten Verlustes meines damaligen Lebens erkannt.
Aber nichts anders war er.

Die Leute trauern so unterschiedlich. Manchen sieht man nie eine Regung an, doch im Inneren verzehrt sie der Schmerz, für den sie keine Worte finden. Andere weinen ein paar Tage herzzerreißend und sind dann wieder ganz hergestellt. Und andere fangen sofort an, zu vergessen. Es gibt Menschen, denen gibt das Leben so viel Schreckliches zu erfahren, dass sie schon ganz geübt sind, wenn der Schmerz kommt.

Hört, Ihr Leute, ich weiß, was ich sage,
Kummer und Liebe gehen Hand in Hand,
wie Leben und Tod,
Wie Rivalin und Blanscheflur, ewig ungetrennt

Wem hilft es schließlich, dass ich die Gräber der Vergangenheit durchfleddere? Ich weiß, dass ich mir nur Hoffnungen mache, dass Brangaene wiederkommt.
Ich dachte, dass mich die Gedanken an das, was war, leichter sterben ließen, stattdessen holen sie meinen Geist ins Leben zurück, auch wenn es nur das Leben in der Vergangenheit ist.

Der Majordomus kuschte. Es war der Rückzug eines kleinen bissigen Kläffers vor dem Hofhund. Aber der Kläffer würde schon noch versuchen, den Hofhund in dem Moment, wo der es nicht kommen sah, in die Waden zu beißen.
"Ich versuche euch zu raten, Majestät, nicht euch zu drohen. Wir haben doch beide nur Cornwalls Wohlergehen im Sinn".

Den Mundschenken war der Auftrag gegeben , dass die anderen zwanzig tunlichst von den Hochzeitsgästen  geleert werden mögen. Und dieses so rasch, dass der Rausch die Verhandlungen günstig und der nachfolgende Brummschädel ihren Aufenthalt erfrischend kurz gestalten möge den Hochzeitsgästen geleert werden mögen. Die Mundschenke tranken selbst heimlich mit, und spätestens am Ende des ersten Tages nach dem Eintreffen meiner Braut war es schwer möglich, einen Nüchternen unter den Anwesenden anzutreffen.

Glaubten denn hier alle Männer, das ein junger Körper und ein Schopf ohne Grau ausreichten, Leidenschaft jenseits aller Vernunft zu entflammen?

Es gehörte zur Seele eines Künstlers, die Dinge lieber so zu blicken, wie sie sein könnten, als so, wie sie sind. Aber ich war König und kein Harfner, und deshalb vermochte ich in einer Hagebutte keinen Granatapfel zu sehen, auch wenn ich es vielleicht selbst gerne gewollt hätte.

Es gehörte zur Seele eines Künstlers, die Dinge lieber so zu blicken, wie sie sein könnten, als so, wie sie sind.

"Ist Glück wichtig?", fragte ich sie da plötzlich. Es geschah wie gegen meinen Willen, ganz ohne zu überlegen, es erschien mir natürlich, sie das zu fragen. Sie sah aus wie jemand, der mir eine Antwort auf solcherlei Fragen hätte geben können.
"Ist die Frage nicht eher, ob Glück möglich ist?" Sie lächelte, und in ihren Augen schimmerte eine tiefe und wissende Traurigkeit.

Mein Elend, das Mädchen heiraten zu müssen, war nur ein einzelner Ziegel in einem ganzen Haus des Unglücks, wie mir nun schlagartig klar wurde. Und wie gern hätte ich mit meinem betörten Neffen getauscht, wie gern eine Ehe gestiftet, die in gegenseitiger Zuneigung beiden zumindest ein paar Jahre jugendlichen Glücks geschenkt hätte.

"Warum soll ich ihn nicht küssen", rief sie laut, und ich genoss trotz allem den Klang dieser außergewöhnlichen Stimme. "Wenn einer Frau im Leben nichts Schlimmeres widerfährt, als das sei einen wackeren Mann mit gutem Taktgefühl zu küssen hat, so darf sie sich nicht beschweren!"

Sie hatten das Fässchen gefunden, angezapft und gemeinsam binnen weniger Stunden geleert. Es hatte sie zueinander geführt wie Tiere in der Hitze. Ich fand schon immer, das Wein den Menschen nur schneller Gelegenheit gibt, das zu tun, was sie ohnehin tun wollen. So glaube ich nicht, das dieser Trank etwas geschehen ließ, was sonst nicht geschehen wäre.

In jeder Schwierigkeit, jeder Herausforderung lag auch der Reiz, diese Hürde zu überwinden, mehr noch, sie gut zu überwinden.

Ich hörte auf zu lächeln. War ich jetzt ganz verrückt geworden oder gerade erst zur Besinnung gekommen?

Und all dieses Fühlen traf mich mit solch einer unbekannten Wucht, dass ich gelähmt und wie neuerlich erwachend die Augen öffnete zu der erschreckenden Erkenntnis, dass ich der Liebe begegnet war. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, trotz aller Wachsamkeit, Schulung und Bemühung gemäß dem Rat meines Vaters, mich dem Menschlichen fern zu halten, hatte sich nun die vielleicht menschlichste aller Regungen über mich gelegt wie eine Decke, von der ich nicht wusste, ob sie mich ersticken oder wärmen würde.

Vielleicht las sie auch irgendwo oder schäkerte mit dem Bischof, eine so gebildete Frau brauchte schließlich geistige Anregung und Herausforderung. Ich hatte die Vermutung noch nicht zu Ende gedacht, da war das Wachs dieses Gedankens schon zu dem harten, brüchigen Marmor der Überzeugung menschlicher Eifersucht geworden.

Jetzt endlich finde ich die Zeit, mich zu wundern. Jetzt erst habe ich Gelegenheit, das Wunder dieses augenblicks zu erkennen. Dass sie mich so einfach berühren konnte, das ich sie mich verbrennen ließ, ohne ihr auch nur einen winzigen Moment zu misstrauen, nie auch nur einen Wimpernschlag zweifelte, dass sie tat, was sie tat, um mir Gutes zu tun.

Mit der gegen alles gefeiten Macht, die einen Bezechten freimütig reden lässt, ohne an die folgen zu denken, fuhr ich fort, meinen Weg zu suchen, während ich ihn schon ging.

Ich sah sie durch das schwache Licht der flackernden Kerzen an und hielt ihren Blick aus. Etwas regte sich in meinem Inneren, brach auf, strömte aus. Und als sie mir dann zulächelte, mit diesem Lächeln, das mir immer währenden Schmerz und immer währendes Glück zugleich verhieß, den Glauben an Heilung und die Krankheit der Liebe zugleich, da lebte ich. Zum ersten Mal in meinen zweiundfünfzig Jahren lebte ich.

"Ich habe es immer sehr an dir und mir geschätzt, dass wir beide wussten, dass das Glück niemals bei Frauen unter einem gewissen Alter zu finden ist. Nur Männer, die nichts davon verstehen, denken so.

Mir selbst waren Anwandlungen von Schuld, Reue und den heimlichen Versprechen des "nie wieder" gut aus der Zeit bekannt, da ich ähnlich moralisch verstrickte Beziehungen zu Ursula von Dartmoor oder anderen verheirateten Damen unterhielt. Und aus eben diesem Grunde bewertet ich Tristans mögliche Ansätze zur Besserung nicht besonders hoch.  Die Absicht, solche Verfehlungen nicht noch einmal zu begehen, reichte meist bis zur nächsten Gelegenheit.

Ich hatte nicht geahnt, dass ein Mensch sich derart heil fühlen konnte, aufgelöst und angekommen in der Gegenwart eines anderen.

Isolde war nun einmal Isolde, und außer Tristan hatte noch kein Mann vermocht, Schönheit jenseits aller Vernunft in ihr zu erblicken.

"Brangaene, schönste aller Frauen", tremolierte  der Unsägliche abschließend,  "du bist die Fischerin, in deren Netz auf ewig mein armes Herz zappeln wird."

Wir liebten uns lange und mit einer Ruhe, wie wir sie noch nicht erfahren hatten. Und als sie mich dann küsste und sagte: "Marke, du bist mein ganzes Leben", konnte ich nichts antworten. Das Glück macht bisweilen stumm.

Manchmal schlief sie, und gegen den Nachmittag drehte sie ihr Gesicht fort von der Sonne, um nicht zu sehen, das sie sank. Aber es half nichts, und die Schönheit der sinkenden Sonne erinnerte uns daran, dass unser Leben beides war - höchste Wonne und tiefste Verzweiflung.
Als der Tag unwiderruflich endete, hätte ich noch gern einen gehabt und noch einen, wie ein unbescheidenes Kind. Brangaene musste als Erste aufbrechen. wir hielten einander sinnlos fest und konnten uns nicht trennen. Es hatte alles noch schlimmer gemacht.

Selbst das Meer war nicht so schön wie Brangaene. Und es half mir auch nicht, weil sie mir jeden Tag heftiger fehlte und ich ohne sie nicht froh sein konnte. Wir gingen auf einer Straße, die ins Nichts führte, je weiter wir voranschritten, umso schwieriger wurde es, uns darüber hinweg zu täuschen.

Wenn sie kam, um bei mir zu sein, hielten wir uns oft nur wortlos fest mit dem Gefühl, zu ertrinken. Und das schlimmste war, den anderen nicht retten zu können.

Es stimmt, ich bin ganz ruhig, zum ersten Mal seit Wochen. Das ist ein gutes Zeichen für den Tod, oder? Es heißt doch, das wir im Sterben Frieden und Vergebung finden.

Tiefe Schatten liegen ihr um die Augen. Das Jahr unserer Trennung hat für sie wohl zehnfach gezählt. Ihre Haut trauert, und sie ist abgemagert, nur ihre Augen sind wie frisch geschliffene Steine, und mein eigenes Bild liegt obenauf, wie um das Leid darunter gnädig vor dem Kranken, der es verschuldet hatte, zu verbergen.

Es gibt doch immer noch ein paar Sünden, die ich noch nicht begangen habe, denke ich lächelnd. Jedenfalls hatte ich noch nie zuvor eine Nonne mit Gedanken belästigt, wie sie mir in diesem Moment kommen. Sie strömen in mein Bewusstsein, wie ärgerliche Bittstelle am Gerichtstag in die große Halle eindrangen, wenn sie schon zwei Tage auf ihre Verhandlung gewartet hatten. Ich will sie anfassen, nur festhalten, sie wieder spüren. Wie schnell mir doch der Tod unattraktiv wird in Gegenwart der Frau, die ich liebe.  Sie ist wieder da, mein Meer, mein Leben.

Fast glaube ich, dass uns die Zeit eine Leiter aus Gras geflochten hat, dass wir an ihr aus dem Tal verlorener Tage noch einmal zum Glück emporsteigen können.

Die Stummen sind sehr unnachsichtig mit denen ,die Worte verschwenden.

Da ich keinen von beiden zu einem grab begleiten konnte, schöpfte ich stattdessen Meerwasser unten vom Flutsaum, und versponnen bilde ich mir gerne ein, dass es Tropfen ihrer Seelen enthalten mag. Ich habe die Hälfte für euch in die Amphore, die ich dem Boten mitgab, einschließen und mit cornischem Zinn versiegeln lassen. Ich weiß, dass es sie nicht zurückbringt, aber es ist eine Erinnerung. Wenn man so lange gelebt hat wie ich, sammelt man nur noch Erinnerungen - und diese ist mir die li3ebste. Das ist das traurige Ende einer großen Liebe, aber sagt für euch selbst, Freund Rual, sind nicht die arm, die nicht alles füreinander gaben?

"Der Palast der Himmlischen Freuden" von Adam Williams

"Die Geschäfte gehen nie so gut, wie man es sich wünscht. >Grenzenlos ist das Meer der Kümmernisse. Der Mensch treibt in dieser Welt umher, als sei sie ein Traum.<."

"Ja sehr ähnlich", stimmte ihr der Arzt zu. "In all den Jahrhunderten ist die Menschheit nicht besser geworden, sondern hat nur ihre Grausamkeit perfektioniert. Es ist ein jammervoller Anblick."

Daraus könne wir wirklich etwas lernen, James, Septimus hat auf Gott vertraut, und er hörte nur auf das, was sein Herz ihm sagte, während wir anderen alle durch unseren Verstand verblendet waren. Was immer auch kommen mag - und ehrlich gesagt gibt es nicht mehr viel Hoffnung für uns - , wir täten besser dran, uns ein Beispiel an Millward zu nehmen und unser Schicksal in Gottes Hand zu legen.

Es sollte vor allem humorvoll klingen, schließlich war dies wahrscheinlich der letzte Brief an seinen Bruder, und er wollte James vermitteln, wie fröhlich sie trotz ihres schlimmen Schicksals alle waren. Niemals zuvor hatte er solchen Frieden empfunden. Schon die einfachsten Dinge machten ihn glücklich, und er war ganz durchdrungen davon, wie wundervoll es war, am Leben zu sein. Natürlich fürchtete er sich vor dem, was auf sie zukam, und er konnte den Gedanken kaum ertragen, dass seine Kinder Schmerzen erleiden müssten. Er wusste, er würde all seine Kraft brauchen, aber seltsamerweise überwog im Moment doch die Freude am Leben, obwohl es sich nur noch um Tage handeln konnte.

"Der Mandarin stand an seinem Tisch, den Pinsel in der Hand, und betrachtete nachdenklich die zwei Schriftzeichen, die er kühn auf das Blatt Papier gemalt hatte. Wu wei. Wörtlich übersetzt bedeutete das "die Verneinung der Existenz", aber hinter diesem taoistischen Axiom stecke eine tiefere Bedeutung: dass wahre Weisheit nur durch die Abwesenheit bewusster Gedanken erreicht werden kann, dass richtige Handlungen nur stattfinden, wenn man sich dem Fluss der Ereignisse überlässt, dass die unbedeutenden Ereignisse des eigenen Lebens verbunden sind mit einem größeren Entwurf, in dem alles ein Rolle spielt, und dass wir nur verstehen können, wenn wir nicht versuchen, es zu erklären. Oder einfacher gesagt, dass man durch Nichtstun alles erreicht. .."

"Das Kreidekreuz" - von Ulrike Schweigert

..." Wenn Gott uns strafen will, dann erfüllt er unsere Wünsche, dachte sie und schämte sich für den Gedanken.

"Oh nein, ein Spiel kann es nicht sein. solch einen Schmerz habe ich noch nie empfunden. Und doch klingt auch eine ungekannte Seligkeit in ihm. Mir ist, als müsse ich lachen und weinen. Ich kann alles tun, doch ruhig sein und mich schlafen legen und darauf warten, dass die kostbare Zeit ungenutzt verstreicht, das kann ich nicht. Ihr fordert Anstand? Ja, mein ganzes Leben habe ich diese Worte vernommen und bin ihnen viel zu oft gefolgt. Heute Nacht aber kann und will ich es nicht. Ich kann es fühlen, es ist etwas großes, Unglaubliches, Ungekanntes. Ich bin bereit, Himmel und Hölle zu ertragen, jedoch bin ich nicht bereit, die Stunden zu vergeuden und mich mein Leben lang zu fragen: Wie fühlt es sich an, zu lieben und geliebt zu werden."

"Stadt des Schweigens" von Erica Spindler

Er überblickte die Gruppe, voller Stolz auf seine Wahl. Sie präsentierte die alte wie die neue Garde von Cypress Springs. Weisheit verstärkt durch Jugend. Und Jugend gebremst durch die Weisheit der Erfahrung, eine kaum zu schlagende Kombination.

"Insel der Rebellen" von Patricia Cornwell

Ich hoffe sehr, geschätzter Leser, dass diese Artikelserie sie anregt, sich ein paar Gedanken über Ihr eigenes Leben zu machen, sodass Sie heute vielleicht einmal die Bedürfnisse und Gefühle eines anderen Menschen über Ihre eigenen stellen. Wie die Dinge im Rückspiegel näher sind, als es den Anschein, hat, so hängt uns unsere Vergangenheit auf der Autobahn des Lebens an der Stoßstange, vielleicht sitzt sie sogar auf dem Beifahrersitz. Wir sind, wer wir waren, und je mehr sich die Welt auch zu ändern scheint, desto weniger tut sie es in Wirklichkeit, solange wir nicht in unserem Herzen mit dieser Veränderung beginnen.

"Die Villa gehört uns nicht", erinnerte sie der Gouerneur, und düstere Gedanken sammelten sich ins einem Kopf wie eine Schar unfreundlicher Menschen in einem Fahrstuhl, als sich die Tür zu seinem Geduldszentrum schloss und es mit seiner Stimmung abwärts ging.

Wenn man die Wahrheit ausgräbt, weckt man die bösen Mächte, und es geschehen schreckliche Dinge. Doch am Ende wird die Wahrheit siegen."

"Ach zum Teufel!" erwiderte Hammer ärgerlich und ungeduldig. "Verschonen Sie mich bloß mit Ihren philosophischen Sprüchen für jede Lebenslage.

Und er hoffte, ein Wunder würde geschehen und ihn, Macovich, von seinen Schulden und von seinem unersättlichen Geschlechtstrieb befreien. Frauen - und die meisten Männer - hatten keine Ahnung, was es hieß, einen Hengst zwischen den Beinen zu haben, der ständig ausschlug und buckelte und hochsprang und schnaubte, um aus seinem stall gelassen zu werden.

Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Geschichte nichts weiter ist als das, was nach Auffassung bestimmter Leute kommenden Generationen kund und zu wissen getan werden soll.

"Die einzige Kreativität, die Sie besitzen, ist Ihr Umgang mit der Wahrheit", gab der Gouverneur zurück. "Und wenn ich nicht mit wichtigeren Dingen wie zum Beispiel meiner Gesundheit beschäftigt wäre, würde ich Sie öfter beim Lügen ertappen und geeignete Maßnahmen ergreifen."

"Illuminati" von Dan Brown

"Früher ein waren alle Fragen spirituell. Seit Anbeginn der Zeit hat man Spiritualität und Religion benutzt, um die Lücken aufzufüllen, die von der Wissenschaft nicht erklärt werden konnten. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang wurden einst Helios und seinem flammenden Streitwagen zugeschrieben. Erdbeben und Flutwellen waren die Rache Poseidons. Die Wissenschaft hat bewiesen, dass diese Götter falsche Idole waren. Bald schon werden wir sämtliche Götter als falsche Idole entlarvt haben. Die Wissenschaft hat Antworten auf nahezu jede Frage geliefert, die ein Mensch nur stellen kann. Es gibt nur noch wenige offene Fragen, und sie sind esoterischer Natur. Woher kommen wir? Was tun wir hier? Welche Bedeutung hat das Leben, das Universum?"

Obwohl in der modernen Symbologie zahllose Berichte über das Wappen der Illuminati existierten, hatte noch kein Forscher es tatsächlich zu Gesicht bekommen. Einige Dokumente beschrieben das Symbol als ein "Ambigramm" - ambi bedeutete allseitig und hieß, dass man es in beide Richtungen lesen konnte. Ambigramme waren in der Symbolologie weit verbreitet, Swastikas, Yin Yang, jüdische Sterne, symmetrische Kreuze - die Vorstellung allerdings, das ein Wort in einem Ambigramm dargestellt werden konnte, erschien völlig absurd.

Ja, Galileo war ein Illuminatus. Und er war ein gläubiger Katholik. ER versuchte die Position der Kirche aufzuweichen, indem er behauptete, die Wissenschaft würde die Existenz Gottes nicht unterminieren, sondern vielmehr zementieren. Er schrieb, dass er beim Blick durch das Teleskop auf die sich drehenden Planeten Gottes Stimme in der Musik der Sphären hören könne. Er war überzeugt, dass Wissenschaft und Religion Alliierte statt Feinde sein sollten - zwei verschiedene Sprachen, die die gleiche Geschichte erzählten, eine Geschichte von Symmetrie und Ausgewogenheit ... Himmel und Hölle, Tag und Nacht, heiß und kalt, Gott und Satan. Wissenschaft und Religion vereinigt in göttlicher Symmetrie... dem endlosen Widerstreit von Gut und Böse"

Die Zukunft der Menschheit liegt in den Händen von Einrichtungen wie CERN. In den Händen von Wissenschaftlern wie Ihnen und Ihrem Vater, die an der Lösung von Problemen arbeiten, die sich erst morgen stellen.

"Wissenschaftlicher Fortschritt ist stets mit einem Risiko behaftet", argumentierte Kohler. "So war es immer, und so wird es immer sein. Weltraumprogramme, genetischer Forschung, Medizi - überall werden Fehler gemacht. Die Wissenschaft muss ihre eigenen Fehler überleben, koste es, was es wolle. Für das Wohl aller."

Ein spirituelles Rätsel, dachte Langdon. So nenne mich meine Freunde. ER hatte jahrelang Religion studiert, doch er war deswegen kein religiöser Mensch geworden. Er respektierte die Macht des Glaubens, die Wohltätigkeit der Kirchen und die Kraft, die der Glaube so vielen Menschen zu geben schien... und doch, für ihn war die intellektuelle Sperre stets ein zu großes Hindernis gewesen, als dass seinakademischer Verstand den weg zum Glauben hätte finden können. "Ich würde gerne glauben", hörte er sich selbst sagen.

"Also ist Glaube zufällig?" "Kaum. Glaube ist universell. Unsere spezifischen Methoden zum Verständnis sind zufällig. Einige von uns beten zu Jesus, andere pilgern nach Mekka, dritte studieren subatomare Partikel. Am Ende suchen wir alle einfach nur nach der Wahrheit hinter den Dingen. Nach etwas, das größer ist als wir selbst."

"Glauben Sie an Gott?" Vittoria schwieg eine ganze Weile, bevor sie antwortete. "Die Wissenschaft verrät mir, dass es einen Gott geben muss.  Mein verstand sagt mir, dass ich diesen Gott niemals begreifen werde. Und mein Herz sagt,  das ich ihn niemals begreifen soll."

"Das Auge ist ein Freimaurersymbol?" "Eigentlich nicht. Es ist ein Symbol der Illuminati. Sie nannten es ihr 'leuchtendes Delta'. Ein Ruf nach erleuchteter Veränderung. Das Auge versinnbildlicht die Fähigkeit der Illuminati, zu infiltrieren und alles zu beobachten. Das leuchtende Dreieck repräsentiert die Erleuchtung. Es ist zugleich ein griechischer Buchstabe, das Delta, welches wiederum ein mathematisches Symbol ist für .." "Veränderung. Übergang."

"Wie Sie vielleicht wissen", entgegnete Langdon, "wurde Dialogo trotz des Kompromisses von der Kirche immer noch als Häresie betrachtet, und der Vatikan stellte Galileo unter Hausarrest." "Keine gute Tat bleibt ungestraft."

Publiziere oder gehe unter.

Die Medien sind der rechte Arm des Terrors.

Wenn es nicht verdammt schwer war, hast du etwas falsch gemacht.

"Der 25. Dezember, meine Freunde, ist der alte heidnische Feiertag der unbesiegten Sonne, des Gottes Sol Invictus Heliogabalus. Er fällt mehr oder weniger mit der Wintersonnenwende zusammen. Das ist dieser wundervolle Tag im Jahr, an dem die Sonne zurückkehrt und von wo an die Tage wieder länger werden."

Nicht einmal das Konzept, dass Christus für unsere Sünden starb, ist exklusiv; das Selbstopfer eines jungen Mannes, um die Sünden seines Stammes auf sich zu nehmen, reicht bis in die früheste Zeit zurück."

"Es ist eine Tatsache, dass jede organisierte Religion nur wenig Echtes besitzt. Religionen entstehen nicht aus dem Nichts. Sie entstehen auseinander. Moderne Religionen sind ein Sammelsurium ... eine historische Abfolge, welche die Suche jedes Menschen nach göttlichem Verständnis widerspiegelt."

"Aufgeschreckt und fasziniert bemerkte sie, dass sich etwas in ihrem italienischen Blut regte, das sie noch nie zuvor gefühlt hatte... das Flüstern sizilianischer Vorfahren, die ihre Familien mit brutaler Selbstjustiz verteidigten. Vendetta, dachte Vittoria, und zum ersten Mal im Leben verstand sie diese Gefühl.

"Wie du wahrscheinlich sehr gut weißt, benutzen menschliche Wesen nur einen sehr kleinen Teil ihres Verstandes. Wenn man sie jedoch in emotional angespannte Situationen versetzt - beispielsweise ein Verletzungstraume, extreme Angst oder Freude oder tiefe Meditation - fangen die Neuronen unvermittelt an, wie verrückt zu feuern, was in einer massiven Erweiterung des Bewusstseins resultiert."

"Nur weil man klarer denkt, heißt das noch lange nicht, dass man mit Gott spricht!" "Und doch fallen dem Menschen nicht selten in genau diesen Momenten bemerkenswerte Lösungen zu scheinbar unmöglichen Problemen ein. Das ist es, was Gurus 'höhere Bewusstseinsebene' nennen. Biologen sagen 'angeregter Zustand' dazu. Psychologen nennen es das 'Über-Ich'. Und Christen nennen es  ein erhörtes Gebet." Mit einem breitem Lächeln fügte er hinzu: "Manchmal ist göttliche Erleuchtung nichts weiter als ein Justieren des Verstandes auf etwas, das das Herz längst weiß.

Während Mortati hinauf zu Camerlengo Ventresca blickte, spürte er den lähmenden Zusammenprall von Herz und Verstand. Die Vision schien real, doch wie konnte so etwas möglich sein?

"Das letzte  Geheimnis" von Ian Caldwell & Dustin Thomason

Ich habe nie viel mit dem anfangen könne, woran er glaubte. Söhne sind ein Versprechen, das die Zeit den Vätern bereithält - die Zusicherung, dass das, was dem Vater wertvoll ist, eines Tages für töricht gelten wird, und dass der Mensch, den er auf der Welt am meisten liebt, ihn missverstehen wird. Aber mein Vater, ein Renaissance-Forscher, sah die Möglichkeit der Wiedergeburt stets mit Zuversicht. Er erzählte die Geschichte der beiden Boten so oft, dass ich sie niemals vergessen konnte, sosehr ich mich auch bemühte. ER spürte, das weiß ich heute, dass die Geschichte eine Lehre offenbarte, eine Wahrheit, die uns am Ende miteinander verbinden würde.

Aber ich glaube, durch die Art ihres Todes gelangten Rodrigo und Donato zu sehr viel größerem Ruhm, als sie ihn jemals hätten erwarten können, wären sie am Leben geblieben. Denn in jeder Gesellschaft sind die Witwen die Bewahrerinnen der Erinnerung, und die, die im Ofen des Bäckers die abgeschlagenen Köpfe fanden, haben dies gewiss nie vergessen.

Ein seltsames Ding, die Zeit. Sie lastet am meisten auf denen, die am wenigsten davon haben. Jung zu sein und die Welt auf den Schultern zu tragen - nichts ist leichter, und das Gefühl der Möglichkeiten ist so verführerisch, dass du sicher bist, es muss Wichtigeres zu tun geben, als für dein Examen zu büffeln.

Aber erst da habe ich etwas verstanden, was meine Mutter immer sagte: dass die Männer in unserer Familie dazu neigten, auf gewisse Bücher genauso heftig hereinzufallen wie auf gewisse Frauen. Die Hypnerotomachia hatte äußerlich vielleicht nie besonders großen Charme, aber sie hat die Verschlagenheit einer hässlichen Frau, den langsam süchtig machenden Sog eines innewohnenden Geheimnisses. Als ich merkte, dass ich ebenso wie mein Vater immer tiefer darin versank, gelang es mir, mich loszureißen und das Handtuch zu werfen, ehe ich die Beziehung zu einer Freundin ruinierte, die Besseres verdient hatte.

Katie Marchand, eine Sophomore, ist eine Freundin geworden, wie ich sie nicht zu finden verdient habe. Die wachsende Bedeutung, die sie in meinem Leben einnimmt, ist eine Tatsache, die Charlie akzeptiert, indem er sich ins Gedächtnis ruft, dass gescheite Frauen oft einen schrecklichen Geschmack in punkto Männer haben.

So war mein Vater: Er ließ in der Geschichte jene Linie verschwinden, jenseits derer alles muffig und rätselhaft erscheint. Geschichte bestand für ihn nicht aus Zeitabschnitten und großen Männern, sondern aus Ideen und Büchern.

Meine Schwestern hatten kurz vor unserer Abreise schmerzhafte Trennungen hinter sich bringen müssen. Mein Vater allerdings, der von ihren Freunden nie viel gehalten hatte, betrachtete es insgeheim als einen Segen.

Mir war allmählich klar geworden, dass es unter belesenen Leuten ein unausgesprochenes Vorurteil gibt, eine heimlich Überzeugung, der sie alle gemeinsam Anhänger: dass das Leben, wie wir es kennen, eine unvollkommene Wahrnehmung der Wirklichkeit ist, die nur die Kunst - wie eine Lesebrille - korrigieren kann. die Wissenschaftler und Intellektuellen, die ich an unserem Esstisch kennen gelernt habe, hegten anscheinend immer einen Groll gegen die Welt. Sie konnten sich nie so recht mit dem Gedanken anfreunden, dass unser Leben nicht dem dramatischen Bogen folgt, mit dem ein guter Autor eine große literirische Figur ausstattet. Nur durch Zufälle von reinster Vollkommenheit wird die Welt zu einer Bühne. Und das. so schienen sie zu denken, war eine Schande.

Keiner von diesen Leuten, erkannte ich, konnte die Realität irgendwie besser bewältigen als ich. Der Tod meines Vaters war von einer unangenehmen Endgültigkeit, und er verhöhnte die Gesetze, nach denen sie lebten: dass nämlich jede Tatsache neu interpretiert werden könne, dass jedes Ende abänderbar sei. Dickens hatte "Große Erwartungen" so umgeschrieben, das Pip glücklich werden konnte. Aber das hier konnte niemand umschreiben

"Die Starken nehmen von den Schwachen, aber die Klugen nehmen von den Starken."

Curry dagegen war ein Schöpfer, kein Zerstörer - ein Mann der Möglichkeiten, nicht der Fakten. Gern sagte er, das leben sei - eine Anleihe bei Michelangelo - wie eine Skulptur: Es gehe nur darum , zu sehen, was andere nicht sehen, und dann den Rest wegzumeißeln. Für ihn war das alte Buch ein Steinblock, der darauf wartete, behauen zu werden. wenn in fünfhundert Jahren niemand es verstanden hatte, dann wurde es Zeit für neue Augen und frische Hände, und zum Teufel mit den Gebeinen der Vergangenheit.

Wie drei Tiere, die zusammen einen Käfig bewohnen, hatten die Männer Mühe, sich aufeinander einzustellen: Sie umkreisten einander argwöhnisch, bis sie die Reviergrenzen festgelegt und ein neues Gleichgewicht erreicht hatten. Die Zeit war in jenen Tagen ihr Verbündeter, und alle drei einte der Glaube an die Hypnerotomachia. Wie ein allumfassender Ombudsmann wachte der alte Francesco Colonna über sie, leitete sie, übertünchte jeden Zwist mit immer neuen Schichten der Hoffnung. Und eine Zeit lang zumindest hatte dies Bestand.

In der Tür zur Buchhandlung meines Großvaters kreuzten sich  ihre Wege. Ehe sie recht wussten, wie ihnen geschah, purzelten meine künftigen Eltern in einem Wirbel aus Papierblättern und Taschenbüchern übereinander, und die Nadel des Schicksals zurrte den faden fest und ratterte weiter.

So endete die entscheidende Periode im Leben meines Vaters, das eine Jahr, in dem das Uhrwerk seiner künftigen Identität in Gang gesetzt wurde. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, frage ich mich, ob es nicht für uns alle so ist. Das Erwachsenenalter ist ein Gletscher, der lautlos auf die Jugend zu kriecht. wenn er sie erreicht, gefriert ganz plötzlich das Gepräge der Kindheit, und für immer sind wir eingefangen im Abbild unserer letzten Handlung, der Pose, die wir eingenommen haben, als das Eis des Alters uns überkam. Die drei Dimensionen des Patrick Sullivan waren, als die Kälte ihn in Besitz nahm, Ehemann, Vater und Wissenschaftler. Sie definierten ihn bis zum Ende.

Alle drei, durch Stolz und Lebensumstände auseinander gerissen, fanden Ersatz für die Beschäftigung mit der Hypnerotomachia, Stellvertreterliebschaften, die den Platz ihrer unvollendeten Aufgabe einnahmen. Die Uhr drehte sich weiter, und die Zeit machte aus Freunden Fremde. Francesco Colonna, der den Schlüssel für das Uhrwerk verwahrte, musste sein Geheimnis in Sicherheit wähnen.

Wenn man jedes Atom in seiner Position und Richtung erstarren lassen könnte, sagt sie gerade, und wenn der Verstand sämtliche derart in der Schwebe gehaltenen Aktionen erfassen könnte, und wenn man außerdem wirklich, wirklich gut in Algebra wäre, dann könnte man die Formel für die gesamte Zukunft schreiben.

"Du tust, was viele sich erträumen, Lebenslauf", sagt Curry. "Erträumen? Müh'n zu tun, sich plagen unter Qual - und dennoch scheitern."

Jetzt streckt Paul den Arm nach einem Stück Brot aus, ganz vertieft i die Freude des Essens, dessen Duft sich mit dem Schimmelgeruch alter Bücher und dem Rauch des Feuers mischt, wie es mir unter anderen Umständen vielleicht auch gefallen hätte. Hier ist es mir eher unbehaglich - ein Flickenteppich aus verschiedenen Erinnerungen.

So nah wir beide einander stehen, zwischen ns ist doch eine gewisse Distanz, das Gefühl, dass wir zwar eine Menge miteinander gemeinsam haben, aber dass gute Zäune nichtsdestoweniger für gute Nachbarschaft sorgen. Da Vinci hat geschrieben, dass ein Maler jedes Bild mit einer schwarzen Schicht beginnen sollte, denn auch in der Natur sei alles dunkel, bis Licht darauf falle. Die meisten Maler tun das Gegenteil; sie weißen die Leinwand und malen die Schatten zuletzt. Aber Paul, der da Vinci so gut kennt, dass man glauben könnte, der alte Mann hätte in seinem unteren Bett geschlafen, weiß genau, wie viel es wert ist, mit den Schatten zu beginnen. die andern können immer nur das von dir wissen, was du sie sehen lässt.

Mein Vater, der wusste, wie die Hypnerotomachia ihn verführt hatte, verglich das Buch einmal mit einer Affäre, die man mit einer Frau hat. Sie veranlasst dich zum Lügen, sagte er, bis du dich sogar selbst belügst. Vielleicht ist Pauls Abschlussarbeit genau diese Lüge: In vier Jahren mit Taft hat Paul sich für das Buch wie ein Tanzbär auf die Hinterbeine gestellt, er hat sein Bett gemieden und auf seinen schlaf verzichtet, und trotz all seiner Plackerei hat das Buch nur wenig preisgegeben.

Ich glaube, es war meine Mutter, die mir gesagt hat, ein Freund wird sich schützend vor dich stellen, sobald du ihn darum bittest - aber ein guter Freund tut es schon vorher.  Man begegnet im Leben so selten einem wirklich guten Freund, dass es schon fast unnatürlich erscheint, wenn drei auf einmal um die Ecke kommen.

Auf der großen weißen Leinwand erscheint eine Serie von Bildern, eines schrecklicher als das andere. Heilige, die gefoltert werden. Märtyrer, die ermordet werden. Taft sagt, Glaube sei leichter zu geben als Leben, aber schwerer wieder zu nehmen. Er hat Beispiele mitgebracht, die das illustrieren.

Anziehungskraft ist etwas Merkwürdiges, und ich lerne gerade erst, worin sie besteht. Als ich Katie das erste Mal sah, glaubte ich, ein einziger Blick auf sie müsste zu einem Verkehrstau führen. Nicht alle waren meiner Ansicht (Charlie, der kernigere Frauen bevorzugt, fand ihre Entschlossenheit reizvoller als ihr Aussehen), aber ich war hingerissen.
In jenen Tagen genügte der Gedanke daran, sie zu berühren oder den Duft ihres Haars zu reichen, um mich schweißüberströmt unter die kalte Dusche stürzen zu lassen. wir waren Trophäen füreinander, und wir stellten uns gegenseitig auf den Sockel.

Die Hoffnung, hat Paul einmal gesagt, die wispernd aus der Büchse der Pandora fuhr, als alle Plagen und Leiden schon daraus entwichen waren, ist das beste und letzte aller Dinge. Ohne sie gibt es nur die Zeit. Und die Zeit drückt in unserem Rücken wie eine Zentrifuge, drängt uns nach außen und fort und Erklärung für das, was mit meinem Vater und mir passiert ist, wie es auch mit Taft und Curry passiert ist und wie es mit uns vieren hier in Dod passieren wird, so unzertrennlich wir jetzt auch zu sein scheinen. Es ist ein Gesetz der Bewegung, eine physikalische Tatsache, für die Charlie einen Namen haben dürfte, nicht anders als die Stadien Weißer Zwerg und Roter Riesen.
Wie allen Dingen im Universum ist es auch uns bestimmt, von Geburt an auseinander zu streben Die Zeit ist bloß das Maß unserer Vereinzelung. Wenn wir Partikel in einem Meer der Abstände sind, die Trümmer eines explodierten Ganzen, dann gibt es eine Wissenschaft, die unsere Einsamkeit beschreibt. Unsere Einsamkeit verhält sich proportional zu unseren Jahren.

Darunter trug sie ein T-Shirt und darunter einen schwarzen BH, aber Katies Anblick, wie sie diesen Pullover auszog und wie ihr Haar dabei zerstrubbelt wurde und ihr in einem Kranz aus statischer Elektrizität vom Kopf abstand, gab mir ein Gefühl, das Tantalus nie ganz erreichen konnte: das endlich eine sensationelle Zukunft gegen eine hoffnungsschwere Gegenwart drängte und den Schalter umlegte, der den Kreislauf der Zeit schließt.

Das Abenteuerliche der ersten gemeinsamen Tage erblühte allmählich zu etwas anderem: zu einem Gefühl, das ich mit Lana oder einer ihrer Vorgängerinnen nie gehabt hatte. Vergleiche kann ich es nur mit dem, w as man empfindet, wen man nach Hause kommt, wenn man ein Gleichgewicht findet, das nicht justiert zu werden braucht - als habe die Waage meines Lebens die ganze Zeit nur auf Katie gewartet.

Dieses Buch war eine phantastische Geliebte, die immer im richtigen Augenblick ein bisschen Bein zeigte. Im selben Moment, als Katie ging, dämmerte mir die Lösung des Rätsels, das Colonna uns aufgegeben hatte - und wie ein Hauch von Parfüm und ein kurzer Blick in den Ausschnitt ließ es mich auf der Stelle alles andere aus den Augen verlieren.

In der Geometrie der Liebe ist alles dreieckig. Für Tom und Jenny gibt es immer auch einen Julius, für Katie und Tom gibt es einen Francesco Colonna. Und die Zunge des Begehrens ist gespalten: Sie küsst zwei und liebt nur einen. Die Liebe zieht Linien zwischen uns, wie ein Astronom aus Sternen Bilder konstruiert, indem er Punkte zu Mustern verbindet, die keine Grundlage in der Natur haben. Die Basis jedes Dreiecks wird zum Herzen eines anderen, bis das Dach der Realität ein Mosaik aus Liebesaffären ist. Alle zusammen sehen sie aus wie ein Netz, und dahinter, glaube ich steht die Liebe. Die Liebe ist der einzige vollkommene Fischer, sie wirft das größte Netz aus, das Netz, dem kein Fisch entkommen kann. Zum Lohn sitzt Amor allein in der Schenke des Lebens, in Ewigkeit ein Knabe unter Männern, der darauf hofft, dass er sie eines Tages erzählen kann: die Geschichte von dem, der ihm entkommen ist.

Alle atmen - aber Aristoteles sagt, dass Insekten nicht einatmen. sie lernen nicht aus ihren Fehlern; Aristoteles sagt, dass viele Tiere ein Gedächtnis haben, aber dass keine Kreatur außer dem Menschen sich die Vergangenheit nach Belieben in Erinnerung rufen kann. Aber auch Menschen unterlassen es oft, aus der Vergangenheit zu lernen. so gesehen, sind wir alle blinde Käfer und Nachteulen.

Es gibt zwei Dinge im Leben, deren Betrachtung schwerer fällt als alles andere, hat Richard Curry einmal zu Paul gesagt, nämlich das Alter und das Scheitern - und beides ist ein und dasselbe. Vollkommenheit ist eine natürliche Konsequenz der Ewigkeit: Man braucht nur lange genug zu warten, und alles wird irgendwann sein Potenzial verwirklichen. Kohle wird zu Diamanten, Sand wird zu Perlen, Affen werden zu Menschen. Es ist uns einfach nicht gegeben, in einem einzigen Leben Zeuge dieser Vollendung zu werden, und so wird jedes Scheitern zu einer Erinnerung an den Tod.

Charlie und ich hielten uns besser. Um ehrlich zu sein: Er ließ mich nicht los. Er gibt sich mehr Mühe als jeder andere Freund in meinem Leben; er weigert sich, eine Freundschaft sterben zu lassen, nur weil der Abstand wächst und die Erinnerungen verblassen.

Es war Paul, der den Lauf der zeit am besten überdauerte. Er war immer an meiner Seite, zweiundzwanzigjährig und brillant, ein unvergänglicher Dorian Gray. Ich frage mich, ob er nicht recht daran getan hat, so auszusteigen. Ehrgeizig. Jung. Während wir wie Richard Curry die Verwüstungen des Älterwerdens, die Enttäuschungen nach einer viel versprechenden Jugend über uns ergehen lassen. Nur durch den Tod entkommt man der Zeit, so erscheint es mir jetzt. Vielleicht wusste Paul schon immer, dass er sie besiegte: die Vergangenheit, die Gegenwart und jeglichen Unterschied zwischen beidem. Noch jetzt scheint er mich zu den wichtigsten Schlussfolgerungen meines Lebens zu führen. Noch immer betrachte ich ihn als meinen besten Freund.

"Die Lüge" von Petra Hammesfahr

"Wie lange warst du verheiratet?", fragte Nadia. Ihr kam das Du flüssig und natürlich über die Lippen.
"Sieben Jahre."
"Das ist zu lange, um sich mit einem Lächeln für den Tritt in den Hintern zu bedanken", stellte Nadia fest. "Aber manche Männer sind versessen darauf, Vater zu werden. Wenn du nicht willens oder in der Lage bist, wirst du abserviert."

"Ein süßer Sommer" von Petra Hammesfahr

...Ein wichtiger Mann, er arbeitete in der Entwicklungsabteilung eines Großkonzerns und hatte etwas entwickelt, wofür ihn einige in den Himmel lobten und andere in die Hölle wünschten. Es waren bei der Firmenleitung, auch bei seiner Familie ein paar durchaus ernst zunehmende Drohungen eingegangen.

Die Wohnung gehört Erdmann, mir ist sie trotzdem das Paradies. Und jedes Mal werde ich daraus vertrieben. wird es immer so weitergehen?
Mit niemandem kann ich noch über ihn reden. Nicht einmal Löwenhaupt versteht dass ich gar nicht anders kann. Gottlos hat er mich genannt und von Sünde gesprochen. wie kann es Sünde sein, wenn man liebt? Wenn man die Berührungen braucht, an nicht anderes mehr denken kann. Alles hat sich verändert, nur die ewig Gestrigen sind hinter der Entwicklung zurückgeblieben, berufen sich auf ihren Gott und seine Verbote. Das kann er nicht verboten haben, das nicht. Aber was hilft mir diese Einsicht? Ich wollte mich auch ein Stück von der Freiheit nehmen, und das ist nun mein Leben.  Die wenigen Augenblicke, in denen er mich spüren lässt, was es bedeutet, eine Frau zu sein, und dazwischen die Hoffnungslosigkeit.

"Sakrileg" von Dan Brown

Sophie warf Langdon einen unsicheren Blick zu. Offenbar wusste sie nicht recht, ob sie eine Reise in die Vergangenheit oder in ein Irrenhaus gemacht hatte.

 

Wenn die Leute heutzutage am Sonntagmorgen zur Messe gehen, ist den wenigsten bewusst, dass ihr Kirchgang an dem Wochentag stattfindet, an dem die Heiden ihrem Sonnengott den wöchentlichen Tribut gezollt haben – am Sonn-Tag.

 

Wer die neue Evangeliensammlung Konstantins nicht annehmen wollte und bei den alten Lehren blieb, wurde zum Ketzer erklärt, zum Häretiker. Die Bezeichnung Häretiker gibt es erst seit dieser Zeit. Das lateinische Wort Härer heißt haften, beharren. Wer auf dem ursprünglichen Jesusbild beharrte, war ein Häretiker.

 

Es bedeutet, dass die Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird. Wenn zwei Kulturen aufeinander prallen, verschwindet der Verlierer von der Bildfläche, und der Sieger schreibt die Geschichtsbücher, in denen er sich selbst im vorteilhaftesten Licht zeichnet und den besiegten Feind als Halunken darstellt. Wie hat Napoleon so treffend gesagt? „Was ist die Geschichte anders als eine Lüge, über die alle sich einig sind. Teabing lächelte. Das liegt in der Natur der Sache. Die Geschichte ist immer eine einseitige Berichterstattung.

 

Fisch ist ein griechisches Anagramm für den Namen Jesus Christus

 

Es ist ein Unterschied, ob man die alternative Geschichte von Jesus Christus auf theoretischer Ebene diskutiert, oder ob man die Welt mit Tausenden alter Dokumente konfrontiert, aus denen eindeutig hervorgeht, dass das Neue Testament eine Geschichtsklitterung ist.

 

Wollen sie damit sagen, das Neue Testament beruht ihrer Meinung nach auf Erfindungen?

Langdon lächelte: „Sophie in unserer Welt beruht jeder Glaube auf Erfindungen. Das ist ja gerade die Definition von Glaube: Etwas als wahr zu akzeptieren, das wir für wahr halten wollen…etwas wofür es keinen wissenschaftlichen Beweis geben kann. Jede Religion beschreibt Gott durch Sinnbilder, Allegorien und Übersteigerungen, von den alten Ägyptern bis zu unserer heutigen Sonntagsschule. Metaphern ermöglichen es unserem Geist, mit dem Unvorstellbaren umzugehen. Kritisch wird es erst, wenn wir unsere Metaphern für die Wirklichkeit halten.

"Die Dämonen ruhen nicht" von Patricia Cornwell

Vor ein paar Jahren hat das Schicksal seinen riesigen Fuß ausgestreckt und Dr. Scarpetta ein Bein gestellt, eine Krise, aus der sie schwer angeschlagen hervorgegangen ist. Deshalb hat sie Dr. Laniers Mitgefühl. Denn schließlich vergeht kein Tag, an dem das Schicksal nicht auch auf der Suche nach ihm durch die Landschaft stapft.

  

So wie Jean-Baptiste ohne Ohren hören kann, ist sein Vater in der Lage, auf Wunsch zu ertauben. Kein Wunder, dass er in den Armen vieler schöner junger Frauen Freude und Erholung sucht und nur mit Madame Chandonne verheiratet bleibt, weil sich das eben so gehört.

   

..."Menschen aus der Vergangenheit", sagt er. "Wir führen viele Leben, Pete, und die Vergangenheit ist der Tod. Etwas, das vorbei ist und nicht zurückkommen kann. Wir gehen weiter und erschaffen uns neu."

     

Warum die Gefangenen voneinander fern gehalten werden müssen, liegt auf der Hand. Menschen, die zum Tode verurteilt worden sind, haben aus offensichtlichen Gründen nichts mehr zu verlieren, wenn sie noch einmal morden. Allerdings findet Jean-Baptiste, dass er sowieso nie etwas zu verlieren hatte, und wer nichts zu verlieren hat, kann auch nichts gewinnen, und das Leben existiert nicht.

Es belastet Marino nicht, dass er jede Frau, die er in seinem Leben hatte, wieder verloren hat. Nur die, die er nie haben konnte, macht ihm zu schaffen, und Trixies Tobsuchtsanfall nähert sich bedenklich dem unweigerlichen Crescendo, dem zwangsläufig die Koda, das Ende des Stücks, folgen wird.

  

Traurig mustert er seinen Lieblingsfernsehsessel, in dem er nach seinem Gefühl den Großteil seines Lebens verbracht hat, und er verspürt eine Schmerz, der so tief sitz, dass er ihn als Krampf in den Engeweiden empfindet. Er erinnert sich an die vielen Stunden, die er halb betrunken in diesem Sessel Football geschaut hat und seine Zeit und Kraft an Frauen wie Trixie verschwendet hat. 

   

Wie so oft in Notsituationen werden die besten Bemühungen durch die Kleinigkeiten des Alltags vereitelt.

     

"Wer die Wahrheit sucht" von Elizabeth George

..."Das kommt davon, wenn eine Ehe glücklicher ist, als ihr gut tut:
Man nimmt den anderen als selbstverständlich hin"...

..." Ja, Erwartungen sind etwas Tückisches. Im Voraus geplante Enttäuschung."...

..." Sie ärgerte sich über die Erleichterung, die in ihr hochschoss, als wäre eine Flasche gärender Angst entkorkt worden, und sagte weiter nichts."...

..."Aber im Lauf der Jahre hatte sie begriffen, dass Schweigen ebenso gut wirkte wie Forderungen oder Anschuldigungen und es garantierte  ihr die überlegene Position, wenn er wirklich aussprach, was auszusprechen er hatte vermeiden wollen."...

..." so war es immer zwischen ihnen: ihre Impulsivität und Leidenschaft gegen seine nüchterne Ruhe. Ihre unterschiedliche Sicht der Welt war eines der Elemente, die ihre Beziehungen so reich machten. Leider war es auch eines der Elemente, die ihre Beziehung so schwierig machten."....

..."Schnellen Trost gibt es nicht, wenn einen etwas verwehrt wird. Wir alle wollen haben, was wir ersehnen. Und wenn wir es nicht bekommen, so heißt das nicht, das wir aufhören, uns danach zu sehnen. Das weiß ich nur zu gut."...

..."Ach, was soll das Ganze! , drängte sie sich a sie sich an ihm vorbei, bereit, aus dem immer zu stürzen und die Treppe hinaufzulaufen, ohne ihm eine Chance zu geben, besser zu verstehen, was das für Dämonen waren, die sie von Zeit zu Zeit so schrecklich plagte. So war es immer zwischen ihnen: ihre Impulsivität und Leidenschaft gegen seine nüchterne Ruhe. Ihre unterschiedliche Sicht auf die Welt war eines der Elemente, die ihre Beziehung so reich machten. Leider war es auch eines der Elementen, die ihre Beziehung so schwierig machten."...

..."Als er eines Tages Guy Brouard begegnet war, winkte die Aussicht auf eine Männerfreundschaft so verlockend wie der Apfel im Garten Eden. Wie ein Verhungernder hatte er in diesen Apfel gebissen, ohne daran zu denken, dass schon ein einziger Biss zur ewigen Verdammnis gereicht hatte."...

..."Sie lachten zusammen; wieder war eine Verbindung hergestellt, ein unbescherter Moment zwischen zwei Menschen, in dem sie freudig anerkannten, dass ein gemeinsames Band bestand, das die Gegenwart mit der Vergangenheit verknüpfte. Und so, dachte St. James, ist das bei allen, die ein Stück gemeinsamer Geschichte geben. Ja, genau so ist es."...

..."Die Menschen tun manchmal die merkwürdigsten Dinge, wenn sie jemanden sehr vermissen. Für alle anderen sieht es völlig irrational aus, Gefühllos. Oder auch durchtrieben. Aber wenn es uns gelingt, unsere eigene Sicht mal beiseite zu lassen, und wir versuchen zu verstehen, was hinter diesem Verhalten steckt, dann verstehen wir so manches viel eher."...

..."Er wusste, dass er das jetzt anpacken konnte. Mit seiner Entscheidung, diesem metaphorischen Schlussstrich, den er endlich gezogen hatte, hatte er sich eine Freiheit erkauft, von der er bisher nicht einmal gewusst hatte, dass sie ihm fehlte. Diese Freiheit gab ihm so viel Raum, dass er sogar über etwas so Alltägliches wie das Beschneiden von Pflanzen nachdenken konnte. Besessenheit, überlegte er, war etwas Seltsames. Die Welt um einen herum versank im Nichts, wenn man sich dem Würgegriff einer fixen Idee auslieferte."...

..."Der Efeu hing wie Rapunzels Haar beinahe bis zum Boden hinunter und bildete eine grüne Wand, die das Tal angenehm von der Hauptstraße abschirmte; gleichzeitig aber verbarg er den plätschernden Bach, an dessen Anblick man sich sonst vom Garten aus hätte erfreuen können."...

..."Diese Bemerkung spiegelt Polizeiarbeit in ihrer schlimmsten Form: die verwerfliche Neigung, zuerst Schuld zuzuweisen und dann die Fakten so zu interpretieren, dass sie passten."...

..."Denn eigentlich war es doch die Bestimmung der Ärzte, zu heilen und den Sieg im Kampf gegen Krankheit, Unfall und Siechtum zu feiern. Krebsärzte aber zogen mit Waffen in den Krieg, die häufig nicht ausreichten gegen einen Feind, der keine Beschränkung und keine Regeln kannte."...
..."Der Krebs, dachte Ruth, war wie ein Terrorist. Keine Warnzeichen, nur Verwüstung. Das Wort allein reichte, um zu vernichten."...

..."Sie hätte gern gewusst, warum die Menschen so unterschiedlich auf Schwierigkeiten in der Kindheit reagierten. Des einen Herausforderung war des anderen Entschuldigung, aber stets lag die Ursache für ihr Handeln in der Kindheit. Diese einfache Regel war ihr immer wieder klar geworden, wenn sie das Leben ihres Bruders betrachtet hatte: Den durch frühe Verfolgung und frühen Verlust bedingten, starken Drank, erfolgreich zu sein und den eigenen Wert zu beweisen, die unaufhörliche Jagd nach Frauen, die die Sehnsucht des kleinen Jungen nach der Mutter widerspiegelte, die misslungenen Versuche, die Vaterrolle auszufüllen, Indiz für eine Vater-Sohn-Beziehung, die abgebrochen worden war, bevor sie sich hatte entwickeln können. Sie wusste das alles und dachte darüber nach. Aber bei all ihrem Nachdenken hatte sie nie bedacht, dass diese simple Regel, die die Rolle der Kindheit im Leben eines Menschen betraf, auch bei anderen Menschen Gültigkeit hatte."...

..."Ist schon okay. Du warst mit deinem Leben beschäftigt, das ist in Ordnung. Kalifornien waren ja nicht deine drei schönsten Jahre. Ich kann verstehen, dass du nicht gern an die Zeit erinnert wirst. Und wenn du Kontakt gehalten hättest…das wäre auch Erinnerung gewesen, nicht? Außerdem läuft das manchmal so mit Freundschaften. Eine Zeit lang ist man sich nahe und dann nicht mehr. Die Verhältnisse ändern sich. Die Bedürfnisse ändern sich. Das Leben geht weiter. Trotzdem hast du mir gefehlt.“...

„Wenn man in etwas investiert, erwartet man im allgemeinen einen Ertrag“, bemerkte St. James. „Es muss nicht immer ein finanzieller sein.“

..."Die Vergangenheit begleitet uns immer, Frankie. Diejenigen unter uns, die ein Teil von ihr waren, müssen die Erfahrung an die Nachkommenden weitergeben. Wie sonst sollen wir verhindern, dass das Böse sich ausbreitet? Wie sonst sollen wir das Gute ehre?"...

..."Gibt es ein besseres Mittel, diese Vergangenheit zu bewahren und in vollem Umfang zu würdigen, als sie andere zu lehren, nicht nur im Schulzimmer, wie er das jahrelang getan hatte, sondern ebenso durch Konfrontation mit den Relikten einer lang vergangenen Zeit?"...

..."Es gibt keine falsche Entscheidung. Es gibt nur die Entscheidung und was wir aus ihr lernen.“...

..."Frank war zwar kein welterfahrener Mann, aber er war auch nicht dumm. Er wusste, dass der menschliche Geist ein seltsames Gespinst ist, das wie ein Zerrspiegel wirken kann, wenn ihm Dinge zugemutet werden, die zu erinnern zu schmerzlich sind. Der Geist kann verleugnen, umgestalten oder vergessen. Er kann, wenn nötig, eine Parallelwelt erschaffen. Er kann für jede Situation, die ihm unerträglich ist, eine gesonderte Wirklichkeit erdenken. Er log nicht, wenn er das tat, das wusste Frank. Er bediente sich nur einer Strategie, um mit der jeweiligen Situation umgehen zu können."...
..."Schlimm wurde es, wenn die Strategie die Wahrheit auslöschte, anstatt nur vorübergehend vor ihr zu schützen. Wenn das geschah, entstand Ausweglosigkeit. Verwirrung fasste Fuß. Chaos folgte."...
..."Frank wusste, dass sie am Rand des Chaos standen. Es war Zeit, zu handeln, aber er fühlte sich wie gelähmt. Er hatte sein Leben für den Dienst an einer Chimäre geopfert, und obwohl er das seit zwei Monaten wusste, taumelte er immer noch unter der Gewalt des Schlags."...

..."Die Enthüllung der Wahrheit würde mehr als ein halbes Jahrhundert der Verehrung, der Bewunderung und des Glaubens sinnlos machen. Sie würde ein Menschenleben in öffentlicher Schande enden lassen.
Frank wusste, dass er es verhindern konnte. Es stand ja nur ein kleines Stück Papier zwischen der Einbildung eines alten Mannes und der Wahrheit."...

..."Die Alliteration war albern, aber die Haustür war beeindruckend, und die robuste Schrift auf dem Messingschild daneben ließ auf ein Durchsetzungsvermögen schließen, wie Margarets Mission es erforderte. "...

..."Deborah dachte nicht daran, ihr mehr zu sagen, vor allem nicht etwas , was sie zu der Vermutung veranlassen könnte, ihr Sohn sei in irgendeiner Weise für die Ermordung Guy Brouards verantwortlich. Das würde sie wahrscheinlich vollends umwerfen. Auf dem schmalen Grat zwischen Wahrheit, Manipulation und Ausflucht wandernd, sagte Deborah: „Wir möchten gern wissen, was er damals alles gesehen hat.“..

..."Es war das einzige Mittel gewesen, der Geschichte einen Riegel vorzuschieben. Sie hatte versucht, mit Cynthia zu sprechen, hatte das junge Mädchen ihr mit der ganzen großäugigen Unschuld der frisch Entjungferten erklärt. „Du warst doch bestimmt auch mal verliebt und weißt, wie das ist?“...

...„Nein, Wir wollen nie. Wir lieben bis zum Wahnsinn, und meinen, wenn wir diese Liebe verlieren, werden wir verdorren und sterben, was ein Segen wäre. Aber kein Mann ist es wert, dass wir wegen ihm sterben, egal, wer es ist. Außerdem laufen die Dinge in der Realität nicht so ab. Wir leben irgendwie weiter und kommen endlich darüber hinweg. Dann fühlen wir uns wieder gut.“
„Ich will mich aber nicht gut fühlen!“
„Jetzt noch nicht“, sagte Deborah. „Jetzt wollen Sie trauern. Die Stärke Ihrer Trauer zeigt die Stärke Ihrer Liebe. Und den Schmerz loszulassen, wenn die Zeit dafür gekommen ist, mache dieser Liebe Ehre.“...

...„Keinem von uns bleiben Schmerzen erspart. Das Leben verlangt, dass wir mit ihnen fertig werden. Das ist einfach so. Schmerzen sind so etwas wie ein Nebenprodukt der Lebendigkeit.“...

..."Diese Frau, Ruth, das ist endlich die Richtige. In dem Moment, in dem er es sagte, hat er es wirklich geglaubt – weil er wie viele den Reiz sexueller Spannung mit Liebe verwechselte. Er ist nie darüber hinausgewachsen. Und wenn das Gefühl verging – wie das bei solchen Gefühlen ist -, war er immer überzeugt, es wäre der Tod der Liebe, und nicht eine Chance, endlich anzufangen zu lieben.“...

..."An einem kaum wahrnehmbaren Zucken seiner Augenlider erkannte Deborah, dass er ihr zuhörte. Sie sprach weiter. „Ich finde, das Wichtigste an einer Freundschaft ist die Freiheit, so zu sein, wie man ist. Wahre Freunde akzeptieren einen mit allen Unebenheiten Sie sind in guten Zeiten da, und sie sind in schlechten Zeiten da. Man kann sich darauf verlassen, dass sie immer die Wahrheit sagen.“...

..."Wenn jemand so plötzlich stirb – besonders wo wie… ich meine, auf diese schreckliche Art, wie er sterben musste - , würden wir alles tun, um ihn zurückzuholen. Und wenn wir das nicht können, wenn wir erkennen, dass wir es nicht könne, dann möchten wir irgendwas von diesem Menschen haben, um ihn noch eine Weile länger bei uns zu haben. Bis wir ihn gehen lassen können.“...

..."Es ist schade, dass wir diesen Brauch vergessen haben, denn auch wir möchten gern etwas behalten, und wenn ein Mensch stirbt und uns nichts von sich zurücklässt… was bleibt uns da anderes übrig, als zu nehmen, was wir finden?“...

..."Und dann Klinkst du dich einfach aus. Genau wie alle anderen. Als hätte ich nicht mein Herz und meine Seele daran gehängt, dir eine gute Freundin zu sein, als du eine gebraucht hast. Du bist genau wie Matt. Genau wie alle anderen. Du nimmst dir was du brauchst, und vergisst, was du schuldig bist."...

"Bourdanins Kinder" von Gertrud Fussenegger:

..."Wahnsinns - zählte er alle Intrige, Gehässigkeiten und Zwischenträgereien auf, deren er  Pachernegg für schuldig hielt"...

..."Lilly fragte sich manchmal: Ist das nicht Glück genug? Glück, von dem man ihr so oft gesagt hatte, es sei das Rarste auf dieser Welt - und wenn es einmal auftreten sollte, so sei es nur ein Augenblickgefühl, nicht zu halten, es komme wie ein Schmetterling und sei auch schon wieder davongegaukelt?"...

..."Das schwache Licht brach sich nur noch in den alten Spiegelscheiben, deren niemand geachtet hatte, und in den gläsernen Türen; hinter diesen lagen die Räume schwarz und leer, und es schien das leben schon aus ihnen ausgezogen. Ich wusste damals, dass, wenn ich am anderen Morgen fortfuhr, ich niemals wiederkehren werde, niemals oder doch nur nach einer unausdenklichen Summe von Schicksalen, die aber so weit und ungewiss sind wie das hohe Meer. Auf ihren Wogen schwimmt unser Leben fern hinaus wie jenes Fass, das die ungehorsamen Kinder in den Fluss gerollt haben, und am Ende ist unser Leben auch nur mehr wie ein ferner verschwimmender Punkt und zerfließt schließlich in Unendlichkeit und Traum.

"Das Haus der dunklen Krüge" von G. Fussenegger

..."Das Haus der dunklen Krüge ist das Haus der Vergangenheit. Es hat viele Kammern, viele Keller, viele Treppen zu verlassenen Gewölben, zu verschütteten Brunnen. Auf dem Grund dieser Brunnen schlummern die dunklen Krüge.
Es ist nicht jedermanns Sache, das Verschüttete heraufzuholen aus seinem Versteck Wer es ans Licht bringen will, darf Begegnungen nicht scheuen. Begegnungen auch mit sich selbst. wir wissen nichts von dem was war, wenn wir uns weigern mehr zu wissen, als uns zu jeder Stunde lieb sein kann. Und wir wissen sehr wenig von uns, wenn wir nicht wissen, was war. Darum die Krüge aus den tiefen Brunnen, die dunklen Krüge."...

..."Was ist an einem Verhältnis gelegen, das man ohne Gefahr genießen kann? Was ist an einem Weib, das man alle Tage haben kann? Nichts ist dran als Langeweile. Suppe ohne Salz. Das Salz, mein Bester, ist das Gran schlechten Gewissens, ohne das Vergnügen kein Vergnügen macht."...

..."Der Rittmeister war viel zu stolz, um mit nichts anderem als mit einem alten Papier um irgendein Recht einzugeben: er wollte noch andere Urkunden beibringen, noch andere Beweise sammeln. Aber das Meer der Vergangenheit dehnte sich gar so unabsehbar vor seinem Blick, seine Nachforschungen stießen gar zu schnell an eine Wand der Undurchdringlichkeit"...

..."Wenn ein Krokodil erkrankt, sucht es sich abseits von seiner Herde einen einsamen Platz; es ist, als erkenne es plötzlich die kalte Grausamkeit, die seiner Rasse innewohnt und die es selbst bis gestern bedenkenlos geübt. Jetzt freilich flieht es, verkriecht sich, siedelt ein. Nur der kleine Vogel, der sein Begleiter gewesen war in besseren Tagen, harrt bei ihm aus. Erst zuletzt, wenn das Krokodil verendet, im Schlamm vergeht, dem es, der Sage nach, entstiegen ist, macht sich das Vöglein auch davon, kläglich schreiend und betrübt.

So einsam, faul und verzweifelt wie ein krankes Krokodil lag in jenen Tagen Karl Wanka im Schlamm seines Elends.  Eingewühlt in den Morast seiner Schulde, scheute er die Nähe seiner Artgenossen; er mied die bürgerliche Sphäre und zog von Beisel zu Beisel; der letzte Winkel, den seine Traurigkeit erreichte, war die Küche des Kellners Standa..."

"Blinder Passagier" von Patricia Cornwell

...Du hast die vernachlässigt, die dich lieben. Du hast dich selbst vernachlässigt....

...Trotz allem was ich über die Funktionsweise des Körpers wusste, verstand ich nicht - nicht wirklich -, wie Trauer im Hirn einsetzte und sich dann im ganzen Körper ausbreitete wie eine systemische Infektion, erodierte und pulsierte, entzündete und betäubte und letztlich Karrieren, Familien und in manchen traurigen Fällen das leben eines Menschen zerstörte...

.. Er hatte schütteres braunes Harr und ein Gesicht, das auf jungenhafte Art süß gewesen sein musste, bevor die Jahre und die Pfunde anfingen, ihm zuzusetzen...

..."Zum einen, sagte ich, "ist eine situationsbedingte Depression normal. Ich brauche kein Pillen, um meine Trauer wegzuzaubern. Ich mag stoisch sein. Es mag mir schwer fallen, Gefühle zu zeigen, meine tiefsten Gefühle, und ja, es ist einfacher für mich zu kämpfen, wütend zu werden und mein Soll überzuerfüllen, als Schmerz zu zeigen. Aber ich verdränge nicht. Ich habe genug Menschenverstand, um zu wissen, dass Trauer einfach Zeit braucht. Und es macht es nicht gerade leichter, wenn diejenigen, denen du vertraust, an dem bisschen herumkratzen, das dir im Leben noch geblieben ist."...

"Grausamkeit gedeiht, wo sie Schwäche wittert."

"Ich muss dich warnen, am Ende des Regenbogens wartet nicht immer das Glück."

...Benton war fort, und überall, wo ich nach ihm suchte, fand ich leere Bilderrahmen. Ich wartete noch immer darauf, dass ein Wagen die Einfahrt heraufkam, dass das Telefon klingelte und ich seine Stimme hörte, weil die Zeit noch nicht reif war, dass mein Herz akzeptierte, was mein Verstand seit langem wusste...

...Rose wirkte niedergeschlagen und ein bisschen beschämt, als fürchtete sie in ihrer Verwirrung Fäden der Wahrheit in eine Teppich der Überzeugung gewebt zu haben...

...alles für wenig Geld und noch weniger Anerkennung...

...Soll ich diese Hölle noch einmal durchleben? Wieder anfange zu hoffen, nachdem ich hart daran gearbeitet habe, die Wahrheit zu akzeptieren...

...Ich weine nie. Ich will einfach nicht heulen! Ich habe gelernt, nicht zu weinen, als mein Vater starb, weil Weinen bedeutete, etwas zu fühlen, und das war mehr, als ich ertragen konnte. Es war, als könnte ich innerlich austrocknen und zu einer rasselnden Samenschote werden, meine Gefühle winzig, hart...rasselnd....

..." Du verbringst zu viel Zeit in meinen Gedanken und vielleicht zu wenig in deinen eigenen."

..Ich meinte, dass ich im Wrack meines Lebens begraben war. Ich dachte ans Sterben...

"Das Pesttuch" von Geraldine Brooks

...Die Verzweiflung ist eine Höhle unter unseren Füßen, auf deren schmalem Rand wir balancieren...

"Ein alter Traum von Liebe" von Nuala o' Faolain

Die Vorstellungen, die wir uns von anderen machen, gehen nie in die Tiefe, so sehr wir uns auch bemühen, und ich hatte mich nie bemüht, meinen Vater zu verstehen...

Wie konnte ich über ein flüchtige Vorstellung von der Vergangenheit hinaus zu ihrer Bedeutung vordringen? Nicht zu einer Erklärung für das Geschehene, sondern zu seiner Bedeutung; nicht zur historischen Bedeutung, sondern zur Bedeutung dieser Geschichte für mein eigenes Leben.

In jeder Gegenwart ist die Vergangenheit präsent.

Meine eigene Vergangenheit hatte mich manchmal aus dem Nichts angefallen und alte Narben wieder aufgerissen.

Beständigkeit, ist das, was wir uns wünschen, wenn wir lieben und geliebt werden; Veränderung wünschen wir uns, wenn uns das nicht gegeben ist.

Wäre er lediglich ein guter Freund gewesen, hätte er mich freundlicher behandelt. Aber Liebende - Liebende sind so grausam wie nur möglich zu dem, der sie enttäuscht.

Liebe ist eine Religion, die sich einen fehlbaren Gott erwählt hat. (Borges)

Wenn ein Mensch dazu fähig ist, in Ungewissheiten, Rätseln, Zweifeln zu verharren, ohne den lästigen Rückgriff auf Tatsachen und Vernunft (Keats)

Selbst wenn wir uns im sicheren Hafen der Ehe wähnen, kann es geschehen, dass wir , vom Wunsch nach Erfüllung und Vervollkommnung getrieben wie ein Schaf auf der Flucht vor dem wilden Hund, über die Klippe springen und ins Bodenlose stürzen.

 aus: "Die Rosenzüchterin" von Charlotte Link

Aber nichts, gar nichts kann höher steigen als bis zu seinem eigenen Höhepunkt. Danach beginnt es wieder zu fallen. Das ist wie mit den Wellen des Meeres. Sie steigen und steigen, türmen sich auf, hoch, bedrohlich. Sie schwellen immer mehr an. Doch dann ist der Scheitelpunkt erreicht. Sie kippen und stürzen zusammen. Und dann rollen sie ganz flach und schäumend über den Sand. 

Beatrice wusste, dass er sich nach einer normalen, bürgerlichen Beziehung sehnte, aber es war klar, dass er es niemals zugeben würde. „Man sollte durchaus eine feste Bezugsperson haben im Leben“, sagte sie, „es geht dann einfach alles besser. Die so genannte Freiheit hat nur einen trügerischen Reiz. Irgendwann besteht sie nur noch aus Leere und Überdruss.“ 

„Aber Selbstvertrauen kann man wieder erlernen, glauben Sie mir. Fast jeder Mensch verliert es irgendwann einmal in einer Phase seines Lebens. Das ist ganz normal“ 

... Maja rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. „Wir müssen uns noch erst aneinander gewöhnen.“

„Aber ihr seid seit Jahren sehr vertraut miteinander. Allmählich müsstest du wissen, wie es um deine Gefühle steht.“ Edith seufzte. Ihrer Ansicht nach hatten die jungen Leute heutzutage viel zu ausführlich die Gelegenheit, einander unverbindlich zu testen. Sie verlernten völlig, sich einmal wirklich festzulegen.“ 

... Er vergisst Menschen nicht, nur weil sie alt und krank sind und ihm nichts mehr einbringen... 

„Wir lebten seit fast sechzig Jahren miteinander unter einem Dach. Das ist durchaus eine Antwort auf Ihre Frage. Wir waren eine Art Familie geworden. Die Mitglieder seiner Familie sucht man sich nicht aus, und man hinterfragt nicht ständig das Verhältnis, das man zu ihnen hat. Man kann ja doch nichts ändern. Man gehört zwangsläufig zusammen.“

..Wir respektierten einander und wir hatten uns aneinander gewöhnt.  

Denn jede Lebenszeit ist etwas ganz Eigenes, Unwiederbringlich, unwiederholbar.

 "Das flammende Kreuz" von Diana Gabaldon

… Hier war die Saat des neuen Landes, das Erbe des alten. Was diese armen Emigranten wussten, was ihnen lieb und teuer war, das war es, was überdauern und überliefert werden würde.. (in Amerika). 

...Vielleicht war das der Grund, warum Eltern ihre Kinder mit solcher Verzauberung beobachteten, weil sie all die kleinen Bindeglieder entdeckten, die die Kette des Lebens zwischen ihnen knüpften, von einer Generation zu nächsten...

"Die geliehene Zeit" von Diana Gabaldon

„Wenn einmal der Tag kommt, an dem wir getrennt werden“, sagte er leise und sah mich an, „ und meine letzten Worte sind nicht ‚ Ich liebe dich’ – dann weißt du, dass es daran gelegen hat, das mir keine Zeit geblieben ist. 

Was kam würde kommen. Wir würden es meistern, so gut wir konnten, und hoffen, dass wir überlebten; das war alles.  

„Die Tapfersten sind mit Sicherheit jene, die die klarste Vorstellung von dem haben, was vor ihnen liegt, sei es Ruhm, oder sei es Gefahr, und dieser Zukunft dennoch entgegengehen.“

Die Worte standen vor ihm auf der Seite, und doch hatte ich nicht das Gefühl, dass er sie vom Papier ablas, sondern von den Seiten seiner Erinnerung, aus dem offenen Buch seines Herzens.

Das Licht der Erinnerung leuchtete aus den meisten Gesichtern.


 

…. Hob die Zeichen der Zeit und der Anstrengungen auf seiner Haut hervor, wie die Spuren von Wind und Regen auf einem Fels. 

Die nächsten Vorfahren werden aus unseren Wiegen kommen.

weshalb wohl bei Tieren Hörner als Ausdruck der Männlichkeit, jedoch bei betrogenen Ehemännern als das Brot der Spötter gelten.

Die Unbefangenheit der Jugend und die Last der Jahre danach flossen ineinander.

…es war der 1. Spatenstich zum großen Grabe. Unwillig schüttete er ihn zu.

"Ein böser Verdacht" von Frances Fyfield

... Aber Zuneigung, Liebe, egal wie sie es nennen mochte, sind nun mal dem Zufall überlassen, sie gehorchen keinen rationalen Gesetzen. Gegensätze ziehen sich an.... 

.....Sie hatte das Gefühl, dass sie kein Recht hatte, ihn ganz für sich zu beanspruchen oder seine Ordnung zu stören, auch wenn er sie liebte. Liebe, der Anker der Seele und überlebensnotwendig wie das tägliche Brot. Die  Gewohnheiten eines Mannes zu durchbrechen, war nicht einfach. ...  

... Der wahre Zustand einer Ehe ist ein ewiges Geheimnis. Ein Außenstehender kann das einfach nicht beurteilen. Selbst Leute in der nächsten Umgebung haben keine Ahnung. Mein Gott, manchmal nicht mal die Partner selbst......

„Der Väter Lohn“ von Elisabeth George 

...und dachte flüchtig an die Kompromisse, die man einging, wenn man ein eigenes Leben mit dem eines anderen Menschen vereinte... 

... , wo er mit Hilfe eines 8 mm Projektors endlose Spaziergänge auf der Straße der Erinnerung unternahm... 

...Seit sie sich als Teenager aus dem lästigen Zustand der Jungfräulichkeit befreit hatte, indem sie sich einen Freund ihres Bruders vorgenommen hatte, hatte sie sich ihren Spaß geholt, wann immer sich Gelegenheit bot. 

... Es gab Momente, da sagten Frauen das eine, obwohl sie das andere meinten, und dies schien einer dieser Augenblicke zu sein.... 

...Sie empfand keinen Triumph, nur den Schmerz des Begreifens, dass es einer Mutter verwehrt ist, die Tochter vor den selbst erlittenen Demütigungen und Enttäuschungen zu schützen... 

... Für die Wahrheit bedankt sich der Mensch nicht nur für Schmeicheleien... 

Sie waren zu jung , um sich zu fügen, zu alt um an Wunder zu glauben.... 

... Der Tod eines Kindes zerstört die Zukunft und wirft dunkle Schatten auf die Vergangenheit, in der er erstere zu einer schier endlosen Gefangenschaft macht und letzter zu einen unausgesprochenen  Vorwurf für jeden Moment, der durch berufliche Inanspruchnahme von Vater oder Mutter seiner Bedeutsamkeit beraubt wurde. Von einer solchen Schicksalsschlag erholte man sich nicht, man lernte nur mit der Zeit, irgendwie weiterzumachen... 

....Und wenn Lust und Leidenschaft den Tod der Gewohnheit starben, brauchte man etwas Solides, um sie zu ersetzen. Das jedenfalls hatte sie sich in den Jahren ihrer einsamen Jugend eingeredet...

 …welches Echo der Vergangenheit hörte sie in diesen Worten? 

Doch der Verlust eines Kindes gleicht dem Sturz in einen Abgrund aus dem nur wenige Familien wieder zurückkehren. Manche Kriechen ans Licht, wo die Erinnerungen im Lauf der Zeit verblasst, doch andere verharren für immer in der Dunkelheit.


"Denn keiner ist ohne Schuld" von Elisabeth George

Juliet deckte ihre Tochter wieder zu und sah auf sie hinab. Mein Kind. Meine Tochter. Ich kann dir nicht alle Antworten geben, Margaret. Die meiste Zeit habe ich das Gefühl, dass ich selbst bloß eine ältere Version eines Kindes bin. Ich  fürchte mich, aber ich darf dir meine Furcht nicht zeigen. Ich verzweifle, aber ich darf meinen Schmerz nicht mit dir teilen. In deinen Augen bin ich stark – Herrin über mein Leben und mein Schicksal - , während ich in Wirklichkeit dauernd das Gefühl habe, dass mir jeden Moment, die Maske heruntergerissen werden  und die Welt mich so sehen wird – du mich so sehen wirst -, wie ich wirklich bin, schwach und von Zweifeln geplagt. Du wünschst dir Verständnis. Ich soll dir sagen, wie alles werden wird. Ich soll die Dinge richten – das Leben richten -, indem ich den Zauberstab meiner Empörung über aller Ungerechtigkeit und deinen Verletzungen schwenke, aber das kann ich nicht. Ich weiß ja nicht einmal, wie es geht. 

Die Mutterrolle lernt man nicht Maggie. Die Mutterrolle muss man einfach leben. Nicht jeder Frau ist diese Fähigkeit von der Natur gegeben, weil es nicht natürlich ist, dass ein anderes Leben völlig von einem selbst abhängt. Es ist eine Aufgabe, bei der man sich unentbehrlich und zugleich völlig allein fühlen kann. Und in Krisenmomenten – wie dieser einer ist, Maggie – hat  man kein kluges Buch zur Hand, in dem man nachschlagen kann, wie man verhindern kann, dass ein Kind sich selbst schadet. 

Kinder stehlen einem mehr als das Herz, mein Liebes. Sie stehlen einem das Leben. Sie holen das Schlechteste und das Beste aus uns heraus und schenken uns dafür ihr Vertrauen. Aber der Preis ist hoch und der Lohn gering, und es dauert lange, bis man ihn ernten kann. 

Und am Ende, wenn man sich darauf vorbereitet, das Kind ins Erwachsenenleben zu entlassen, tut man es mit der Hoffnung, dass das ,was zurückbleibt, größer – und mehr – sein wird als die leeren Hände einer Mutter. 

„Denn sie betrügt man nicht“ von Elizabeth George

Sie war und blieb ihre Mutter. Sie schuldete ihr ihr Leben, und diese Schuld würde immer zwischen ihnen stehen, auch wenn kein Kind sie je willentlich eingeht.

"Denn bitter ist der Tod" von Elizabeth George

... „Ich habe die gleichen Wünsche wie jeder andere Mann“, sagte er. „Ich möchte ein Zuhause, eine Frau. Ich möchte Kinder, einen Sohn. Ich möchte am Ende wissen, dass ich nicht umsonst gelebt habe, und diese Gewissheit kann ich nur haben, wenn ich etwas hinterlasse kann und jemanden habe, dem ich es hinterlassen kann. Im Moment kann ich nur sage, dass ich endlich verstehe, welche Last einer Frau damit auferlegt wird, Helen. Mir ist klar, dass diese Last für eine Frau, auch wenn sie zwischen den Partnern geteilt oder von ihnen gemeinsam getragen wird, immer die schwerere ist. Ja , das alles weiß ich jetzt. Aber ich wünsche mir das alles dennoch.“

Auf die Rückseite eines jeden Fotos  hatte sie Townees  Alter Geschrieben – sechs Wochen zwei Tage; vier Monate acht Tage; genau Zehn Monate, wie eine in ihr Kind vernarrte Mutter. Glyn fragte sich, ob sie auf das Kind, das sie erwartet hatte, auch so reagiert hätte oder ob sie sich für einen Abbruch entschieden hätte. Ein Kind war schließlich etwas ganz anderes als ein Hund. Gleich aus welchen Gründen Elena sich für diese Schwangerschaft entschieden hatte und Glyn hatte ihre Tochter gut genug gekannt, um zu wissen, dass sie diese Schwangerschaft höchstwahrscheinlich genau geplant hatte -, sie war gewiss nicht so töricht gewesen zu glauben, ein Kind werde ihr Leben nicht ändern.

Und wofür? Für nicht mehr als die vage Hoffnung, dass dieses bezaubernde Geschöpf- dieses Individuum, über das man absolut keine Kontrolle besaß – nicht die gleichen Fehler machen würde wie man selbst, nicht die alten Muster wiederholen und nicht den Schmerz erleben würde, den die Eltern durchgemacht und einander beigebracht hatten.

... Ich wäge die Summe dessen, was ich bin, ab gegen das was ich sein sollte, und frage mich, ob ich gut genug bin.“... 

...dass man sein Leben nicht in die Hand nehmen kann, wenn man nicht vorher die Geister der Vergangenheit begraben hat..... 

... Sie wusste, dass der Liebesakt eine gesunde, lebensbejahende Reaktion auf einen schmerzlichen Verlust war... 

Er hatte sich allen Ernstes auf den Weg in eine goldene Zukunft gesehen, die keinerlei Auseinandersetzung mit der Vergangenheit verlangte. So versuchen wir unserer persönliche Situation zu entfliehen...

"Gefährliche Strömungen" von Lesley Grant-Adamsons

...Dieses Zimmer ist ein Körnchen Geschichte, dachte sie, wie ein Museumsmodell für eine vergangene Epoche, nur dass es echt ist

Sie musste an die Haushaltsauflösungen in den  heruntergekommenen Häusern denken. Es hatte ihr immer wieder Leid getan, wie Familiengeschichte unter dem Hammer des Auktionators zerstört wurde. Auf diese Weise wurden die kleinen Leute ihrer Vergangenheit beraubt.

Einflussreiche Familien dagegen besaßen Ahneporträts, Urkunden und vornehme Häuser, die sich seit Jahrhunderten im Familienbesitz befanden und die Gegenwart mit der Vergangenheit und der Zukunft verknüpften. Das bedeutete aber auch, dass gewöhnliche Menschen mit ihren mündliche überlieferten Erinnerungen größere Freiheit besaßen, ihre Geschichte neu zu erfinden.

Sie tun es, weil niemand das schwarze Loch ertragen kann, das die eigene Geschichte für uns alle bedeutet. Also schmücken sie ihre dürftigen Erinnerungen aus und lassen Legenden entstehen...

 "Schlangenlinien“  von Minette Walters 

..Aber der Hass ist ein kontraproduktives Gefühl, er schadet dem Hasser mehr als dem Gehassten. Ja, er wäre tot gewesen – aber ich auch – für alles, was mir wichtig war. ... 

.. Es ist leider wahr, bei Scheidungen wird nicht nur der Besitz aufgeteilt, auch die Freunde werden in zwei Lager gespalten. ... 

...Ich weiß nicht, ob er meinen Rat beherzigt hatte, als ich Montagmorgen losfuhr. Ich hielt es für unwahrscheinlich. Sam war nicht der Typ, der unnötig schlafende Hunde weckte, schon gar nicht, wenn er fürchten musste, selbst gebissen zu werden.... 

Aber wer bin ich schon, Kritik zu üben, wo doch mein Freund, der Rabbi, sagen würde: Um den Frieden zu erringen musst du zuerst in den Kampf ziehen? 

Da kann doch was bei dir nicht stimmen, wenn nicht mal deine Mutter dich mag... 

...Das sind doch alles Schlangen, sagte er immer, und Schlangen haben ihre eigenen Merkmale. Wenn man die giftigen nicht erkennt, ist man tot... 

...Ich fand diese Argumentation ganz einleuchtend. Die Menschen halten nie so gut zusammen, wie wenn sie einen  gemeinsamen Feind haben... 

...Gerechtigkeit kennt keine Voreingenommenheit. Nur Rache kennt Vorurteile. .. 

...Manchmal fragte ich mich, ob meine Bereitschaft, die Sharon Percys und Maureen Slaters dieser Welt zu verurteilen, nicht ein Mittel war, meine eigene Mutter – und über sie mich selbst – zu bestrafen. Denn alles, was ich in meiner Eigenschaft als Mutter tat, geschah entweder in Nachahmung ihres Verhaltens oder aus Abwehr dagegen, und ich hatte keine Ahnung, was richtig und was falsch war... 

... Die Frau hat mehr als zwanzig Jahre lang zu Ihnen gestanden – wie viel länger müssen Sie sie noch kennen, ehe Sie ihr vertrauen? ...

...Ich sprach ebenso sehr für mich selbst wie für Sharon, denn ich wusste nur zu gut , was es hieß, in einer Atmosphäre von Zweifel und Misstrauen zu leben. Man schwimmt oder man geht unter, man kämpft oder man streckt die Waffen – und ganz gleich, welchen Weg man wählt, man geht ihn allein... 

Ihr einziger Schutz war immer nur das Schweigen der anderen. Solange Sie Geheimnisse hatten, die verborgen bleiben mussten, waren Sie sicher. Aber es gibt keine Geheimnisse mehr, Maureen. Und was folgt daraus für Sie?... 

... Wenn du lange genug am Fluss sitzen bleibst, werden die Leichen all deiner Feinde vorübertreiben. (Chinesisches Sprichwort) 

...Vor diesem Abend glaubte ich immer, ich kenne den Mann, den ich geheiratet hatte, jetzt aber weiß ich, dass ich hundert Jahre alt werden könnte und es mir trotzdem nicht gelingen würde, die menschliche Natur in all ihren überraschenden Facetten zu begreifen.  

... Sie begriffen, dass es ein Unterschied ist, ob man eine Narbe zeigt oder ertragen muss, dass sie von ständigem Befühlen wieder aufbricht...

...Sie berichten mir auch, dass er ein wunderbarer Vater ist. Sie sagen jedoch nicht, dass Sie ihn lieben. Soll ich (wie Sam?) das einfach für selbstverständlich halten? Mein Freund, der Rabbi, würde sagen, dass in einer Wüste nichts gedeiht. Und er würde auch sagen, dass all das, was in England begraben liegt, auferstehen wird, sobald Sie nach hause zurückkehren. ... 

... Ich riet ihr , keine Bündnisse einzugehen – vor allem nicht mit ihrem Vater, der „Recherchen für sie anstellt“. Solche Bündnisse würde ihr Mann beinahe mit Sicherheit als Verrat an sich betrachten.  

 Dass über längere Zeit internalisierte Wut, sei sie nun berechtigt oder nicht, zu jener Art paranoider Störung- wahrhafte Vorstellung und Ängste – führen kann, von der sie sich mit solcher Entschlossenheit distanzieren wolle, sagte sie, der Schaden sei bereits angerichtet. „Ich sitze zwischen zwei Stühlen, Dr. Elias. Ich bin ein Feigling, wenn ich klein beigebe, und eine neurotische Ziege, wenn ich mich wehre.“

"Veronika beschließt zu sterben" von Paulo Coelo 

...je glücklicher die Menschen sein können, desto unglücklicher werden sie... 

... Jeder Mensch ist einmalig und einzigartig, mit seinen Eigenschaften, Trieben, Begierden und Abenteuern. Doch die Gesellschaft zwingt ihm ein kollektives Verhaltensmuster auf, und die Menschen fragen sich immer wieder, wieso sie sich so und nicht anders verhalten sollen. ....Die Kunst der Diplomatie besteht darin, den Gegner hinzuhalten, sagte der Botschafter. „Über die erste Liebe kommen viele nie hinweg, doch von Dauer ist sie trotzdem nie“ 

..schließlich war ja die Diplomatie auch die Kunst, Entscheidungen aufzuschieben, bis die Probleme sich von selbst erledigen.....

“Der Liebesbeweis“ von Richard Mason 

...Es war die gleiche    traurige Geschichte wie nach jeder Revolution: erst wenn sie vollendet ist, wird man sich langsam darüber bewusst, dass sie nicht mehr war als ein erster zögerlicher Schritt in Richtung soziale Gerechtigkeit. Und dabei kann es vorkommen, dass es danach mehr gibt, wovor man sich schützen muss, als es vorher zu bekämpfen gab. 

... Man braucht die Gelassenheit des Alters, um gewisse Dinge zugeben zu können, sie  aussprechen zu können. Und erst jetzt, jetzt, wo ich nichts mehr beweisen muss (weder mir noch irgend jemandem sonst), kann ich Ellas Liebe und Erics Tod  ihren jeweiligen Verdienst an meinem musikalischem Erfolg zugestehen. Liebe war es, die mich zuerst aus den seichten Wassern lockte und mich lehrte, allein zu schwimmen;...

.. es war Ella, die mich ins Meer des Lebens warf; sie war es, mit der ich hätte schwimmen könne, als ich den Boden unter den Füßen verlor. ... aber für den Gewinn meiner Sicherheit zahlte ich einen Preis... 

...Erst Jahre später wusste ich ihre (der Eltern) Großzügigkeit richtig einzuschätzen, mit der sie sich für mich freute, aber da war es, wie so oft im Leben, zu spät, um es ihnen zusagen... 

... Im Laufe eines Lebens schrumpft die Zukunft zusammen und die Vergangenheit dehnt sich aus. Damals hatte ich nicht wissen könne, dass die Zukunft selten so wird, wie man sie sich vorstellt; dass die Gegenwart mit einem Lidschlag vorbei ist; dass die Vergangenheit ein Atlantis ist, eine versunkene Insel im Meer, die je zurück zu gewinnen wir nicht hoffen können. ... 

Jetzt sitze ich da und beschäftige mich mit dem Gedanken, dass das leben womöglich doch nur ein Spiel ist, ein Spiel, das wir nur einmal spielen. Irgendwann werde ich mich dieser von Satan vertretenen Ansicht vielleicht einmal anschließen. Aber wenn das Leben ein Spiel ist, dann ist es eines ohne Übungen, ohne Training, ohne Vorrunden. Es ist ein Spiel, das bis zum Auszählen gespielt wird. Und um es richtig zu spielen, fair und gut, brauchen wir alle Kraft, die uns Selbsterkenntnis, Mut, Wille und Disziplin geben können. Mit zweiundzwanzig Jahren besaß ich nichts davon, und wenn doch, wusste ich nichts davon zu nutzen. Noch hatte ich nicht gelernt, das Leben ernst zu nehmen, noch wusste ich nicht, dass es anders ist als andere Spiele, dass es einen Unterschied macht, wer gewinnt und wer verliert und auch wie man gewinnt oder verliert. Ebenso wenig wusste ich, dass ein Sieg ein Pyrrhussieg sein kann, dass der Zweck selten die Mittel heiligt. Ohne Erfahrung konnte ich das alles nicht wissen, und Erfahrung besaß ich nicht. Ich war unschuldig und war mir meiner Unschuld noch nicht einmal bewusst...

.. und ich weiß, dass ich resignieren muss, denn es hat keinen Sinn, längst Vergangenem den Kampf anzusagen; meine einzige Hoffnung besteht darin, die Vergangenheit zu verstehen, nicht sie zu verändern. Und wenn allein dies mir gelänge, wäre ich schon dankbar... 

...Die Erfahrung hat mich zum Zyniker gemacht; war Unschuld die Sünde meiner Jugend, so war Zynismus die Sünde meines Alters. 

...Ich erinnere mich, in der letzten Wärme jener sinkenden Sonne am Fluss gesessen  zu haben, aber die Erinnerung kommt mir wie nachempfunden vor, als wurde sie sich  aus den Erzählungen eines mir fremden Menschen zusammensetzen.  Der junge Mann, der an jenem Sommerabend dort saß und es warm hatte, ist nicht der alte Mann, der jetzt hier in dem eisigen Zimmer friert. Das Bild, das ich vor Augen habe, bin nicht ich: Es ist jemand, den ich einst gekannt und jetzt nicht mehr kenne. Er gehört meiner Vergangenheit an, ist ein Bekannter, von dem ich mich unwiderruflich getrennt habe. Die Kluft zwischen meiner Erfahrung und seiner Unschuld ist zu breit, um überbrückt werden zu können. 

...Noch hatte ich nicht begriffen, dass Fortuna ein launische Geschöpf ist. Als ich dort am Fluss saß, hatte ich noch keine Ahnung von dem, was ich inzwischen als Wahrheit erkannt habe: dass sie auf ihre Opfer keine Rücksicht nimmt, dass es ihr gefällt, den einen zu erhöhen und den anderen hinab zustoßen, zu adeln, zu degradieren, zu begünstigen und zu strafen, und das alles aus der flüchtigsten Laune heraus. Ihre Freuden gewährt sie durch zwielichtige Mittel, und ihre reiche Fülle bringt Leid und ewige Einsamkeit mit sich; denn eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, heißt es, als dass ein reicher Mann in den Himmel kommt. 

...Wenn ich heute zurückdenke, trifft mich die Gefühllosigkeit der Jugend, die sich für unsterblich hält, ins Herz. Sie ist dem Alter näher, als sie wahr haben will... 

(Wenn ich ihre Briefe lese)... dann denke ich mit brennenden Kummer an die junge Frau zurück, die ihn schrieb, und wünsche mir, wie schon viele vor mir es sich gewünscht haben, die Vergangenheit wäre durchlässiger und würde es gestatten, auf einem anderen Pfad als dem der Erinnerung zu jenem längst vergangen Tag zurückzukehren, an dem Ellas Brief seinen Weg auf die Fußmatte in der Diele meiner Eltern fand. 

...Meine einzige Hoffnung besteht darin, die Vergangenheit zu verstehen, nicht sie zu verändern... 

... Die Jugend verlangt nach sofortiger Befriedigung ihrer Wünsche. Geduld hat sie nicht gelernt.. 

Keine Liebe ist es wert, kein Mensch ist es wert, dass man sich selbst vollkommen aufgibt. 

"Irgendwo in Deutschland" von Stefanie Zweig

... Auf bemerkenswerte Weise lässt sich bei Joe und Lola, die doch zweieiige Zwillinge sind, erkenne, wie viel ganz einfache genetische Vererbung ist. Sie teilen dieselbe Umgebung und eine absolut parallelen Werdegang, und doch sind sie schon jetzt so faszinierend divergierende, individuelle kleine Menschen... 

...So gelang es beiden nicht, voreinander zu verbergen, wie bewusst sie sich waren, dass ihnen das gleiche Mutterschicksal widerfahren war. Jede von ihnen hatte ein Kind für den alten Trugschluss der Jugend hergeben müssen, dass Liebe haltbarere Fundamente setze, als die Erfahrung der Eltern.... 

... der aus Hoffen und Ahnung die endgültige Gewissheit gemacht hatte.. 

... Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

„Die Farbe der Hoffnung“ von Susan Madison

Wie vergänglich das menschliche Leben doch war! Vielleicht zählte am Ende wirklich nur noch, ob  jemand überhaupt gelebt hatte, und nicht, dass er gestorben war.

 

„Früh am Morgen beginnt die Nacht“ von Wally Lamb 

...Eine echte Herausforderung. Und eine wirklich wichtige Arbeit. Es ist gut für Kinder, zu lernen, dass sie die Summe all derer sind, die vor ihnen da waren. . Meinen Sie nicht auch?... 

...Der Sinn ist dieser, dass der Strom der Erinnerung Sie vielleicht zum Fluss des Verstehens führt. Und das Verstehen wiederum kann ein Zufluss zum Fluss der Vergebung sein....

"Die Fälscherin" von Beate Rygiert

Die Liebe zu Ruy Gomez, mit leichten Füßen und noch leichterem Herzen war ich damals zu unseren Treffen geflogen, das war eine völlig andere Geschichte gewesen, eine Geschichte aus Herzpochen und verstohlenen Blicken, damals war ich jung, das Leben lag vor mir, ich machte mir keine Gedanken um das Morgen, und ein verheirateter Geliebter schenkte mir seine Leichtigkeit und Lust ohne die Schwere des Alltags.  Heute war der Alltag über alle Maßen lastend, die Gegenwart atmete Verlust und die Vergangenheit erschien uns allen in einem goldenen, zerbrechlichen Licht. Und zum ersten Mal seit langer Zeit begann ich, über meine Zukunft nachzudenken.

Glück ist nur ein Teil der Gleichung. Am Ende sind wir die Summe unserer Entscheidungen.  

Es waren noch Kinder, ihre Gesichter unfertige Leinwände, die darauf warteten, von den Pinselstrichen der Erfahrung vollendet zu werden.

"Bacchantische Nacht" von Beate Schaefer

..."Ich war traurig, aber in diesem Moment habe ich etwas über die Liebe
begriffen. Dass nicht die erste Nacht zählt oder die zweite oder das ge-meinsam verbrachte Leben. Sondern einzig und allein der Augenblick des Erkennens. Alles liegt ihn ihm, Anfang und Vollendung! Alles, was zwischen zwei Menschen möglicht ist. Alles Gefühl. Aller Rausch der Sinne, alle Ewigkeit. Nichts, was später geschieht, lässt sich mit diesem Augenblick vergleichen."........

..."Ehrlich schockt am längsten.."

..."Sucht ihr glückliche Lieben in den Mythen der Vergangenheit? Ihr findet sie nicht. Weil alle immer nur das eine wollen: dass diese verflixte Liebe dauert. Aber das funktioniert nicht, glaubt mir. Wenn ihr glücklich lieben wollt, dann genießt den Augenblick und trennt euch, solange es schön ist. Es ist viel angenehmer, um eine verlorene Liebe zu trauern, als sich mit den Mühen ihrer Aufrechterhaltung herumzuschlagen. Denn der Schmerz geht vorbei, wird zuckersüß in der Erinnerung, und, wie Ovidius Naso einleuchtend sagt:
'So viel Sterne der Himmel - so viel zählt Roma der Mädchen.' "....

..."meinst du, es wäre erlaubt, eine Neuauflage zu wagen? Denn so, wie ich es erlebt habe, ist die Liebe, die man lässt, ohne dass die Kleinlichkeiten, die Forderungen, die Langeweile, die Rechthaberei und der Hass als Folge einer Dauerbeziehung das Gefühl jemals hätten vergiften könne, um so leichter und reizvoller wieder aufzufrischen. Man hat sich nur so weh getan wie unbedingt nötig, und das Wiedersehen ist eine Lust."

..."Wahre Liebe ist, dem anderen in den Tod zu folgen, weil ohne ihn das Leben undenkbar ist.....und das ist wohl das Äußerste an Dauer, was ein Mensch der Liebe verleihen kann."

Die erste Zeit der Verliebtheit mit ihren Aufregungen, Unsicherheit und dem Kitzel brandneuer Lust hat ihre Reize. .."



Wie anders dagegen das  langsame Blühen und Reifen einer Beziehung! Mit wachsender Vertrautheit entsteht nie gekannte Nähe - was Coranius Langeweile nennet, ist nichts anderes als das entspannte Glück eines Paars, das nicht ständig Angst haben muss, dass morgen alles vorbei ist, man kennt im Bett das, was dem anderen Spaß macht, und kann die beiderseitige Lust nahezu garantieren  - sage mir einer, jede seiner neuen Liebschaften sei sofort ein sexueller Hochgenuss gewesen! - selbst ein Streit führt nur dazu, dass man sich auf angenehme Weise wieder versöhnt."



..."wer wen liebt und warum, das hat bisher noch nie jemand herausgefunden.
Nur eins wissen wir immer sofort, ohne dass ein Wort geredet wäre: dass da etwas ist, sein könnte, sein wird. "



.." Eine Frau ist erst ab fünfunddreißig auf dem Höhepunkt ihrer Lust-fähigkeit... Wie ist es bei Männern ab sechzig? fragt sie. Da kommt es ganz auf die Gespielin an."



.."Sie ist verunsichert, denn was genau weiß man schon von den Gefühlen eines anderen Menschen?.."


"... Du sehnst dich nach einer kleinen Romanze wie auf der High-Schule. du möchtest Händchen halten, lange Spaziergänge machen und vielleicht in einem geparkten Auto ein bisschen rumfummeln, bevor du dich verabschiedest. Du möchtest weiche Küsse, keine harten Schwänze..."

"Der Sommermörder" von Nicci French

Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, diesen Körper nicht zu kennen, ihn zum ersten Mal zu sehen und attraktiv zu finden. Ich kniff die Augen zusammen und legte den Kopf zur Seite, es war gar nicht so leicht, sich in diese Situation hineinzuversetzen. Vermutlich geht das allen so, die schon lange verheiratet sind, miteinander Kinder haben und auf viele Jahre harter Arbeit zurückblicken: Irgendwann fühlt man sich nur noch wie ein Teil des Inventars, ein Ding, das einem gar nicht mehr auffällt, es sei denn, etwas stimmt nicht mit ihm. Vielleicht ist das auch der Grund, warum einem andere Sachen – oder andere Leute – oft viel interessanter erscheinen. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie es gewesen war, als Clive und ich uns zum ersten Mal .... ja , auf diese Weise gesehen hatte, aber komischerweise gelang es mir nicht. Dabei wusste ich noch ganz genau, wann wir das erste Mal miteinander geschlafen hatten. In seiner Wohnung in Clapham. Ich konnte mich noch an sämtlich Einzelheiten erinnern: welches Theaterstück wir vorher angesehen, was wir hinterher gegessen hatten, ja sogar, was ich angehabt und wie er es mir ausgezogen hatte, aber wie es gewesen war, zum ersten Mal die nackte Haut des anderen zu spüren .... das wusste ich nicht mehr.... 

Was ich anschließend auch sofort tat. Dann versuchte ich, mir all die Ereignisse der letzten Tage ins Gedächtnis zu rufen. Es war, als würde ich durch ein Haus wandern, in dem meine Erinnerungen wie Gegenstände herumstanden. Ich griff nach einem Stück, untersuchte es eingehend und musste feststellen, dass es plötzlich ganz anders aussah als zuvor... 

Wenn wir uns doch einmal trafen, gab es nichts, worüber wir richtig reden konnten, weil ich mich im Schatten befand und sie sich in der Sonne. Wir konnten nicht mehr so locker wie früher miteinander umgehen. Es war, als wäre ich ihnen vorausgegangen – an einen Ort, an den sie mir nicht folgen konnten und den ich nicht mehr in der Lage war zu verlassen. 

...Sie hatte geschrieen, dass es ihr vorkomme als säße sie  in einem Wartezimmer und die Tür auf der anderen Seite würde sich bald für sie öffnen.

Das Lied von Langemarck von Heinz-Joachim Simon

…Es klag geheimnisvoll und beunruhigend und war der erste Ton einer Melodie, wie sie nie zuvor in Brandenburg gehört worden war…

…Wir Menschen sind zu großen Taten fähig, zu Ideen, die den Himmel berühren, und dennoch haben wir jede großartige Idee auch missbraucht. Auch die großen Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Das Großartige zeigt als Gegenbild das Gemeine. Da gibt es keine Ausnahme. Es war hier nicht anders…

Das Meer der Lügen - Diana Gabaldon -

...Er hatte das Zimmer durchquert, ohne die geringste Ahnung zu haben, was er sagen oder tun sollte – die Sprache der Kondolenz war ihm fremd, und in gesellschaftlicher Konversation war er nicht versiert; sein Metier waren Geschäfte und Politik. Und doch, als seine Gastgeberin sie einander vorgestellt hatte und gegangen war, hatte er sich dabei ertappt, dass er die Hand, die er geküsst hatte, immer noch festhielt und in sanfte braune Augen blickte, in denen seine Seele ertrank. Und ohne einen weiteren Gedanken oder ohne jedes Zögern hatte er gesagt: „Gott steh mir bei, ich liebe Euch.“

...Fraser hatte nicht aufgehört, seine Frau zu lieben, nur weil sie tot war – nicht mehr, als Grey damit aufhören konnte oder würde, Hector zu lieben. Doch die Erinnerung war eine Sache und das Fleisch eine andere; der Körper kannte kein Gewissen....

Herr der Ringe - R.R. Tolkien

'What? In riddles?' said Gandalf.'No! For I was talking.aloud to myself. A habit of the old: they choose the. wisest person present to speak to; the long explanations needed by the young are wearying.' [R. R'. Tolkien]

 "Was? [Redest du] in Rätseln?" sagte Gandalf. "Nein! Ich redete laut mit mir selbst. Alte Leute sind es gewöhnt, sich nur mit dem Klügsten im Raum zu unterhalten. Lange Erklärungen für junge Leute ermüden ja nur." [R. R. Tolkien]  

 

Ein Leben kann man nicht träumen, sondern man muss es offenen Auges leben.
Gustav Klimt

Ende Gut - alles gut!